28 Februar 2021

Über den Hügeln und in der Sonne

 Himmel, was war das ein Wetterumschwung! Nach dem ersten Sonntagsfrühstück auf Balkonia vor einer Woche war die Woche erfüllt mit wunderschönen Spaziergängen mit lieben Menschen.


Panorama vom Thur aus über den Hügel ins Land des Lächelns

Sonnenpause nach dem Abstieg nach Wassenach

Koblenzer Stadtwald über Stolzenfels - Blick auf Lahnstein


21 Februar 2021

Sonne und blauer Himmel

Das erste Spätstück auf dem Balkon, wie hab ich mich darauf gefreut! Und ich habe es genossen, jeden Sonnenstrahl, jeden Schluck Kaffee, und jeden Bissen vom frisch gebackenen und getoasteten Wunderbrød. Nach einem netten, längeren Telefonat musste dann natürlich das erste Sonnenbad des Jahres folgen. In der Mittagssonne fühlten sich die kurzbehosten Beine sehr wohl und ich döste ein schönes Stündchen im Deckchair auf Balkonia.
Dieses Wetter wollte natürlich ausgenutzt werden, und daher legte ich kurz nach drei ab in Richtung Weißenthurm, parkte am Ortsrand beim Gertrudenhof, und machte mich im kurzärmeligen Sommerhemd auf den Weg nach Saffig. Das sich dieses Plateau auf dem Bergrücken lang ziehen kann, hatten wir in der letzten Woche bereits zu spüren bekommen. Nachdem ich mir vorher bei Google Maps kurz die Entfernungen angesehen hatte. nahm ich mir die Strecke nach Saffig über den Bergrücken vor. Das schöne Wetter hielt die ganze Zeit an, ich hatte das Gefühl, es läuft sich wie von selbst durch die Felder, obwohl es die ersten Kilometer stetig leicht bergauf ging. Auf dem höchsten Punkt angekommen, hat man tatsächlich tollen Rundumblick auf die vielen Hügel und Berge, die uns umgeben..

ein Dreiviertel-Panorama

Der kommt auf dem Panoramabild leider nicht so gut zur Geltung, wie er in Wirklichkeit ist. Als es dann langsam auf Saffig zuging, wurde alles flacher oder sogar leicht bergab - bis ich vor dem letzten Stück Hohlweg am Waldrand stand. 

In Wirklichkeit viel steiler!

Nach einer knappen Stunde überwiegend bergauf ging es hier fast steil bergab. Da würden alle Höhenmeter der ersten Stunde auf hundert Meter Strecke wieder zunichte gemacht und die Vorstellung, da hinterher wieder hoch zu stapfen, gefiel mir gar nicht. Aber ich wollte auf jeden Fall einen Blick auf Saffig werfen, bevor ich kehrt mache. Also durchquerte ich wenigstens das erste Stück durch das Wäldchen, bis man wieder einigermaßen freie Sicht auf das Örtchen hat.

Da liegt Saffig

Der Weg zurück war dann tatsächlich nur die ersten fünf Minuten anstrengend, einmal auf der Höhe angekommen lief es sich wie von selbst zurück. Auf dem Hinweg hatte ich Kristina und Harald getroffen, die von Saffig aus den Hügel bestiegen hatten und sich nun wieder auf den Heimweg machten. Auf dem Rückweg begleitete ich ein älteres Pärchen mit Walkingstöcken ein Stück des Weges, mit denen ich nett ins Plaudern kam. Waschechte eingeborene Kettiger, wie sich herausstellte, den beiden vermachte ich zum Abschied unsere zwei Broschüren und ich bin gespannt, ob ich nochmal von ihnen höre, wer wem vorgelesen hat.

Nach gut anderthalb Stunden war ich zurück am Auto, daheim warteten Kaffee und Kirschschnitte auf mich, und so verbrachte ich den Rest dieses wunderbaren Tages mit unseren Fußballfrauen (2:0 gegen Belgien!), mit Buchbestellungen, eMails und Recherchen im Kontakt mit unserer gerade neu gefundenen amerikanischen Verwandtschaft. Tja, das ist das einzig Schlimme an solchen Tagen, sie gehen viel zu schnell vorbei.

Wer hat an der Uhr gedreht?
Ist es wirklich schon so spät?
Ja, ist es.
Deswegen mache ich jetzt Schluss für heute und beschließe, dass es morgen genau so schön wird.

12 Februar 2021

Die Hochebene vom Mittelrhein

Die Frischlufttouren beiden letzten Tage zeigten mir, dass es auch im direkten Umfeld noch viel unbekanntes Land gibt. Für mich unbekannt war die Größe des Plateaus auf dem Bergrücken, der sich hinter Weißenthurm zwischen Miesenheim und Kettig hindurch bis nach Saffig zieht.


