22 September 2019

Klimawandel - und was daraus gemacht wird

Dass unser Klima sich mit einer irrwitzigen Geschwindigkeit in eine Richtung ändert, die uns Menschen nicht gerade zuträglich ist, sagen alle mir bekannten wissenschaftlichen Analysen, die als seriös und unabhängig gelten. Ich bin kein Experte, verlasse mich auf das, was die Wissenschaft ermittelt, auf das, was ich selbst erlebe und auf meinen sogenannten gesunden Menschenverstand.
Wenn man jährlich 8 Milliarden Tonnen Kohle verbrennt und mit diesen Abgasen, die neben Kohlendioxid (CO2) auch Schwefeldioxid, Feinstaub, Quecksilber, Stickoxide, Arsen enthalten, die Atmosphäre betankt, wäre es schon irgendwie komisch, wenn das nach Jahrzehnten keine Auswirkungen haben sollte, oder? Und Kohle ist nur ein Teil unserer Probleme.
Wir erleben jetzt schon die Auswirkungen, die Meeresspiegel steigen immer schneller, die nachfolgenden Generationen werden uns die Knochen verfluchen, sofern sie noch fluchen können. Und wir erleben eine Politik, die unfähig ist, wirklich was zu ändern. Dabei macht es keinen Unterscheide, ob sie nicht kann oder nicht will. Sie tun es nicht

Dann stellt sich ein junges Mädchen mit einem Pappschild vor das schwedische Parlament und sagt, dass wir sofort etwas ändern müssen, wenn wir nicht die Lebensgrundlagen aller kommenden Generationen komplett zerstören wollen. Viele erkennen, dass sie die Wahrheit spricht, dass es jetzt ans Eingemachte geht, dass es fast zu spät ist. Ein gutes Jahr später ist daraus eine weltweite Bewegung mit vielen Millionen aktiven Teilnehmern geworden. Das ist der Wahnsinn.Wir sind selbst am Freitag in Koblenz dabei gewesen zusammen mit 4.500 Menschen.
"Wir sind hier, wir sind laut, weil ihr unsere Zukunft klaut!" war immer wieder von den jüngeren Teilnehmern zu hören. Denkt mal alle drüber nach.


Ich bewundere Greta Thunberg für ihren Mut und ihre Entschlossenheit, mit der sie das bis heute durchzieht und sich auch von den allerblödesten und allergemeinsten Anfeindungen nicht von ihrem Ziel abbringen lässt. Und damit bin ich bei meinem heutigen Thema, dass ich einfach loswerden muss. Wie geht meine Generation damit um? Oder besser: Wie geht ein Teil von uns damit um?
Die überwiegende Mehrheit lässt sich den Spiegel vorhalten, denkt für 5 Minuten nach und sagt: Sie hat ja recht. Wir schließen uns an, schauen, was wir selbst an unserem Lebensstil ändern können, unterstützen die aktive Jugend dabei, die Notbremse zu ziehen. Denn unsere Generationen haben es verkackt, haben es soweit kommen lassen, dass wir wahrscheinlich bereits 5 nach 12 haben.

Weil wir zu bequem waren, billig Auto fahren und fliegen wollten, das Fleisch für 3,99/kilo beim Discounter kaufen wollten, auch wenn dafür Kreaturen gequält wurden. Ja, wir waren zu bequem, wollten gut leben und haben alle gelben Ampeln überfahren, die uns besorgte Wissenschaftler schon vor 50 Jahren gezeigt haben. Wollten wir nicht wissen. Ein wenig erinnert mich das an die NS-Zeit, in der auch gewarnt wurde, aber nur die wenigsten wollten hinschauen, die meisten sind den bequemen Weg gegangen und mitgelaufen im Gleichschritt der sich anbahnenden Diktatur, das hat weniger Ärger gemacht. Und hinterher war's wieder keiner gewesen. IIICH? Konnte doch gar nix dafür. Hab dich gar nix gemacht. Ja genau, das NIXMACHEN war das Problem.
Und heute schwingen sich immer mehr aus dieser Generation auf und packen die unglaublichsten Geschichten aus, nur um selbst nicht schuld zu sein.

Ich lese Sprüche wie
"Wir haben früher kein Auto gehabt!"
"Wir haben unsere Kleider mehrfach aufgetragen!"
"Wir haben was weiß ich nicht alles früher ganz anders gemacht!"


Ja, warum denn? Weil ihr tolle Klimaschützer wart? Nein, weil es nichts gab! Warum tut ihr heute so, als hättet ihr damals aus freien Stücken auf den Urlaubsflug verzichtet, weil ihr so umweltbewusst wart? Ihr seid nicht geflogen, weil ihr kein Geld dafür hattet! Aus, basta!

Dann lese ich solche Sachen wie
"Lassen sich mit dem SUV zur Schule fahren, die Faulenzer!"
"Nach der Demo lag Plastikmüll auf der Straße!"


Ja sag mal, habt ihr alle Lack gesoffen oder watt?!
Fahren Eure Kids den SUV? IHR erzieht Eure Kinder doch so, dass Ihr sie mit dem Auto zur Schule fahrt! Und ihr hinterher zum Job oder zum Bäcker an der Ecke! Und der Müll, den ihr nach Euren tollen Karnevalsumzügen in jeder Stadt hinterlasst, reicht für 10 Jahre Umweltdemos weltweit.

Und wenn dann noch diese Vollspacken von der AFD daherkommen und schwafeln, der Klimawandel sei eine Erfindung von Ökoterroristen und sie selbst fühlen sich als verfolgte Opfer von diktatorischen Linksfaschisten, dann könnte ich kotzen. So, das musste raus, jetzt geht's mir besser.

