18 März 2022

Die Wacht am Rhein

Wenn man um sieben Uhr in der Früh aufstehen muss, also mitten in der Nacht, um sich kurz darauf die sechste und wahrscheinlich letzte Kortisonspritze ins Ohr jagen zu lassen, nimmt einen das schon mit. Ich hab eine Riesenglück, dass mein kleiner Lieblingsbruder mich in dieser Zeit ungefragt überall hinkutschiert und mir als Begleitperson zur Seite steht, da ich leider kein Wort verstehe, was der Arzt mir sagt. Und so hatten wir beide uns das gemütliche FrühSpätstück danach auch verdient.

Was folgte, war eine einstündige Augenpflege auf dem gemütlichen Sessel direkt vor der offenen Balkontür. Diese Pause habe ich auch gebraucht und genossen. Anschließend setzte mich ans Einarbeiten von Svenjas Vorschlägen und Hinweisen in das nächste Kapitel meines Romans, auch das hat Spaß gemacht und lenkte sehr von meinem inneren Begleiter Harvey Tinnitoso ab.
Dann wurde irgendwann die Zeit knapp. denn ab halb sieben wollte ich doch die Kiezkicker aus Hamburg bei ihrem Auftritt am Millerntor unterstützen, natürlich vor dem Fernseher. Und direkt im Anschluss wollten meine blau-weißen Jungs aus dem tiefen Westen die nächsten drei Punkte gegen den Abstieg erkämpfen. Aber meine Frischluftrunde wollte ich auf jeden Fall noch drehen, denn das Wetter lockte förmlich nach draußen.

Also machte ich mich auf den Weg, parkte am Güterbahnhof und spazierte von dort in die Rheinanlagen. Hier hält ein kämpferischer Engel die Wacht, damit niemand Unbefugtes die Innenstadt betritt.

Wer wacht denn hier am Rhein (links oben)?

Ein paar Meter weiter dann zwei schöne Bänke mitten in der Sonne. Ich genoss es, dort eine halbe Lesestunde einzulegen und zwischendurch die vorbeifahrenden Schiffe und die gegenüberliegende Ortschaft anzusehen. 

Was sieht man denn gegenüber?



Das war Entspannung pur. Dorothy Emily Stevenson (18.November 1892 – 30.Dezember 1973) hatte es mir mit ihrem Roman "Stich ins Wespennest" wirklich angetan. Eigentlich überhaupt nicht mein Genre, eine Dorfgeschichte aus dem England der 30er Jahre. Aber hier ging es um eine Frau, die den ersten Roman ihres Lebens unter einem Pseudonym veröffentlicht. Da Pikante: In dem Roman erzählt sie Geschichten aus dem Dorf, in dem sie wohnt, hat jedoch alle Namen geändert. Nach der Veröffentlichung erkennt sich die erste Leserin im Ort natürlich trotzdem sofort wieder - und alle anderen auch. Es läuft eine Welle der Entrüstung, man versucht, den wahren Autor ausfindig zu machen, den man am liebsten vor ein Strafgericht stellen möchte. Denn die Personenbeschreibungen  im Roman sind so real, dass hier vielen der Spiegel vorgehalten wird. Und das missfällt vielen Menschen.

Also, eine absolute Leseempfehlung von mir.

Ok, das aus den drei Punkten Tief im Westen nichts wurde, lag auch an einem bescheuerten Stadionbesucher, der meinte, dem Linienrichter seinen Bierbecher an die Rübe donnern zu müssen, anstatt ihn zu saufen. Alle wahren VFL-Fans hoffen sehr, dass man den verantwortliche Oberspacko identifiziert und überführt. Dem haben wir nun den Spielabbruch zu verdanke, der mit Punktverlust und wohl auch mit empfindlicher Geldstrafe für den Verein verbunden ist. Ich hoffe, die wahren Fans in Block A um ihn herum haben ihn sofort gefesselt, geknebelt und der Polizei übergeben. Wer zu blöd dafür ist, sein Bier zu saufen, dem sollte man lebenslang Stadionverbot erteilen! 

Wieso hab ich seitdem dauernd den Song der Ärzte im Kopf:
"Schrei nach Liebe"? ARSCHLOCH!

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen