21 Juli 2023

Von Zauberschirmen und Rindsbären

Vorsorglich hatte ich heute morgen neben meinem obligatorischen Zauberschirm auch eine wasserabweisende Jacke mitgenommen, als ich zur routinemäßigen CI-Kontrolle nach Koblenz fuhr. Um kurz vor elf Uhr verließ ich am dortigen Besucherparkplatz mein Auto. Da entgegen der Ankündigungen bisher kein Tropfen gefallen war, vertraute ich meiner Intuition und ließ Schirm und Jacke im Auto. In spätestens zwei Stunden würde ich wieder im Auto sitzen und bis dahin bleibt es trocken, beschloss ich in spontanem Übermut.

Meine Testergebnisse zeigten weiterhin kleine, aber kontinuierliche Verbesserungen im Hörverständnis an, für die Nachjustierung des Implantats fanden wir gemeinsam eine konstruktive Lösung und die Hörtherapie war wieder einmal sehr interessant und wohltuend. Lediglich der ärztliche Kurzblick ins Ohr ließ dann sehr lange auf sich warten. Als ich mich nach dreieinhalb Stunden dann vom Arzt verabschieden konnte, entließ der mich mit den Worten: "Ich hoffe, sie haben es nicht weit bis zum Auto!". Denn drauße sah es so aus:

Auf dem Bild nur schwer zu erkennen: Es regnete in Strömen. Ich wartete mit anderen Nichtbeschirmten Besuchern fünf Minuten unter dem Vordach, dann wurde mir klar, dass weiteres Warten nur dazu führt, dass es weiter regnen wird. Also demontierte ich meine beiden nicht wasserdichten Kunstohren und machte mich auf den Weg zum Auto. Zwei Minuten reichten aus, um mich ziemlich zu durchnässen. Dass der Regen weniger wurde, sobald ich im Auto saß und ganz aufhörte, als ich zu Hause einparkte, versteht sich von selbst. Murphy lässt grüßen - und er bestraft jeden Fehler.

Nach kleinen Erledigungen einer Zwischenmahlzeit spürte ich deutlich, dass der Wetterumschwung mich müde macht und gönnte mir ein Stündchen Augenpflege im bequemen Sessel, bevor ich ab halb sechs unsere U19-Mädels bei der EM in Belgien anfeuerte. Mit Erfolg, der zweite Sieg im zweiten Spiel und noch kein Gegentor - das kann sich sehen lassen.

Ehe ich mich versah, war es kurz vor acht und ich machte mich auf zum Bollwerk, um wenigstens meine obligatorische Runde am Rhein zu drehen. Die Temperaturen hatten abgekühlt, so dass ich die Jacke drüberzog, mein VfL-Cappy aufsetzte und den Zauberschirm mitnahm. Der Schirm funktionierte, wie immer, es blieb trocken. Aber zum Cappy gibt es eine besondere Geschichte:

In letzter Zeit hatte ich ab und an eine Feder gefunden, die von irgendeiner Ente, Gans oder einem Vogel irgendwo für mich abgelegt wurde. Stets hab ich sie mitgenommen und die im Auto oder zu Hause an Stellen drapiert, wo ich sie oft sehe. Die letzte Feder jedoch hatte ich an mein Cappy gesteckt und oft  mit zu Spazieren ausgeführt. Bis ich sie vor etwa drei Wochen wohl irgendwo verloren hab. An unserem letzten Kursabend bei der VHS erwähnte ich das und unsere Mitschreiberin Karin glaubte, eine zumindest ähnliche Feder gefunden zu haben. Am vergangenen Montag nach  der Feier bei unserer Dozentin Gabriele Keiser bot sie mir sogar zwei Exemplare an. Bei genauerem Hinsehen waren das beide nicht die Feder, die ich verloren hatte, aber ich freute mich sehr über diese freundliche Angebot und suchte mir die Feder aus, die irgendwie besonders aussah. 

Seitdem trage ich sie die ganze Woche am Cappy und bemerke viele Blicke anderer Menschen, denen ich begegne, erstaunte, erfreute, lächelnde, freundliche Blicke. So auch heute Mittag beim CI-Check im Krankenhaus in Koblenz. Daher nutzte ich die lange dortige Wartezeit und suchte mit dem Handy Informationen im Internet. Es lässt sich (noch) nicht mit hundertprozentige Sicherheit sagen, aber es sieht so aus, als habe ich tatsächlich die Feder eines Rindsbären bekommen. Erstaunt? Ja, genau wie die Blicke der Passanten. Von wegen "Sowas gibt's doch gar nicht!". Natürlich gibt es die. es gibt ja schließlich auch die Salami mit dem Rinderfenchel, die ich hoffentlich morgen wieder bei der guten Walli auf dem Wochenmarkt kaufen kann. Da ich seit einiger Zeit nach einer wohltuenden Ernährungsumstellung weitestgehend auf Schweinefleisch und Geflügel verzichte, beschränkt sich mein kleiner Fleischkonsum tatsächlich überwiegend auf Rindfleisch. Passend dazu bekommt also der alte Bärenknochen eine Rindsbärenfeder  geschenkt, ist doch klasse, oder?

So trug ich also auch heute Abend meine Rindsbärenfeder am Rhein spazieren. Die Abendsonne versuchte sich gerade zwischen zwei dunklen Regenwolken einen schmalen Schlitz zu erobern.

Etwa in Höhe des Alten Krahnens sprach mich dann ein freundlicher junger Mann an. Obwohl ich ihm als aktiver Nichtraucher kein Feuer geben konnte, kam er meiner Bitte nach, mich mit Cappy und Rindsbärenfeder zu fotografieren. Ok, an seinen Fotografierkünsten muss er noch ein wenig arbeiten, aber ich fand es einfach toll, dass er  mir half.

Da guckt sie raus, die Feder
Kirill (links) und ich (rechts)

Dabei kamen wir ein wenig ins Gespräch, in dem sich herausstellte, dass er aus der Ukraine kommt und bisher nur ein paar Worte Deutsch versteht.

Trotzdem erzählte ich ihm die Geschichte der Feder und meine Vermutung ihrer Herkunft.  Und siehe da: Er schaute zuerst ein wenig verständnislos, aber am Ende lächelte er wissen und nickte. Also ist es wahrscheinlich die Feder eines ukrainischen Rindsbären. Wie auch immer, die ist bei dem alten Bärenknochen und seiner Rinderfenchelsalami gut aufgehoben. Danke, Kirill!

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