20 September 2019

Ein verrückter Tag

Selten waren Vergangenheit und Zukunftsvision so eng miteinander verknüpft wie heute. Das (vorerst) letzte gemeinsame Frühstück mit meiner lieben Mitbewohnerin war schön und wehmütig zugleich. Wir hatten uns für heute zum Abschied vorgenommen, Flagge für die Zukunft dieses Planeten und vor allem unserer nachfolgenden Generationen zu zeigen und ließen uns von der Regionalbahn nach Koblenz bringen. Fridays for Future als bundesweite Aktion ist eine Sache, die wir beide unterstützen. Freunde mit Kindern begleiteten uns, die beiden Jungs hatten ein großes Stoffplakat ideenreich bemalt.
Eine knappe Stunde vorher

Die Aktion sollte um fünf vor zwölf losgehen. Kurz nach elf sah es noch verdammt leer aus auf dem Bahnhofsvorplatz, ich befürchtete bereits eine ziemlich menschenleere Veranstaltung. Kurz darauf kam unser Ex-Kollege Sebbl mit seinem Sohn an und zog Heerscharen von Menschen hinter sich mit.
So sieht 2040 aus, wenn jetzt nix passiert

Nach einigen Ansprachen, die ich in den hinteren Reihen kaum verstand, bewegte sich dann ein imposanter, langer Zug durch die Stadt bis zum Clemensplatz. Viele bunte Schilder waren zu sehen, Sprechchöre wurden skandiert, wir waren nicht zu übersehen und zu überhören. Unterwegs vorbei an einigen Kneipen und Adressen meines bisherigen Lebens, überfiel mich ein regelrechter Flashback, alles wirkte sehr surreal. An manchen Orten hatte ich in meiner Glanzzeit Tresenschlaf gehalten, später "Hopp hopp hopp - Atomraketen stopp!" gebrüllt und heute lief ich mit vielen Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen hier durch, die sich existentielle Ängste um ihre Zukunft machen müssen, wenn der Klimawandel nicht umgehend ausgebremst wird. Und danach sieht es nach den kläglichen Kompromissen der heutigen Klimaschutztagung ja gar nicht aus.
Es wurde richtig voll

Nach einem Abschiedstrunk mit Sebbl & Son machten wir uns auf den Heimweg. Nun wurde es ernst mit Abschied. Dass wir daheim beim Espresso erstmal die nächsten Besuchstermine festmachten, erleichterte die Sache und gab uns beiden das Gefühl "Ist ja nur für kurz". Wir packten noch die letzten Sachen in ihr Auto. Da einige Sachen nicht mehr reinpassten, muss sie ja eh bald wiederkommen. Zusammen mit Natalie entwarfen wir noch kurzerhand unsere Vision des inkludierenden Bio-Fair-Regional-Kunst-Literatur-Bistros, dass wir demnächst in Andernach eröffnen wollen, denn das fehlt absolut hier. Dass ich beim Abschiedsdrücken dann trotzdem ein Tränchen verdrückt habe, ist auch genau richtig so.

Als uns dann später abends auffiel, dass nach einem langen Tag unsere Mägen knurrten, versüßten Natalie und ich uns den Abend noch bei Pizza und Pasta im Napoli. Ein langer Tag geht zu Ende, mit vielen Eindrücken und Gefühlen, die sich alle noch setzen müssen.

13 September 2019

Abschiedsschweben und Bahnfahren

Unser letzter Tag an der Wupper ließ uns nach dem Frühstück reichlich Zeit bis zur Abfahrt. Zeit genug, um uns von unseren netten Gastgebern zu verabschieden.

Zeit genug, um nochmal durch Elberfeld zu bummeln.
Zeit genug, um mit der Schwebebahn eine komplette Fahrt bis zum einen Ende in Vohwinkel, zurück zum anderen Ende nach Oberbarmen, und wieder zurück zur Werther Brücke zu machen. Auch ein Bummel übers Werth (mit Currykrakauer/Pommes) und zur Adlerbrücke war drin.
Schwebebahnhof - Endstation Vohwinkel
Zeit genug, um nach Elberfeld zurück zu schweben, bei dem netten Händler auf dem Neumarkt eine Spezialität mit schwarzem Knobi zu erstehen und beim Italiener einen doppelten Espresso Macchiato zu genießen.

Aber halt auch Zeit genug zum Nachdenken. Wir wollten heute heimfahren, mit dem IC der Deutschen Bahn. Das Ticket war lange gebucht, die Plätze waren reserviert. DIE hatten mich seit der Rückfahrt aus Dortmund wirklich in Ruhe gelassen. Alle Busse und Schwebebahnen waren pünktlich gefahren und auch angekommen. War das alles ein Zeichen, dass DIE aufgegeben hatten, mich zu drangsalieren? Waren sie an meiner Unerschütterlichkeit endgültig zerbrochen?
Oder war es nur die Ruhe vor dem Sturm? Sammelten DIE neue Kräfte für einen letzten entscheidenden Schlag, auf der Heimreise?

Eine Stunde vor der planmäßigen Abfahrt des Zuges erreichte mich die Verspätungs-eMail der Deutschen Bahn auf dem Handy. 20 Minuten sei der Zug verspätet. Da ahnte ich: Es geht wieder los. Meine Bahn-App zeigte an, dass der Zug pünktlich sei. Die Anzeige im Bahnhof sagte, er sei 25 Minuten später. So what? Da wir, um allen Eventualitäten vorzubeugen, bereits unser Gepäck (unfallfrei) dem Schließfach entnommen hatten, beschlossen wir, Ruhe zu bewahren und uns erstmal bei Kamp's ein wenig Coffein zuzuführen. Mein Cappuccino war erträglich, mein Begleiter verzog bei seiner dunklen Plörre namens Kaffee schmerzlich sein Gesicht. Was auch immer in der Tasse gewesen sein mag, es bekam ihm nicht und dies sagte er bei der Rückgabe seiner halbvollen Tasse  auch deutlich. Die nette Verkäuferin überredete ihn leider zu einem kostenlosen Cafe Crema als Ersatz. Der war zwar geschmacklich akzeptabler, verursachte jedoch bei ihm plötzlichen Bluthochdruck mit Schwindelgefühlen. War das jetzt die neue Methode, unsere Heimfahrt zu torpedieren? Mordversuch mit Kaffeeersatz?!