Eigentlich waren wir am Donnerstag angetreten, um von "Missem" aus geradewegs den Berg in Richtung Kettig zu begehen und erwarteten, dort oben sofort nach Kettig auf der anderen Seite hinunter blicken zu können. Dass sich dort oben ein gr0ßes, mehr oder weniger planes Plateau befindet, dass der Weg ab einer bestimmten Höhe nicht mehr geradeaus verläuft, sondern immer wieder nach rechts oder links abbiegt, steigt oder flach bleibt, ließ uns irgendwann ein wenig die Orientierung verlieren.
Als wir nach einer Stunde Anstieg dann immer noch kein Kettig gesehen hatten, drehten wir eine Schleife und kehrten zurück. Und wir wussten: Die Fläche hier oben ist viel größer, als wir es uns vorgestellt hatten. Unterwegs fanden wir noch eine interessante Stelle, die uns ein wenig schaudern ließ, das Sühnekreuz.

Furchtbar!


Was sich hier zugetragen hat, ist auf der Informationstafel ausführlich und plastisch beschrieben, das will ich mir lieber nicht detaillierter vorstellen, als es hier steht, sonst setzt sich das länger in meinem Kopfkino fest. Daneben sind zwei Bänke aufgestellt, die bei schönem Wetter und angenehmeren Temperaturen sicher zum Verweilen einladen. Die Augen schließen, sich 400 Jahre zurück versetzen - NEIN, lieber nicht!



Konzentrieren wir uns lieber auf die Ausblicke, die an manchen Stellen einen tollen Panoramablick ermöglichen. Heute zog ich alleine los, und zwar vom Gertrudenhof über Weißenthurm aus. Nach meiner Berechnung müsste ich vom Thur aus irgendwann wieder auf den gestrigen Weg treffen. Da es aber zwischendurch mit Wegen nach links in Richtung Kettig zu verlockend war, wählte ich diese Alternative und stand nach einer halben Stunde tatsächlich an einer Stelle, von der aus der Kettiger Kirchturm zu sehen war, jedenfalls hoffe ich, dass der es auch war.

Blick nach Kettig

So kehrte ich nach einer halben Stunde mit diesem Handyfoto in der Tasche um und erhaschte auf dem Rückweg noch einen schönen Panoramablick in Richtung Missem.

Blick Richtung Missem

Nach einer Stunde konnte ich am Gertrudenhof wieder in mein Auto steigen. Nach den zwei Stunden gestern, eine rauf und eine runter, war das grad genug. Für alle, die es noch nicht wissen: der Gertrudenhof liefert BIO-Obst und -Gemüse aus der Region direkt ins Haus, bietet individuelle Möglichkeiten der Zusammenstellung, der Größe und des Lieferturnus. Nachdem Ricarda das vor zwei Jahren geordert hatte, bin ich auch begeistert dabei geblieben, kriege alle 2 Wochen meine "Saisonkiste groß" vor die Tür gestellt und will sie nicht mehr missen.

Nun sind wir geradezu verpflichtet, in den nächsten Wochen auch den Spaziergang von Kettig und Saffig aus anzutreten. Werden wir tun.


10 Februar 2021

Was sind schon fünfzig Jahre!

Unsere gestrige Frischluftrunde führte uns ausnahmsweise auf die andere Rheinseite, die "schääl Säit", wie wir sie im heimischen Jargon abwertend nannten. Und dies geschah nicht zufällig, aber dafür freiwillig.
Mein Brüderchen hatte mir von einem Gang durch Bendorf erzählt, der auch bei ihm Erinnerungen geweckt hatte. Sofort schossen mir Erinnerungsbilder durch den Kopf, hatte ich doch in meiner Jugend acht Jahre am dortigen Gymnasium verbracht, mein kleiner Bruder später sogar noch eins mehr, denn er hatte tatsächlich bis zum Abi durchgehalten. Und der Kleine willigte sofort ein, unseren heutigen Spaziergang zu meinen alten Stätten voller Freude und Qual zu verlegen.
Angefangen hat alles 1967 mit 2 Klassen in einem alten Backsteinbau, das war der Start des neuen Gymnasiums, "Staatliches Neusprachliches und Mathematisch-Naturwissenschaftliches Gymnasium Bendorf ", anfangs noch eine "Außenstelle" des Max-von.Laue-Gymis in Koblenz. Ich gehörte zu den ersten beiden Klassen, die starten durften, habe dafür extra noch ein fünftes Jahr in der "Volksschule" drangehängt, um pünktlich zum Start hierhin zu kommen. Na gut, meine Eltern haben das für mich arrangiert, ich kann mich nicht erinnern, gefragt worden zu sein. Aber das ist ja auch schon lange her. 1967! Mehr als fünfzig Jahre.

Der rote Backsteinbau in der Engerser Straße

Als wir mit der Sexta b im ersten Stock rechts dieses altehrwürdigen Gebäudes begannen, touchte Tom Jones gerade das Green, Green Grass of Home und die Monkees trällerten "Then I saw her face - now I'm a believer!", wobei für mich als Zehnjähriger auch noch Heino die Stürme liebte und Ricky Shayne alle Ketten sprengte.

