Der routinemäßige Check des Cochlea-Implantats stand an. 09:30 hatten sie gesagt. Also früh, sehr früh. Wenn man abends noch freudig an den Geschichten seiner Urahnen rumforscht und plötzlich auf der Uhr "halb zwei" liest, dann klingelt der Wecker morgens sogar EXTREM früh. Aber ich habe es tatsächlich geschafft, morgens in Ruhe mein leckeres Porridge zu genießen, eine gute Tasse Kaffee nachzuschieben und trotzdem (ziemlich) pünktlich im Krankenhaus aufzuschlagen.
Die ersten drei Stationen waren mit mehr Wartezeit als Untersuchung verbunden, aber das kenne ich bereits und nehme es gerne in Kauf. Der Hör- und Verständnistest zeigte wieder kleine Verbesserungen, die ärztliche Untersuchung verlief, wie immer, ohne Beanstandung, und auch das CI-Fitting, also das Nachjustieren der elektronischen Einstellungen meiner Hörhilfe, war erfolgreich. Es folgte die letzte Station des Zirkeltrainings, die Hörtherapie.
Die Therapeutin hatte mir schon beim letzten Check vor drei Wochen angedroht: "Nächstes Mal beginnen wir mit dem Thema Musik!" Alleine die Vorstellung hatte mir einige Schauer über den Rücken gejagt, denn Musik war für mich seit dem letzten Hörsturz ausnahmslos KRACH, lauter scheppernder KRACH. Das tat weh im Kopf. Trotzdem freute ich mich ein wenig darüber, dass meine Fortschritte von den Experten schon so hoch eingeschätzt wurden, dass wir uns an dieses Thema rantrauen würden.
Ich hatte mich ein wenig vorbereitet, um nicht völlig überrumpelt zu werden vom heutigen "wall of noise". Auf einem uralten USB-Stick hatte ich einen Mix gefunden, den ich mir vor vielen vielen Jahren aus meinen deutschsprachigen Lieblingsliedern zusammengestellt hatte. Den begann ich im Auto durchzuhören und war selbst erstaunt, wie viele der Texte ich noch fast komplett auswendig kannte. Die leiseren, akustischen Sachen konnte ich teilweise verstehen und ertappte mich manchmal beim freudigen Mitsingen unterwegs. Wenn jedoch die United Balls "Pogo in Togo" in die Röhre hämmerten, sprang ich schnell ein Lied weiter.
Der Therapeutin gefiel das auch, als ich ihr das erzählte. Zu meiner Erleichterung fingen wir aber dann viel niedrigschwelliger an, mit dem Erkennen von einzelnen Instrumenten, was mir erstaunlicherweise schwerer fiel als das Hören der Liedermacher-Texte. Aber da das Sprachverstehen in der Musik eine gute Trainingsmethode ist, spielte sie mir dann auch noch etappenweise ein Lied vor, zu dem sie mir das Textblatt in die Hand drückte. Diese Lied war mir bisher völlig unbekannt, aber ich hatte trotzdem einen hohen Wiedererkennungswert. Wieso? Weil die Jungs von den Wise Guys bei vielen meiner Fahrten mit DEUTSCHE BAHN hinter mir gesessen haben müssen. Sowas kann man sich nicht ausdenken, das muss man erlebt haben.
Als ich um 12:30 die heiligen Hallen verließ, war ich glücklich und zufrieden, aber auch ein klein wenig müde. Ich suchte meinen Kumpel Mike T-Bone auf, der quasi um die Ecke wohnt. Eigentlich wollten wir gemeinsam eine Tour durch die Gemarkung machen, aber nach kurzem Sitzen im Sessel wurde mir schnell klar, dass das heute wohl nix wird. Nachdem wir ein Weile unsere Neuigkeiten ausgetauscht hatten, beschlossen wir, unsere Tour auf nächste Woche zu verschieben und ich machte mich auf den Heimweg.
Ich legte mich "nur kurz" auf's Bett und machte Stunden später die Äuglein wieder auf. Wieder einmal der Beweis, wie wichtig die regelmäßige Augenpflege auch für Rentner ist. Ausgeruht nutzte ich die Zeit noch für eine schöne Abendrunde am Rhein, von der ich Euch ein paar Bilder mitgebracht habe.
Musikalisch geht's weiter: Amadeus Amadeus! |
Das Geysirschiff legt zur letzten Runde ab |
Lass die Abendsonne ... niemals untergehn |
Es ist schon auffällig, dass am Bollwerk sehr oft Musikschiffe anlegen, heute der elegante Amadeus. Falco hätte seinen Spaß daran gehabt.
Und wie man sieht, hat auch das Geysirschiff seine Zeiten verlängert. Die letzte Start erfolgte gegen 20 Uhr.
Über der Abendsonne scheint ein großer Vogel seine weiten Flügel zu schwingen . Spontan sang der unvergessenen Ludwig Hirsch sein melnacholisches "Komm, großer schwarzer Vogel" in meinem Kopf.
Und dass die Abendsonne mitten in einem Baum untergeht, hat man auch nicht so oft. Als zeige der Baum sein goldenes Herz, das Neil Young einst so schön besang.
Die frisch renovierte Villa Michels wird nun von einem großen Hund bewacht, der auch an der Mauer zum Rhein Ausschau hält und jeden anbellt, den er nicht kennt.
Hier wache ich |
Auf dem Rückweg bot sich mir dann ein prächtiges Bild der großen Bäume in der Abendsonne, so dass ich unbedingt auf einer Bank darunter eine Trink und Guckpause einlegen musste.
Sehr einladend, oder? |
Von hier aus konnte ich mit ansehen, wie ein rheinaufwärts kommendes Frachtschiff den Widerschein der Sonne im Rhein durchkreuzte.
Die Krönung war jedoch, dass vor meinen Augen der alte Werbejingle wiederbelebt wurde: Die Aurora lief auf. Sie kam rheinabwärts, machte eine elegante Kehrtwendung und stand dann tatsächlich vor dem Schein des Sonnensterns.
Sie kommt |
Sie stellt sich quer |
Aurora vor dem Sonnenschein |
Ein gutes Ende für einen Tag, der so früh begonnen hat.
Alles gut 😀
AntwortenLöschenIch wars, der Gerhard
AntwortenLöschenDer anonyme Spider-Gerry, mal was Neues 😉😎
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