Die Bahn-App sagte immer noch, der Zug sei pünktlich, aber völlig ausgebucht, wohingegen die Anzeige im Bahnhof mittlerweile 30 Minuten Verspätung anzeigte. Wir machten uns früh genug auf die Rolltreppe zum Gleis 1, die jedoch ihr Ende nicht am besagten Gleis hatte, sondern 1 Etage höher am Busbahnhof. Ok, wir schleppten die Koffer über zwei parallel verlaufende Treppen wieder hinunter und waren am Ende von Gleis 1, Abschnitt F
Hier wartete Mike T-Bone aka "Der Alterspräsident" beim Gepäck, während ich den Wagenstandanzeiger suchte - und fand. Unsere Plätze in Wagen 5 befanden sich am anderen Ende des Gleises, was uns mittlerweile nicht mehr wunderte. Und so schleppten wir unser Gerödel in Abschnitt C. Der Zug sollte an uns vorbeifahren, Wagen 5 sollte als letzter Wagen genau vor uns stehen bleiben, jedenfalls in der Theorie.
Der Zug kam auch mit halbstündiger Verspätung und fuhr tatsächlich an uns vorbei. Alle Wagen kamen in der angegebenen Reihenfolge - außer Wagen 5. Der, und das hatte ich beim Einfahren bereits gelesen, war spontan vom Ende an den Anfang des Zuges versetzt wurden. Vor uns stand Wagen 6. So sprinteten wir denn voll aufgerödelt an den Wagen 6, 7, 8 usw. vorbei, sofern die ein- und aussteigenden Reisenden uns den Platz dafür ließen. Ungefähr bei Wagen 9 hatte man schnell noch eine Baustelle am Gleis aufgebaut, die den Durchgang auf einen knappen Meter verringerte. Als wir bei Wagen 12 angekommen waren, waren alle anderen bereits eingestiegen und der Zug würde gleich weiterfahren. Also sprangen wir kurzerhand in die nächste Eingangstür, die sich auch schnell schloss. Der Zug fuhr an - und wir waren drin. Hallelujah!
Wir holten ein paar Mal tief Luft und machten uns im Zug auf den Weg weiter nach vorne. Leider musste ich hier feststellen, dass wir bereits in der 1.Klasse angelangt waren. Wo zum Teufel war Wagen 5 geblieben? Wir gingen im Zug wieder zurück in Richtung 2.Klasse, denn das Spiel mit Strafgeld wegen falschem Fahrausweis hatte ich bereits einmal erlebt, als eine unerbittliche Bahnbeamtin meinen Kollegen und mich gnadenlos in die Enge getrieben hatte. 60 Ocken pro Nase, wenn man einen Fußbreit in der falschen Klasse steht - das musste ich nicht nochmal haben.

Im Bistrowagen erklärten uns dann freundliche Mitreisende, dass unser Wagen doch an der Zugspitze war, wir aber die ganze 1.Klasse durchqueren mussten, um dorthin zu gelangen. Wir also wieder Rolle rückwärts, kämpften uns durch die gut gefüllte 1.Klasse und erblickten dann endlich das Display mit der Wagennummer 5. Der Wagen 5 im angeblich ausgebuchten Zug war bis auf 5 Menschen komplett leer, wahrscheinlich, weil ihn sonst niemand gefunden hatte.

Bei der Suche nach unseren Plätzen 21 und 22 mussten wir uns durch den ganzen Wagen kämpfen, Die Platznummern wurden immer kleiner, aber als wir bei 47 und 46 schon fast durch waren, kam mir kurz der Verdacht, dass die Nummern bei 23 aufhören würden und man alle Plätze kleiner als 23 kurzfristig demontiert hätte. Zu unserem großen Glück waren aber die beiden letzten Plätze vor dem Klo und dem Ausgang 22 und 21, kleinere Nummern gab es tatsächlich nicht mehr. Aber egal, ich hätte auch Plätze auf dem Klo genommen, Hauptsache, wir kommen irgendwie heim.

Ab Köln verstanden wir dann, was die Deutsche Bahn mit "ausgebucht" gemeint hat, denn dort spülten sie die komplette Jugendabteilung des Hockeyclubs THC Bergisch-Gladbach in unseren Wagen, gefühlte 35 aufgedrehte Jungs und Mädels im Alter von 8 bis 12. Die himmlische Ruhe im Wagen relativierte sich dadurch ein klein wenig, aber wie gesagt, Hauptsache wir kommen heim.

Und wir kamen heim. Ein letzter Störversuch noch bei der Ankunft in Andernach, als sich genau unsere Tür an der Spitze des Zuges nicht öffnen ließ, so dass ich mit brachialer Gewalt nachhelfen musste.

Als wir endlich auf dem heimischen Bahnsteig standen, musste selbst der Alterspräsident einräumen, dass er mir fortan immer glauben werde, wenn ich ihm von eigentlich unglaublichen Abenteuern mit der Bahn erzähle. In der Vergangenheit hatte er, als passionierter Nicht-Bahnfahrer, diese Reportagen oft als Seemansgarn abgetan. Aber diesbezüglich hat er eh noch einiges zu lernen. Er glaubt z.B. bis heute noch, dass die angebliche Stadt Bielefeld tatsächlich existiert. Aber das ist eine andere Geschichte.


12 September 2019

Griffelsberg und Wundermaschine

Rundblick vom Griffelsberg

Genuss an der Uni
Heute morgen gewährte Fabienne uns eine Führung durch ihre Bergische Uni, bestand aber sehr zu unserem Leidwesen darauf, den Griffelsberg mit dem Bus zu erklimmen. Wie gerne hätten wir nochmal eine Bergwanderung gemacht, aber ihr zuliebe ließen wir uns dann hochfahren. Beim Rundgang kam mir vieles wieder bekannt vor, hatte ich doch bereits im letzten Jahr mit zwei Kollegen eine Führung genießen dürfen.
Die Aussicht vom Flügel-Hügel auf den gegenüberliegenden Teil von Wuppertal war genauso beeindruckend wie die Vielzahl und Größe der Uni-Gebäude, die allesamt im Hang miteinander verwachsen zu sein scheinen. Hier kann man sich als Unkundiger wirklich verlaufen. Mittags speisten wir schön in der Sonne auf der Terrasse der Cafeteria.
Eine Kämpferin

Man kann sich so stellen, dass DAS wie EINE Holzkiste aussieht
Für den Nachmittag hatte Fabienne vorgeschlagen, die Wundermaschine im Oberbarmener Gaskessel zu besichtigen, und auch das hat sich gelohnt. Obwohl der Weg dorthin über eine krass hohe Fußgängerbrücke führte, erreichte ich den Kessel ohne Ohnmachtsattacken. Zur Belohnung wurden Mike und ich von der netten Dame an der Kasse freiwillig mit dem Seniorenrabatt begünstigt, "ausnahmsweise!". Dass Mike T-Bone als Alterspräsident in diese Riege fällt, ist klar. Dass ich ebenso eingeschätzt wurde, ließ ich einfach mal so stehen. Man muss ja auch mal fünf grade sein lassen.



