23 November 2022

Rund um die Kirchtürme

So wie die Sonne und der Himmel mich heute Mittag nach dem Frühstück anlachten, musste ich diesen schönen Tag einfach ausnutzen, um mich an der frischen Luft zu bewegen. Glücklicherweise konnte ich meinen Kleinen LieblingsBruder auch sehr schnell überzeugen, dass wir heute mal wieder ne Runde zusammen drehen. Der KLB machte auch sofort den richtigen Vorschlag und wir parkten an einer nahegelegenen Brücke, um auf deren Fußgängerweg den alten Vater Rhein zu überqueren. Von unten sah das schon richtig gut aus.

Hier geht's hoch

Als wir oben das Brückentor passiert hatten, fiel mir auf, dass das rechte Geländer zum Rhein hin höchstens einen halben Meter hoch und der Weg selbst nicht breiter als ein Meter war. Linkerhand war ein halber Meter Platz bis zu den Schienen, denn es ist eine Eisenbahnbrücke (Alle Maßangaben sind mit dem Zusatz "gefühlt" zu verstehen). Als nach wenigen Metern auch noch ein riesiger vollbeladener Güterzug mit einem Höllenlärm an uns vorbei rauschte, begann der Boden unter meinen Füßen zu schwingen und es gelang mit unter Aufbietung all meiner Kräfte gerade noch so, den Weg zurück zu finden mit der sicheren Gewissheit, dass ich diese Brücke nicht passieren konnte, nicht hier und nicht heute. Da mein KLB ein sehr verständnisvoller Mensch ist, ging er auch sofort auf meinen Vorschlag ein, einen Rundweg landeinwärts zu nehmen.

Und so gingen wir bei herrlichstem Wetter ein paar Pfade, die wir trotz der Nähe zur Heimat unserer Kindheit noch nicht gegangen waren. Die Nachbarorte, von denen wir hier sprechen, luden uns früher nicht zwingend zu einer freiwilligen Wanderung ein. Da kamen einige Erinnerungen hoch.

Auch von den Wegen durch die Gemarkung hinter den Örtchen erblickten wir die Kirchtürme, die wir letztens vom Rheinweg aus gesehen hatten.

Genau hinsehen: Zwei Kirchtürme zwischen den Bäumen

Noch genauer hinsehen: Der dritte Turm am Horizont

Unterwegs eine weitere Erinnerung an früher, die gehäufte Futterrübenernte, die Rummele. Daraus schnitzten wir als Kinder unsere Laternen für den Martinsumzug. Na gut, die Eltern zeigten uns meistens, wie man das macht.

Die Rummele

In unserer Kindheit und in unserem Heimatort wurden die oft zum Überwintern vergraben, in der Rummelekaul. Heute und in den Nachbarorten macht man das wohl überirdisch.
Auch manch blühende Blume entdeckten wir noch unterwegs. Bei dem Wetter wirklich ein sehr schöner Weg.

Was blüht denn da?

Alles fühlte sich heute überhaupt nicht wie Ende November an. Nach etwa einer dreiviertel Stunde begann ich mich gedanklich mit dem Rückweg zu befassen und überlegte mir schon eine Route zur nächsten Rheingasse, auch wenn wir dafür dieses Dorf durchqueren müssten, dessen Einwohner aufgrund einiger hier verbreiteten Wesensarten einen tierischen Spitznamen haben.  Diesmal gab ich der Bitte des KLB nach, der gerne noch weiter gehen wollte, bis wir im nächsten ungefährlicheren "Örtchen" zum Rhein und dort entlang zurück gehen könnten. Unterwegs konnte ich ihn dann an einem vielfältigen Kapellchen ablichten.

frater trinitatis

Für den Weg zum Rhein wählten wir dann das Gässchen an der Kirche aus, damit auch die Kirche  dieses Örtchens endlich mal ins Bild gesetzt wird.

Pax Christi ist besser als Opus Dei

"Rein zufällig" lag nun am Rhein auch die alte Kaschemme auf unserem Weg, die "rein zufällig" auch geöffnet hatte. Dem Brüderlein war heut nicht danach, vielleicht ein paar alte Bekannte am Tresen wieder zu treffen und so machten wir uns ohne Einkehr auf den Rückweg. Rheinabwärts hatten wir einen schönen freien Blick auf die andere, die falsche Rheinseite, die jedoch zugegebenermaßen auch ihre Reize hat.

Links die Kirche - rechts die Tanks des Rheinhafens

Vorbei am legendären Fußballplatz, an den die alten Cracks unseres Heimatorts noch schwierige Erinnerungen hatten. Am Stammtisch hatten sie uns früher erzählt, dass es bei Derbys im Nachbarörtchen wichtig war, die Fahrräder immer in Reich- und Sichtweite des Spielfelds zu parken. Denn wenn man am Ende die Heimelf besiegt hatte, was nach ihren Angaben meistens der Fall war, musste sich alle schnell aufs Rad schwingen und mit Kafucki am Rhein entlang abhauen, um den nachgeworfenen Steinbrocken der wütenden Eingeborenen zu entgehen.
Wie wir sahen, hat man dem heute einen Riegel vorgeschoben. Es gibt keinen direkten Fluchtweg mehr vom Spielfeld zum Rhein. Da überlegt sich mancher Gegner wohl, ob er es im Fall eines Sieges riskieren will, mit dem Rad oder dem Auto durch die Hauptstraße des Dorfs nach Hause fahren will.

Im nächsten Ort, dem mit den Tiernamen, bewunderten wir wirklich das schöne, weitestgehend naturbelassene Rheinufer. An einer Stelle entdeckten wir auf einer Rheinwiese die verkohlten Reste des Martinsfeuers. Nach den Rummeln die nächste Erinnerung an St.Martin.

Hier fand wohl das diesjährige "Meerdesfeuer" statt.

Und spontan musste ich einfach die alte Weise singen, mit der wir als Kinder und Jugendliche durchs Dorf gegangen waren, einen großen Anhänger mit vielen Händen mitzogen und aus voller Brust sangen:

Mir sammele füüred Meerdesfeuer
alle Manne oder e Bierd Strieh!

Nach knapp zwei Stunden kamen wir wieder am Parkplatz neben der Brücke an, hatten mehr als acht gut gelaunte Kilometer in den Beinen und uns zu Hause einen Kaffee mit den besten Nussknackern von Andernach verdient.

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