19 Oktober 2022

Wie fühlt sich ein Androide?

Kopfanschluss

Bisher waren es nur mehr oder weniger externe Ersatzteile gewesen, die mir das Leben erleichtert hatten. Von der Zahnkrone über die Brille zum Hörgerät, alles nur aufgesetzt. Einzige interne Technik waren bisher die zwei neuen Linsen, die 2014 in meine Augen eingebaut wurden. Vor drei Wochen trat meine Umwandlung zum Androiden mit dem Einsetzen eines Cochlea-Implantats in meinen Kopf in die nächste Phase. Alles hat gut funktioniert und verheilt bisher auch gut.

Gestern wurde nun dieses interne Ersatzteil mittels magnetischem Anbringen einer externen Komponente erstmals gestartet. Während auf dem rechte Ohr weiterhin ein Hörgerät die Schallwellen aufnimmt und verstärkt, wird nun links der Schall in elektrische Impulse umgewandelt, die dann nach innen über ein dünnes Kabel mit mehreren Elektroden direkt in die Hörschnecke auf das Ende des Hörnervs geleitet werden. Ich höre also von nun an einseitig elektrisch.

Alle dabei gemessenen Übertagungswerte waren sehr gut, alle Elektroden funktionieren und übertragen. Trotzdem wird es noch länger dauern, bis hoffentlich ein akzeptables Hören dabei rauskommt. Bis jetzt ist es ein wenig Verstehen der gesprochenen Worte, überlagert von sehr viel lauterem Scheppern. Aber alle beteiligten Experten haben gesagt, dass das am Anfang normal ist und dass das Gehirn die Störgeräusche mit der Zeit rausfiltern wird. Um das zu erreichen, erfordert es lange Zeit Hörtraining und ständiges Nachjustieren der Einstellungen. Was tut man nicht alles, um wieder kommunikationsfähig zu werden?

Ich beginne, meinen Seelenverwandten, den Androiden Lt. Commander Data von der U.S.S. Enterprise, noch besser verstehen zu können. Also verstehen ist jetzt nicht gehörmäßig gemeint, sondern gefühlsmäßig. Sie verstehen, was ich meine.

Quelle: https://memory-alpha.fandom.com/de/wiki/Data
Mein Freund Data wird verkabelt (Memory Alpha:Copyrights)

Parallel zu dem Eingriff auf der linken Seite hat sich mein rechtes Hörorgan eigenmächtig umgestellt. Nicht nur, dass es meinem treuen Begleite Harvey Tinnitoso eine neue Heimstatt angeboten hat. Dem war es wohl seit der OP auf der linken Seite zu elektrisch geworden und er hat sein mächtiges Rauschen links etwas reduziert, intoniert seitdem auf rechts ein ganz neues helles und lautes Pfeifen.
Nein, nicht nur das, auch das rechtsseitige Hören mit dem Hörgerät ist seit der OP viel zu laut und übersteuert geworden. Ich hab schon die operierende Ärztin gefragt, was sie denn am rechten Ohr rumgeschnippelt hat. Aber sie hat mir hoch und heilig versichert, das rechte Ohr nicht angerührt zu haben.
So war ich letzte Woche beim  lokalen Hörgeräteakustiker und dort hat man festgestellt, dass das Hörvermögen rechts deutlich besser geworden ist und man deshalb das Hörgerät einige Stufen runterregeln konnte. Nun ist es zwar immer noch verzerrt und undeutlich, aber von der Lautstärke her erträglicher.

Ich werde mich durch die nächste Zeit kämpfen und darauf vertrauen, was alle Experten gesagt haben: Es wird besser werden. Und über meine Umbenennung von oldbearbone nach deafbearbone werde ich auch nochmal nachdenken müssen. In Anbetracht meines technischen Interieurs sollte ich vielleicht besser Cybearbone draus machen.

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