Hier wurde im Innern einiges an wirklich wundersamen technischen Sachen gezeigt, dass auf den gemachten Fotos nicht richtig rüberkommt. Im 1.Stock war die ganze Geschichte dieses Gaskessels aufbereitet, der richtige Stoff für Energietechnik-Freaks. Die abschließende Show im 5.Stock war über einen Skywalk zu erreichen, daher wartete ich lieber unten bei einem Espresso und einer Holunderschorle auf die beiden waghalsigen Höhenkletterer.
Zwei schweben über die Wupper
Blau und Blau


















Mit einem Eis im Werth ließen wir den Nachmittag ausklingen, zur Verabschiedung hatten Fabienne und ich den Partnerlook angelegt.

11 September 2019

Rückkehr in die verdammte Stadt

Der heutige Tag war für mich eine Mutprobe, die ich mir selbst ausgesucht hatte. Da der Regionalverkehr ja irgendwie mit dem Unternehmen "Deutsche Bahn" verbandelt ist, kann man sich ja anhand meiner zahlreichen Tatsachenberichte aus den letzten Jahrzehnten vorstellen, dass DIE sich für mich wieder etwas Besonderes ausdenken würden. Um meine Freunde zu besuchen, war ich jedoch drauf angewiesen, diesen Weg zu gehen. Mit Bahn und Bus würde ich klar kommen, schließlich war ich jahrelang kampferprobt. Aber nun ausgerechnet in die verbotene (schwatzgelbe)  Stadt zu fahren, das war ein Risiko, das man gar nicht hoch genug bewerten kann.

SchwebeDahn -> RegionalDahn -> Dus -> DortmVerDammte Stadt

Viermal D an einem Tag, das konnte doch nicht gut gehen, oder? Ich wagte es, was tut man nicht alles für Freunde, besonders wenn es so nette FreundInnen sind!

Bis zum Hauptbahnhof der schwatzgelben Stadt lief alles vieles zu glatt. Ok, ein Fahrkartenautomat in Wuppertal verkaufte mir ein 24-Std-Ticket für den Verkehrsverbund Rhein-Ruhr für schlappe 7,10 €, weil er behauptete, besagte Stadt gehöre zur Tarifzone A3 - und die kostet nunmasl 7,10 € als Tagesticket. Aber auf solche Mätzchen falle ich ja nicht mehr rein, ich ließ das noch schnell im Reisezentrum der DB checken und auf ein wirklich gültiges Ticket im Wert von 25 Ocken abändern. Jaja, das wäre teuer geworden. Aber nicht mit mir.

Im Bahnhof der verbotenen Stadt angekommen fand ich auch sofort die Haltestelle für den Bus nach Kirchlinde. Leider steckte ich im Aushang kein Fahrplan, sondern ein handgeschriebener Zettel, dass die Linie derzeit am Ausgang Nordstadt an der Haltestelle des Nachtexpress 11 Station macht. Die Befragung einer Passantin ergab, dass dieser Ausgang am anderen Ende der Stadt des riesigen Bahnhofs zu finden ist.
"Und wo dort genau?"
"Wo dat Kino ist!"
Ja danke, sagt mir alles. Also einmal quer durch den elenden Bahnhof, am anderen Ausgang 3 Bushaltestellen für 15 Linien, aber weder für meine noch für den Nachtexpress 11. Weitere Befragungen erbrachten "Ja die nächste da vorn!" -rübergehn- "Nee, datt muss die dahinten sein!" -zurückgehn- und ähnliche Späße. Dann entdecke ich etwas weiter einen großen Platz mit vielen Bushaltestellen - allesamt für Flixbus.

NE11 anne Musikschule

Vor mir plötzlich ein Mensch mit fragendem Blick und hilfloser Miene. Ich rufe ihm zu "460?". Er antwortet "Jaaa!". Wir suchen zusammen weiter, befragen weitere Menschen an den falschen Bushaltestellen. Und endlich sagt einer, der sich sehr wissend anhört: "Datt is da voorne, anne Musikschule!" und zeigt auf die gegenüberliegende Seite einer vorbeilaufenden breiten Hauptstraße.
Als wir drüben angelangt sind und das Schild mit NE11 sehen und auf der Rückseite des Aushangs den Fahrplan der 460, lächeln wir uns glücklich an. Es macht auch nichts, dass der Bus gerade weg ist und wir knapp 20 Minuten warten müssen, wir wissen, wir haben diese Klippe gemeistert. Chaka!


Ich hab mir die Linie ausgesucht, die an der Konradstraße hält, von wo ich nach ein paar Minuten Fußweg die Wohnung meiner Freundin erreiche. Zum Glück hängen in den modernen Bussen große Displays, auf denen man immer gut erkennen kann, wo man ist und wie die nächsten Haltestellen heißen. Nur in diesem Wagen ist ein Diplay mit gleichbleibender Dauerbeschriftung angebracht.

Ja, ein Dienstwagen ist es,
und der hält auch ab und zu

Die Ansagen der Haltestellen über Lautsprecher sind zwar teilweise zu hören, aber denen traue ich jetzt natürlich nicht mehr. Ich beobachte die Schilder an den Haltestellen und schaffe es so, an der Konradstraße rechtzeitig aus dem Bus zu kommen.
Als mir der folgende Fußweg zwischen Schulen, Turnhallen und Kindergärten irgendwie komisch vorkommt, frage ich lieber bei einer Hundehalterin nach, die mich auch prompt auf eine Abkürzung hinweist. "Sie müssen eigentlich nur die Treppen da vorne hoch, dann kommense direkt an die Bockenfelder Straße. Und dann nach links, dann sindse praktisch schon da."

Komisch, ich hätte geschworen, dass ich da oben rechts muss. Gut, dass ich gefragt hab. Ich komme an die Bockenfelder Straße, spaziere nach links - und merke einige hundert Meter später an den Hausnummern, dass ich nach rechts gemusst hätte. Also Kommando zurück - und fünf Minuten später stand ich vor meiner strahlenden Freundin Elke, die sich schon anfing, Sorgen zu machen.

