Lang ausschlafen war angesagt. Nicht, dass ich noch wegen permanenter Missachtung des RAG verdonnert werde. Hat geklappt.
In den letzten Tagen hatte sich manches Nachdenkenswerte ereignet.
In meinem aktuellen Buch über Zufälle habe ich mehrfach gelesen, dass die Zeit, so wie wir sie wahrnehmen, eigentlich nur eine Einbildung ist. Quantenforschung und andere Wissenschaften haben längst enthüllt, dass es nicht die lineare Aneinanderreihung von Ereignissen ist. Das ist das, was wir daraus machen. Mit der Stoppuhr. Aber jeder hat schon die Erfahrung gemacht, dass die Uhr anzeigen kann, was sie will, Zeit vergeht nicht gleichmäßig. Nach einem schönen vertrödelten Mittag machte ich diese Erfahrung heute wieder selbst.
Alles hatte ich einigermaßen locker geplant. So war der Plan:
-Um 12 Uhr den Teig fürs Wunderbrød ansetzen.
-Schöne eMails aus Kell, Kalifornien und Oregon lesen und beantworten.
-Um 15 Uhr das Brot in den Ofen schieben.
-Alle zehn Bestandteile des Ofengemüses ofenfertig zubereiten.
-Um 16:20 Uhr das Brot aus dem Ofen holen und auskühlen lassen.
-Die erste Ladung (Kartoffeln/Möhren) auf dem Ofenblech verteilen.
-Blech in den Ofen schieben und Timer auf 20 Minuten stellen.
-Um 16:30 frischmachen, umziehen und zur Physio fahren,
-Um 16:55 Uhr entspannt die Physio betreten.
Und wie war es: Die Zeit ab 12 Uhr verging ohne mein Zutun so schnell, dass meine Uhr eine Stunde später bereits 16:45 anzeigte. Dass bei meiner Sturzfahrt zur Physio alle Ampeln auf rot standen, versteht sich von selbst. Auch dass der Stau im Rennweg heute dreimal so lang war wie sonst, wird niemanden überraschen. Ich war nur deshalb rechtzeitig vor Ort, weil meine frühere Kollegin Martina, die jede Woche vor mir meine Liege anwärmt, netterweise erst um 17:08 aus dem Behandlungszimmer kam. Pooh! Von hier aus nochmal DANKE, Martina!
In der Tat war die Zeit von 12 bis 17 Uhr in einer Stunde vergangen. Und dann das Kontrastprogramm. Als ich auf Natalies Liege Platz nahm, konnte ich die Bremsgeräusche der Zeit förmlich hören. Mein unsichtbarer Freund Harvey Tinnitoso wurde immer ruhiger. Und als Natalie dann ihre heilenden Hände anlegte, blieb die Zeit stehen. Hier liege ich jede Woche in einer zeitlosen Blase irgendwo im Universum und spüre, dass keine Zeit mehr vergeht. Das ist einfach wunderschön und davon nehme ich immer eine Portion mit nach Hause, so auch heute. DANKE, Natalie!
Zu Hause legte ich dann die restlichen Schichten des Ofengemüses und der Würze nach und konnte eine halbe Stunde später fürstlich auf Balkonia speisen. Tiefenentspannt. Danach führte mich mein abendlicher Verdauungsspaziergang wie so oft vom Bollwerk bis zum Alten Krahnen und zurück.
Eine Neuigkeit: An der Anlegestelle des Geysirschiffs wird anscheinend auch außerhalb der Öffnungszeiten Kaffee angeboten.
Volle Kanne wieder mal? |
Passend zu den philosophischen Gedanken über die Zeit tuckerte auch ein Schiff aus Sophies Welt den Rhein hinauf.
Sophie auf dem Fluss (der Zeit?) |
In Höhe der Villa Michels war dann wieder unüberhörbar der Haushund im Einsatz. Wie bereits in den letzten Tagen bellte der Haushund von der Mauer alles an. Jeden Spaziergänger, jede Amsel, jedes Schiff, das vorbeifuhr, alles, was sich in seinem offensichtlich großen Sichtbereich bewegte, bellte er an. Mindestens fünf mal. Pro Minute. Da er gerade mit einem Radler beschäftigt war, der unvorsichtigerweise direkt vor ihm abgestiegen war, nahm ich mir vor, auf dem Rückweg ein paar beschwichtigende Worte mit ihm zu reden. Ein vernünftiges Gespräch unter Männern sollte doch möglich sein. Ich dachte mir unterwegs schon einen schönen Namen für ihn aus. Bello Michello, das würde ihm gefallen. Bello, klar, das musste sein, bei seinem Gehabe. Und Michello, weil er die Villa Michels bewacht. Wie enttäuscht war ich, als ich zehn Minuten später auf dem Rückweg vor der stillen leeren Mauer stand.
Michello ohne Bello |
Beim Blick auf die Uhr wurde es mir klar: Der bellt nur bis acht Uhr! Dann wird er wahrscheinlich von seinem Besitzer mit dem Strick ins Haus gezerrt, denn freiwillig würde der nie aufhören zu bellen. Was nun? Dann machte es klick. Acht Uhr. So wie bei Elke Heidenreich im Nero Corleone der italienische Hahn "Quint" genannt wird, weil er um Punkt fünf kräht, so heißt dieser Hund ab heute nicht nur Bello, sondern Ottobello, denn auf italienisch heißt acht otto.
So zufrieden spazierte ich zurück zum Auto und dachte mir, dass ich diese Geschichte heute im blog erwähnen muss.
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