17 Oktober 2022

Die andere Seite eines Orts

Nachdem mich ein angeheirateter Verwandter darauf aufmerksam gemacht hatte, dass ich seinen Wohnort immer nur einseitig besuche und dass es auf der anderen Seite auch schön sei und zudem immer Getränke bereit stehen würden, bin ich heute das Wagnis eingegangen und hab meine Runde diesmal andersrum gedreht. Tja, was soll ich sagen, viele schicke Einfamilienhäuser mit gepflegtem Vorgarten und Warnung vor dem bissigen Hund waren zu sehen, auf beiden Seiten der Straße. Und dann - dann war der Ort zu Ende.

Das ist das andere Ende

Der Pfad wird immer schmaler und soll angeblich zum Philosophieren anregen. Ich bin ihn vor etwas zwanzig Jahren einmal gegangen. Als ich damals an der engsten Stelle, rechts die Felswand, links die Bahngleise plötzlich einen langen, lauten, schnellen IC in Armeslänge an mir vorbeirauschen sah und hörte, war mir nicht nach Philosophieren. Nur knapp unterdrückte ich den Trieb, mich in Panik flach auf den Boden zu werfen und mir die Ohren zuzuhalten. Das hat mir in der Folge einige böse Träume beschert.
Deshalb machte ich hier lieber kehrt und spazierte auf einer parallel laufenden Wohnstraße zurück.

Aber auch auf dieser waldnahen Straße viele schmucke Häuschen, aber überhaupt nichts Besonderes zu erkennen. Auch kein entfernter Schwippschwager, der mir mit einem heißen Tee aufgelauert hätte. Ich beschloss, in der Ortsmitte nicht zurück zum Auto abzubiegen, sondern auf dieser Straße bis zum richtigen Ende der Wohnbebauung weiter zu gehen. Und schon sah ich unterwegs das ein oder andere interessante Objekt, zum Beispiel das schmucke Jahnstadion am Fuß des Berges mit der berühmten Waldtribüne.

Links im Hang die beliebte Waldtribüne

Und genau gegenüber befand sich das Feuerwehrgebäude. Wie praktisch! Wenn es wieder einmal auf dem Fußballfeld zu heiß hergehen sollte, konnte man flugs die Kameraden rufen und die konnten manches Mütchen sofort kühlen.

Die schnelle Eingreiftruppe von gegenüber

Aber damit nicht genug. Auch ein Anhänger von Herne-West hatte sich in diese Gegend verirrt und sofort mit einem Emblem seine Steinwüste vor dem Haus verziert. Mein Gott, man weiß gar nicht richtig, was schlimmer ist, der Kiesgarten oder das Logo.

Wie kommt ein Mensch auf so eine Idee?

Am Ende der Straße dann der Friedhof, auf dem ich einiger dort ruhende Verwandte besuchte. Genau gegenüber dann ein rätselhaftes Objekt, dass ich vor Längerem schon mal unter der Lupe hatte, aber immer noch keine Ahnung habe, was das darstellen soll. Oder ich hab's vergessen. Ich bin 65, ich darf das.

Von dort an ging es dann über die Hauptstraße zurück zur Ortsmitte, wo ich mein Auto geparkt hatte. Leider steht die dortige Lokalität leer, für den ausgeschiedenen Vorbesitzer hat sich leider noch kein Nachfolger gefunden, der diesen einzigen Nahversorgungsstützpunkt im Ort weiter betreiben will. Eigentlich unverständlich, weil der Laden lief und man davon leben kann, der Vorbesitzer hatte kürzlich aus anderen persönlichen Gründen aufgehört.

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