Alte Freunde

Bei Kaffee und Waffeln hatten wir uns viel zu erzählen, die Zeit rauschte dahin und wir verabredeten fest, dass Elke und ihr Freund mich bald mal daheim besuchen kommen. Und dann stand ich schon wieder am Bus, diesmal an der Haltestelle direkt vor ihrer Tür. Als ich im Bus zurück zum Bahnhof saß (es war ein anderer als auf der Hinfahrt), bemerkte ich nach etwa zehn Minuten Fahrt, dass das große Display zwar die Haltestellen anzeigte, aber zehn Minuten lang die gleichen, obwohl wir bereits mehrere Stops eingelegt hatten. Sofort zückte ich das Handy, um auch dieses Beweisstück festzuhalten (das glaubt einem ja sonst keiner!), sprang das Display um und zeigte fortan die richtigen Haltestellen an. Das interpretierte ich als Zeichen, dass DIE aufgegeben haben und ich von nun an wahrscheinlich keine Probleme mehr zu erwarten habe. DIE haben wohl gemerkt, dass sie mich mit sowas nicht klein kriegen. Und so war es auch. Ok, die Ansagen der Haltestelle waren irgendwie ausgewürfelt, aber den Bahnhof konnte ich auch ohne Ansage erkennen und das genügte.

Winkma bei Flayva

Mittlerweile hatte sich die liebe Isabell gemeldet, die überraschend doch früh genug Zeit hatte, und wir trafen uns am Bahnhof. Nun schmiss auch ich meinen Plan über den Haufen, im Hellen wieder zurück zu sein, und genoss unser Treffen im Flayva, wo wir ein trockenes ruhiges Plätzchen mit Tee, Limonade und Dinkel-Nudelsalat gefunden hatten. Nachdem wir uns gegenseitig auf den neuesten Stand gebracht hatten, hatte Isabell, die mit dem Herzen noch bei uns im Schreibkurs ist, eine, wie ich finde, gute Idee, wie wir sie zukünftig wieder näher an uns heranbringen können. Ich werde das bei nächster Gelegenheit im Kurs ansprechen.
Anschließend brachte mich Isabell zum Bahnhof, wo von nun an alles reibungslos funktionierte. DIE hatten echt aufgegeben.



10 September 2019

Geparkte Skulpturen

Da Fabiennes Vorschläge für die Tagesgestaltung meistens die besten sind, vertrauten wir uns heute morgen ihrer Führung zur Skultpurenausstellung an. Ich hatte im Familienkreis gehört, dass unser Altbomber Miro Klose auch hier irgendwas präsentiert und war entsprechend gespannt.
Mit der Schwebebahn bis zum Landgericht war auch alles noch in Ordnung. Als wir dann bemerkten, dass sie uns per pedes auf den höchsten Berg Wuppertals lotsen wollte, bekam unser Alterspräsident Mike T-Bone leichte Schweißausbrüche unter den Achseln. Selbstverständlich halfen wir dem alten Herrn den Berg hinauf, die gesamten 100 Höhenmeter bis zum Eingang. Ich selbst schwebte natürlich leichtfüßig wie eine Elfe dort hoch, und auch die weiteren 50 Höhenmeter innerhalb des gigantischen Parks bereiteten mir regelrecht Freude. Endlich Bewegung, endlich eine Herausforderung!
Ich muss zugeben, ich als Kunstbanause war sehr gespannt auf das, was wir dort sehen würden, nahm es eher als einen schönen Ausflug und wollte mich überraschen lassen, was die Künstler so alles in den Park gestellt haben. Was wir dann zu sehen bekamen, war derart interessant und vielfältig, dass es unmöglich ist, hier alles wieder zu geben, was wir uns angeschaut haben. Ich beschränke mich daher nur auf die Sachen, die mich selbst am meisten beeindruckt haben.

Von unten
Von der Seite







Henry Moore
Draped Seated Woman













Tatsächlich waren die unterschiedlichen Erscheinungsformen der einzelnen Perspektiven für mich sehr erstaunlich. Das fiel mir hier bei vielen Objekten auf. So auch bei
Tony Cragg
Distant Cousin

Glänzender Ballerina-Alien mit Tuba-Kopf
Buckelkorb-Alien in Abwehrhaltung




Eins von Fabiennes Lieblingsstücken ist Mariana W's World von Jaume Plensa

Untersuchung des Hinterkopfs
Mariana W von vorne





Auch das Objekt Helter von Thomas Virnich bietet sehr verschiedene Sichtweisen je nach Standort.

Haus auf dem Kopf mit
Raketenturm obendrauf
Offene Hausecke mit blauem UFO drauf
und Alien-Erdwurmmonster darunter







aufgehängte Linie oder Riss in der Wand?
Aus der Ausstellung von Otto Boll im obersten Glashaus nehme ich bewusst nur ein Foto. Zum Einen war der helle Raum wohltuend leer, nur mit wenigen Exponaten bestückt, aber die hatten es allesamt in sich. Zum Anderen lässt sich das in Fotos nicht wirklich darstellen, das muss man live sehen und erleben. Man musste schon genau hinsehen, um zu erkennen, was er mit minimalistischen Mitteln darstellte. Aber das Hinsehen lohnte sich. Was alles aus einem vermeintlichen Riss in der Wand wird, wenn man ihn von mehreren Standorten aus betrachtet, war schier unglaublich. Dass ein noch verzwackteres ähnliches Objekt an der Decke hing, entdeckte ich wirklich nur zufällig, als ich der Form eines anderen nach oben zeigenden Objekts folgte. Richtig verrückt, das Ganze, und mich hat diese geniale Kunst sehr beeindruckt.

