Es war wie verhext heute Morgen. Nachdem ich mit den beiden Freunden alles für die Heimreise gepackt und unser gemeinsames Zimmer verlassen hatte, wusste keiner der Mitreisenden, wo genau unser Bus abfährt. Erst als sich ein Freund auf den Weg machte und tatsächlich den Bus in der Stadt fand und mit diesem samt Fahrer zurückkehrte, lockerte sich die Stimmung. Von uns kannte sich ja niemand aus in Segovia, Spanien. Mir fiel auf, dass es ein schöner Entspannungsurlaub gewesen war, ich aber von der Stadt und der Umgebung kaum etwas gesehen hatte. Meistens hatte ich auf dem Balkon in einem bequemen Liegestuhl gesessen und den blau-weißen Himmel betrachtet. Beim nächsten Mal würde ich etwas mehr rausgehen, nahm ich mir vor. Der Bus hielt auf der anderen Straßenseite und wir stürmten alle mit unserem Reisegepäck hinüber.
Reisegepäck, ach ja, wo war denn mein Koffer? Ich hatte nur die Reisetasche mit aus dem Hotel genommen. Oje, jetzt aber schnell zurück zum Hotel. Drei verwinkelte Sträßchen später stand ich außer Atem vor dem älteren Mann an der Rezeption. Ein waschechter Spanier, kräftig mit dunklem Teint und einem Dali-Schnurrbart. Er erklärte mir wortreich, dass ich gefälligst meinen Koffer mit den getragenen Klamotten mitnehmen sollte, den würden sie hier nicht aufbewahren. Wie gut, dass ich durch meine freiwillige Spanisch-AG in der Schule (ein halbes Jahr, und das zwei mal) alles sehr gut verstehen konnte.
"Si, Senor, aber ich muss mich jetzt sputen! Hasta luego!" Ich hastete die Sträßchen zurück und merkte erst an der letzten Abbiegung, dass die so ganz anders aussah als vorhin. Eine ganz andere Straße mit ganz anderen Häusern - und ganz ohne Busse! Jetzt wurde mir mulmig. Ich musste sofort die Kumpels im Bus anrufen. Ein Griff in die Hosentasche - ein Griff ins Leere. Kein Handy, das befand sich wohl in der Reisetasche, die ich am Bus zurückgelassen hatte. Was tun?! Erst mal runterkommen. Ganz ruhig, Brauner! Nur keine Panik! Das Schlimmste, was passieren kann, ist, dass ich nochmal hier in irgendeinem Hotel übernachten muss, kein Problem, alles wird gut! Ein Griff in die Gesäßtasche - wieder ein Griff ins Leere. Kein Portemonnaie, kein Geld, keine EC-Karte, keine Papiere. Lost in Segovia. Panik!
Wie froh war ich, dass ich genau in diesem Moment aufwachte und mich in meinem Bett wiederfand. Der Wecker zeigte 12:15. Also für freilaufende Rentner die ideale Zeit, um aufzustehen. Ich war gerettet!
Das lecker Frühstücksporridge schmeckte heute nochmal so gut, die blauweiße Schale lachte mich freundlich an. Das hatte ich nicht geträumt, das gestrige 1:0 gegen Ochsenplörre Leipzig war immer noch Realität. Zur Feier des Tages gönnte ich mir einen Kaffee "Dark Roast", um auch wirklich wachzubleiben und nicht zurück nach Segovia zu gleiten. Dass es draußen regnete, störte mich heute überhaupt nicht, schließlich war ich ja gerettet. Nach einem ausgiebig gedehnten Frühstück schaute ich mir die Zusammenfassung des gestrigen Sieges noch einmal im Fernsehen an. Sowas kann man ja nicht oft genug genießen.
Eigentlich hätte dieser Tag so gemütlich weitergehen können, wäre nicht nachmittags plötzlich die Sonne durch die Wolken gebrochen. Das war das Signal zum Aufbruch. Wenigstens eine kleine Runde sollte es werden. Ich machte mich auf den Weg in meinen Heimatort, parkte auf dem Kirmesplatz, und spazierte einfach los. Unterwegs zwei Aussichten nach gegenüber, zu der Gemeinde auf dem Kuppen mit dem markanten Kirchturm.
Dazwischen auch ein kleiner Ausflug nach Aachen an den dortigen Hof.
Ein schmucker Hof, nur die Tafel ist kaum noch lesbar |
Auf dem Friedhof besuchte ich die Verstorbenen und begegnete netten alten Bekannten. Auf dem Rückweg sah ich am Rande des Neubaugebiets (der 70er Jahre!) eine bunt gestaltete Fassade, die mir zumindest noch nie aufgefallen war.
So kann man eine unauffällige Hauswand auch gestalten, toll! Die Sonne und der blaue Himmel gaben das ihre dazu, meine Stimmung auf dieser kleinen Frischluftrunde hoch zu halten, Und das Timing war heute so perfekt, dass erst auf dem Heimweg im Auto wieder die ersten Tröpfchen auf die Windschutzscheibe fielen. Es blieb auch bei ein paar Tropfen.
Was soll ich sagen? Meine beiden Sympathievereine Freiburg und Meenz haben sich freundschaftlich die Punkte geteilt, Pauli hat hoch gewonnen. Der Ruccola-Chicoree-Salat, den ich heute Abend schnell gezaubert habe, war erste Sahne und ich muss jetzt früh ins Bett, damit ich morgen Mittag mit einer alten Freundin essen gehen kann.
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