Zwei Jahre verbrachten wir hier, das Lädchen vom alten Ziebart in der nächsten Seitenstraße bot uns alles, was wir brauchten. Kaugummi, Eis am Stiel und Kamellen. Mit mittlerweile 4 Klassen war das Haus voll, zum nächsten Schuljahr konnte hier keiner mehr aufgenommen werden.
Wir zogen um, allerdings war der Neubau noch lange nicht fertig, in den wir alle einmal kommen sollten. So ging es erstmal drei Straßen weiter ins Städtchen an den Kirchplatz, in den nächsten Backsteinbau.

Die Backsteine im Haus links sind heute vom Putz verdeckt

Wenn mich meine Erinnerung nicht täuscht, zogen hier erstmal nur die "älteren" Jahrgänge ein, mittlerweile war ich in der Quarta angekommen. 1969. Meine Abkehr vom deutschen Schlager hin zu englischem Pop war schon weiter fortgeschritten. Dank der Möglichkeit, bei den Nachbarn Platten zu hören (bei uns wäre sowas Modernes wie ein Plattenspieler nie ins Haus gekommen!) kam ich in den Genuss von Barry Ryans Eloise und ließ mich von Zager&Evans gerne ins Jahr 2525 versetzen. Ich verstand nicht viel vom Text, aber die Musik fühlte sich melancholisch schön an. In diesen zwei Jahren vollzog sich dann auch langsam die Hinwendung zum anderen Geschlecht und die ersten Bierchen begannen zu schmecken. Und vor den Außentoiletten hinter dem Haus hat damals eine Mitschülerin - lassen wird das lieber. 
Zum Sportunterricht mussten wir mangels eigener Turnhalle immer noch zur städtischen Halle laufen.

Die städtische Halle im Hintergrund

Der Parkplatz davor war damals ein Schotter-Sportplatz mit Weitsprunggrube an der Seite, hier scheuchte uns der Dracz unerbittlich über die Prärie.
Viel interessanter war dort allerdings die Kneipe gegenüber, der Niederhof, in den ich mich aber mit 13 noch nicht reintraute,

Der Niederhof, damals noch zu früh

Dass sich Jahre später der ältere Sohn der Pächter in meine Klasse auf den Platz neben mich verirren sollte, war ein guter Ausgleich für die entgangene Bierkultur.

Irgendwie sieht doch alles ganz anders aus als früher, dachte ich, und gleichzeitig kommt etwas von dem alten Gefühl wieder hoch, dass ich damals an diesen Orten empfand.

1971 war es dann soweit: Der Einzug in den Neubau am Lohweg! Musikalisch waren längst die unglaublichen C.C.R. meine Helden, auch wenn das rausgebrüllte Hey Tonight der wunderschönen B-Seite Have you ever seen the Rain nie das Wasser reichen konnte. Mit 14 hörte man Deep Purple & Co., und zuzugegeben, dass einem Peter Alexanders Hier ist ein Mensch wirklich gut gefiel, wäre einem gesellschaftlichen Selbstmord gleichgekommen.
Auf dem Fußweg zum Neubau verlor ich fast ein wenig die Orientierung, doch spätestens, als wir am Lädchen vorbeikamen, dass natürlich schon lange kein Lädchen mehr ist, war ich wieder hier daheim.

Ed Lädsche

Und ein paar Meter weiter blutete mir das Herz, als ich sah, was aus der ehemaligen Eckkneipe Oberhof geworden war. Der schöne Eingang mit den Treppen auf der Ecke ist zugemauert! Dafür gibt es einen Seiteneingang, an dem mit irgendwelchen Provisorien ein Wind- und Wetterschutz zusammengefrickelt ist.

Seht nur, der Oberhof ist zugemauert!

Als meine Tränen langsam nachließen, gingen wir die letzten Meter bis zur "neuen" Schule hoch, die in diesem Jahr 50 Jahre steht. Die Parkplätze sind anders angeordnet, der Bau wurde um einige Anbauten nach hinten erweitert. Kurz gesagt: Alles anders!

Der Neubau

Hier begann damals mein Anfang vom Ende. Direkt im ersten Jahr im Neubau eine Ehrenrunde gedreht, und 1975 nach der erneuten Nichtversetzung legte man mir dann eindringlich nahe, diese heiligen Hallen nach der 11 zu verlassen. Immerhin, das erste Jahr der neuen MSS (Mainzer Studienstufe) hatte ich noch miterleben dürfen. Ein Kurssystem, damit man sich beim Studieren nicht mehr umgewöhnen muss. Studiert hatte ich in den letzten Jahren mehr im Oberhof als in der Schule, ich erinnere mich an viele vergnügte Stunden.

Und so ging ein melancholisch-schöner Ausflug in die eigene Vergangenheit zu Ende. Mit lecker Kaffee und Teilchen ließen sich daheim im Warmen die Erinnerungen gut verarbeiten.