Paris ohne Arm und Ohr
Auf dem Rückweg überraschte uns noch der einarmige Paris von Markus Lüpertz, dem offensichtlich beim Abschlagen des Arms auch noch ein Ohr abhanden gekommen ist. Die Farbfragmente (Gold am Kopf, Blau auf der Brust, Rot am Bein) scheinen Spuren einer Schlacht und eines gelebten Lebens zu sein.
Noch ein Alien von Tony Cragg
Was genau es mit der Sage um Paris auf sich hat, werde ich mir noch ergooglen müssen,  meine Bildungsdefizite gerade in diesem Bereich wurden mir hier sehr bewusst. Dieser Paris blinzelte mit dem einen Augen in die Sonne, während er mit dem anderen Auge das Sonnenlicht in vollen Zügen zu genießen schien.
Ein weiterer Tony Cragg ließ uns auf dem Rückweg bewundernd anhalten. Den Namen des Objekts konnte ich mir schon nicht mehr merken, der Speicher war derart prall gefüllt mit Eindrücken und Ideen, dass ich dieses dreibeinige Alien-Monster nur noch bewundernd zur Kenntnis nam. Dem hätte ich nicht nachts im Dunkeln begegnen wollen. Aufgrund der erschöpften Aufnahmefähigkeiten ließ ich Fabienne und Mike T-Bone alleine in die Miro-Halle spazieren, die uns noch kurz vor dem Ausgang die Türen öffnete. Das wäre nicht mehr reingegangen.
Was aber reinging, war ein leckerer Salat im Cafe Podest vor den Toren der Ausstellung. Hier merkten wir alle drei, dass sich unser Fußweg bergauf und bergab doch über einige Stunden gezogen hatte. Frisch gestärkt und ausgeruht marschierten wir anschließend ins Tal der Wupper zurück. Eine Station zurückgeschwebt, vom Wall aus mit dem Bus zum unvermeidlichen Besuch auf den Terrassen des Hutmacher in der Utopiastadt. Hier war nur noch Relaxen in der Sonne angesagt, der richtige Ausklang für einen solchen schönen Tag.
Drei Kunstexperten in der Utopiastadt

09 September 2019

Shoppen und Schlemmen

Ich hatte schon fast vergessen, wie gut das Frühstücksbuffet im also-Hotel ist. Alles frisch und weitestgehend bio-regional, kein Überfluss und weder Lachs noch Kaviar, aber von allem genug. Hausgemachte Marmelade, die Butter nicht einzeln abgepackt, leckere Obstauswahl, einfach wohltuend. Einzig der Kaffee lässt noch Luft nach oben, schmeckt nach Filterkaffee, sonst alles bestens.

Meine herzallerliebste Fabienne schwebte heran und führte uns durch Elberfeld, wo ich alles auf meiner Einkaufsliste erwerben konnte. Sweater, Schlappen, Taschentücher, Duft und später auch das Reisebesteck, um weitere fingerfood-Aktionen zukünftig zu vermeiden. Den Anfang machten wir allerdings auf dem Neumarkt, wo wir kandierten jamaikanischen Ingwer kauften und uns den schwarzen Knoblauch für den Freitag vor der Heimreise vormerkten.

Im Mangi Mangi
Nach dem Shoppen ging's zum Schlemmen. Auch hier hatte unserer Reiseleiterin genau das richtige Händchen. Im Mangi Mangi war es einfach, sehr lecker und bezahlbar. Werde ich mir für zukünftige Wuppertalbesuche merken.

Ein Mann wie ein Otter im Antiquariat
Bevor wir danach den Weg zum Espresso im Luisenviertel antraten, mussten wir natürlich noch das Antiquariat besichtigen, dass wir schräg gegenüber in der Rommelspütt 13 sahen. Natürlich blieb es nicht beim Ankucken, und beim Bezahlen kamen wir mit dem Besitzer der Bücherkiste ins Plaudern. Nachdem wir die gesellschaftspolitischen Auswirkungen von amazon & Co. ausgiebig diskutiert hatten, durfte ich noch ein Foto vom Laden machen. Der Besitzer bestand allerdings darauf, selbst nicht mit im Bild zu sein, weil er gestern Abend auf dem Geburtstag eines Freundes "gesoffen hat wie ein Otter". Der Mann war herzerfrischend authentisch.

Bepackt mit Buch und CD wanderten wir Richtung Luisenviertel, wo uns die Rösterei mit dem seltsamen Namen "Chi Coffee" erwartete. Ein Kaffee mit dem Namen "Kein Kaffee" mutet abenteuerlich an. Dem Namen zum Trotz gab es Kaffee. Ein einladendes Ambiente, sehr guter kräftiger "Espresso Luisenviertel" (der "Espresso Ölberg" ist etwas milder) und leckerer Nachtisch rundeten unsere heutige Tour ab.

Als wir wieder im Hotel angelangt sind, ist mir mal wieder nach einer kleinen Augenpflege zumute, damit ich heut Abend fit genug bin, um unsere Jungs anzufeuern.

08 September 2019

Drei Trinker über der Wupper

Der heutige Start an die Wupper wurde überschattet von einer hartnäckigen Rotznase mit Halskratzen, die sich seit Tagen bei mir eingenistet hat. Es nützt nix, nur die Hatte kommen in de Gatte, nach einem kurzen Frühstück in der Pill machten sich Mike T-Bone und meine Wenigkeit auf den Weg. Seltsam war, dass auf dem Bahnparkplatz genügend Plätze frei waren und dass unsere Regionalbahn tatsächlich pünktlich Andernach verließ - nachdem uns der Regionalexpress vor der Nase weggefahren war.
Wupper-Schweben
Die Klippe hieß Kölle, wie immer. Umsteigen. Zu unserer Verwunderung waren wir trotz mehrerer Zwischenstopps auf freiem Gelände pünktlich in der Domstadt. Der Anschluss-IC fuhr auf einem anderen als dem angekündigten Gleis ab - aber das ist in Köln ja normal. Pünktlich erreichten wir Wuppertal Hbf. Der Versuch, dort eine günstige Wochenkarte für den Regionalverkehr zu erwerben, scheiterte an einem Automaten, der uns Tarifzonen und Preisklassen im Überfluss anbot, aber nirgendwo eine Auskunft anbot, was diese zu bedeuten haben. Immerhin, der Bahnhof war nach gefühlten 8 Jahren Umbauzeit fertig, einen Schalter der regionalen Verkehrsbetriebe suchten wir jedoch vergeblich. Naja, im benachbarten Schwebebahnhof gab es ja einen türkischen Imbiss mit Ticketverkauf, erinnerte ich mich. Den hatte man leider wg. Umbau geschlossen, aber ich fand an einer Wand eine Karte mit der Tarifzone A, die würde uns innerhalb Wuppertal überall hinbringen.


Es ist gerichtet
Im also-hotel wurden wir nett begrüßt, die freundliche Dame am Empfang kannte ich noch von den letzten Besuchen hier. Einchecken, Sachen einräumen, und weiter ging's.
Cocktails vorher
Trinker nachher
Fabi erwartete uns an der Schwebebahn am Alten Markt und führte uns zum nahegelegenen streetfood-Festival. Leckere Falafel halfen gegen den Mittagshunger, und als Fabi uns auch noch 3 Super-Cocktails spendierte, waren wir Trinker ganz in unserem Element. Innerhalb kürzester Zeit stieg unsere Stimmung und wir dachten schon darüber nach, auf den Tischen zu tanzen und La Paloma zu singen.
Dann verzog sich die Sonne hinter Wolken, genau gesagt hinter Regenwolken, und wir brachen wieder auf. Café Moritz hatte noch geschlossen, und so setzten wir uns in eine Eisdiele und schlürften wohltuend heißen Cappuccino.

Als ich bemerkte, dass mein Frösteln im gleichen Maß zunahm wie meine Müdigkeit, brachte Fabi uns alte Männer noch an die Adlerbrücke, wo wir sanft Richtung also-Hotel entschwebten.
3 Stunden pennen, dick eingemümmelt, haben gut getan. Das Curry beim Stückwerk ist bestellt, und wir lassen den Abend gemütlich ausklingen.

Kleiner Nachtrag: Das Curry war da, aber leider ohne Besteck. Bei der telefonischen Bestellung vergessen.  Und so wurde es finger food asiatisch. Super lecker.

05 September 2019

Meenzer Heimat

Bei der Abschlussveranstaltung des Kultursommers 2019 waren wir vom Literaturwerk Rheinland-Pfalz eingeladen und durften am Mittwoch Abend die Ergebnisse unseres Workshops vorstellen.
Mit Christina zusammen benutzte ich die Deutsche Bahn, deren Regionalabteilung uns sicher und pünktlich nach Mainz brachte. Selbst die Tram zur Akademie durften wir mit unserem Rheinland-Pfalz-Ticket benutzen.
Ich erwähne dies ausdrücklich, damit nicht der Eindruck aufkommt, mit dem Unternehmen Deutsche Bahn sei ein ungestörtes Reisen unmöglich, was man aus meinen bisherigen Reiseberichten durchaus schließen könnte. Ich nutze diese Gelegenheit vielmehr, um die Zusammenhänge verständlicher zu machen. Es ist nämlich so: Plant man genügend Zeitpuffer, ein. z.B. 1 Stunde Puffer bei 1,5 Std. Fahrzeit, so wird man in fast allen Fällen den Zielort reibungslos erreichen - und viel zu früh. Hat man hingegen nur eine Viertelstunde Puffer vorgesehen, so führt dies unweigerlich dazu, dass der Zug schon beim Start 10 Minuten Verspätung hat, unterwegs wegen einer Betriebsstörung 20 Minuten auf freier Strecke festsitzt, und einem am Zielbahnhof die nächste Anschluss-Tram gerade vor der Nase wegfährt.
Auch die Lage der Tram-Haltestelle verlagert sich automatisch. Ist man überpünktlich, befindet sie sich direkt vor dem Bahnhof. Hat man jedoch bereits eine unaufholbare Verspätung, verlegt sich auf rätselhafte Weise die nächste Haltestelle der Tram mindestens 2 Kilometer in irgendeine Richtung vom Bahnhof weg und keiner der befragten Einheimischen hat den Hauch einer Ahnung, wo genau diese Tram abfährt.
Ihr glaubt es nicht? Fahrt mal öfter Bahn und achtet darauf! Ihr werdet sehen, es gibt kausale Zusammenhänge, die sind schier unglaublich.

Als wir im Foyer des Plenarsaals der Akademie der Wissenschaften ankamen, hatten unsere Künstler dort bereits ihre Werke aufgebaut. Auch zwei weitere Workshopgruppen präsentierten sich dort. So hatte die wort werkstatt Kaiserslautern unter dem Motto "Erzähl mir Heimat - Briefe in die Welt" zahlreiche Menschen per Brief befragt, was für sie Heimat ist. Die Antworten wurden als Collage präsentiert und die Initiatoren gaben bereitwillig Auskünfte zu den Hintergründen der interessanten Antworten. Wir kamen schnell mit anderen Teilnehmern ins Gespräch und so verflog die Zeit bis zur Veranstaltung im Plenarsaal wie im Flug.

Frau Dewald-Koch vor Carmens Bild
Pünktlich um 18 Uhr ging's dann los. Vorne prangte ein großes Werk unserer Carmen Rakemann als Mottobild des Abends an der Bühne. Die kurze Reden zur Eröffnung fand ich sehr ansprechend, da hier niemand eine Selbstdarstellung betrieb, die keiner im Publikum hören wollte, wie das manchmal bei Veranstaltungen dieser Art vorkommt. Eine Podiumsdiskussion mit den Schriftstellerinnen Maike Wetzel und Dr. Ursula Krechel, einem Staatssekretär und einer Schulleiterin war ebenfalls interessant und kurzweilig. Die Vorsitzende des Literaturwerks, Brigitte Dewald-Koch, führte souverän durch das Programm.

Im Foyer der Akademie - Ich als Künstler
In einer kurzen Pause wurde ich von einem anderen Teilnehmer als Künstler identifiziert, weil ich zufällig ein Bild von Rita Krupp betrachtete. "Sie müsse der Künschtler soi, des sieht ma gloi!"
Ich war kurz versucht, die Rolle einfach zu übernehmen, gab mich aber dann doch lieber als "Kunschtbanause" zu erkennen. Mit dem Pinsel kann ich Rita das Wasser nicht reichen.
Im Anschluss wurde dann der Preis für den besten Debütroman an Maike Wetzel verliehen, die uns (leider) nur eine Seite ihres Romans "Elly" vortrug. Diese eine Seite reichte aber aus, um mich dazu zu bringen, Elly anschließend am Büchertisch im Foyer zu kaufen. Von dem folgenden Rede-Antwort-Vortrag mit ca. 10 Personen einer anderen Gruppe bekam ich leider wegen der schlechten Akkustik ohne Mikro (OK, auch wegen meiner Hörprobleme) nicht genug mit, um ihn wirklich verstehen zu können. Christina berichtete mir auf dem Heimweg, dass ihr das gut gefallen hat.

Ja und das war's dann schon. Nach weiteren Unterhaltungen im Foyer machten wir uns früher als geplant auf den Heimweg, und auch der funktionierte ohne Störungen. Ein netter Abend, schade nur, dass unsere Dozentin Gabriele Keiser keine Gelegenheit bekam, unsere Broschüre mit einem kurzen Lesebeitrag näher vorzustellen. Aber dafür wird unsere Heimat-Broschüre auf den Buchmessen in Frankfurt und Mainz ausliegen - und das macht mich schon ein wenig stolz.
Sollte einer der geneigten blog-Leser unser Werk noch nicht oder nicht mehr haben, kann er sich gerne bei mir melden.

01 September 2019

Blind-Book-Date in a Mad World


Nach Kölle und Kesselemm gestern nun auch
das dritte K in der Andernacher Kulturnacht.

Karten spielten wir gestern nicht, hatten aber erfreulicherweise ein Full House. Vier liebe Übernachtungsgäste beehrten uns in unserem kleinen Domizil. Schon nachmittags entstanden bei Kaffee und Kuchen viele interessante Küchengespräche. Gegen viertel vor sechs machten wir uns per pedes auf den Weg ins Städtchen und hatten einen ausgearbeiteten Tourneeplan in der Tasche.
Wie in jedem Jahr haben die Kollegen vom Kulturamt wieder ein vielfältiges Programm auf die Beine gestellt. Das Einzige Dilemma war die riesige Auswahl an interessanten Programmpunkten. So groß, dass man gar nicht alles besuchen kann, was einen interessiert. Also wie jedes Jahr.
Den lockeren Anfang machten wir am Narrenbrunnen, wo wir auf weitere Freunde trafen. Auch eine befreundete 3-Generationen-Familie war dabei.

Hier präsentierte Amina Durben ihre eindrucksvolle Stimme, die man einer so zierlichen Person gar nicht zugetraut hätte.Von da aus ging's in den Schlosspark, wo die Pavillons des Kunstdorfs standen und die Findlinge Odemanns Literaturschatz kabarettistisch präsentierten.
Auf dem Weg in die Bücherei musste ich einen Stop bei Tatjanas kleinem Antiquariat einlegen, hatte sie doch die Reanimation einer beliebten Aktion angekündigt, von der ich bisher noch nichts gehört hatte. BLIND DATE WITH A BOOK entpuppte sich als liebevoll verpackte Bücher, die lediglich mit einigen kurzen Worten beschrieben waren, anhand derer man sich ungefähr vorstellen konnte, was einen darin erwartet. Ich suchte mir genau das Päckchen aus, welches Tatjana mir empfehlen wollte, das kann kein Zufall sein.

Wortlos bei den Wortlauten

So kam ich früh genug in der Stadtbücherei an, um mir bei Ralf Buchingers Wortlauten zwei gute Plätze zu sichern. Diese Vorstellung ist für Fabienne und mich eins der jährlichen "Must haves" in der Kulturnacht. Und diesmal hatten sie neben vielen schräglustigen Texten noch ein besonderes Highlight zu bieten. Susanne Eckert präsentierte zweimal, zu Beginn und gegen Ende der Veranstaltung, ihre Version des 80er-Klassikers "Mad World", das in der Fassung von Tears for Fears weltberühmt wurde. Sie machte dies mit minimaler musikalischer Begleitung vom Band, so dass ihre tolle Stimme ausgezeichnet zur Geltung kam. Diese zerbrechliche, authentisch wirkende Stimme, trieb mir wirklich das Wasser in die Augen. Beim anschließen Umsehen im Publikum war vielen anzusehen, dass sie ebenso berührt waren wie ich. Ich würde mir sehr wünschen, wenn sie das einmal im Netz zur Verfügung stellen würde, und das hab ich ihr auch nach der Veranstaltung gesagt.
Liebe Susanne, solltest Du zufällig diesen Beitrag lesen, dann bitte ich Dich: Schreib mir über diesen blog, wenn Du wirklich eine Fassung ins gestellt hast, ich würde mich sehr freuen und das auch gerne hier verlinken.

We are Rome im Museum

Als wir danach im Stadtmuseum ankamen, konnte ich glücklicherweise noch die letzten Lieder der unglaublichen We are Rome genießen. Ein schöner Auftritt der Jungs, sie ernteten auch reichlich Beifall für ihre Alternative-Rock-Songs. Mit deren Bassist Hannes versuche ich in einem größeren Projektteam mit der TH Bingen, ein stromerzeugendes Solarmobil zu entwickeln, dass zukünftig auf den Open-Air-Veranstaltungen die Dieselgeneratoren ablösen soll.


Aus Wuppertal: Frogcodile - einfach geil

Direkt im Anschluss erlebte ich noch die ersten drei Songs von Frogcodile aus Wuppertal, die ebenfalls mit gutem Art-Pop aufwarteten. So toll, dass Fabi noch länger unter dem Schirm sitzen bleibe, als der große Regen einsetzte. Sie wollte sich nichts von den Jungs entgehen ließ. Wie sie mir später berichtete, hatte es noch eine richtige Regenpause gegeben, danach spielten die Jungs weiter. Natürlich hatte sie anschließend mit der Band gesprochen und auch 2 CDs erworben.

Mein Weg führte dann durch den Regen zu meinem zweiten "Must have", der Obertonmusik in der Genoveva-Kapelle am anderen Ende der Hochstraße, am Merowingerplatz. Wie bereits im letzten Jahr präsentierten Georg Holtbernd und Ruth Stöcker meditative sphärische Klänge mit Stimme und exotischen Instrumenten. Für mich immer genau das richtige zum Runterkommen nach 4 Stunden Innenstadtgewimmel. Ich hoffe, dass diese Tradition auch in den nächsten Jahren fortgesetzt wird.

Obertöne bei Genoveva - unbeschreiblich schön

Im Anschluss ging ich trockenen Fußes zum Museum zurück, um dort festzustellen, dass Fabienne mir entgegengelaufen war und kurz vor der Kapelle stand. Life is live. Mit je einer gefüllten Teigrolle in der Hand machten wir uns auf den Heimweg, kurz vor zwölf waren wir froh, zu Hause zu sein. Schön, aber anstrengend, wie immer. Fünf Minuten später trafen auch die anderen vier ein, das muss eine telepathische Verbindung gewesen sein. Die Müdigkeit wich schnell, als wir alle am Küchentisch saßen und uns gegenseitig berichteten, was wir gesehen und gehört hatten. Und so endete um kurz vor zwei ein langer, aber sehr schöner Abend, den wir gerne weiter jedes Jahr wiederholen können.