20 September 2019

Ein verrückter Tag

Selten waren Vergangenheit und Zukunftsvision so eng miteinander verknüpft wie heute. Das (vorerst) letzte gemeinsame Frühstück mit meiner lieben Mitbewohnerin war schön und wehmütig zugleich. Wir hatten uns für heute zum Abschied vorgenommen, Flagge für die Zukunft dieses Planeten und vor allem unserer nachfolgenden Generationen zu zeigen und ließen uns von der Regionalbahn nach Koblenz bringen. Fridays for Future als bundesweite Aktion ist eine Sache, die wir beide unterstützen. Freunde mit Kindern begleiteten uns, die beiden Jungs hatten ein großes Stoffplakat ideenreich bemalt.
Eine knappe Stunde vorher

Die Aktion sollte um fünf vor zwölf losgehen. Kurz nach elf sah es noch verdammt leer aus auf dem Bahnhofsvorplatz, ich befürchtete bereits eine ziemlich menschenleere Veranstaltung. Kurz darauf kam unser Ex-Kollege Sebbl mit seinem Sohn an und zog Heerscharen von Menschen hinter sich mit.
So sieht 2040 aus, wenn jetzt nix passiert

Nach einigen Ansprachen, die ich in den hinteren Reihen kaum verstand, bewegte sich dann ein imposanter, langer Zug durch die Stadt bis zum Clemensplatz. Viele bunte Schilder waren zu sehen, Sprechchöre wurden skandiert, wir waren nicht zu übersehen und zu überhören. Unterwegs vorbei an einigen Kneipen und Adressen meines bisherigen Lebens, überfiel mich ein regelrechter Flashback, alles wirkte sehr surreal. An manchen Orten hatte ich in meiner Glanzzeit Tresenschlaf gehalten, später "Hopp hopp hopp - Atomraketen stopp!" gebrüllt und heute lief ich mit vielen Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen hier durch, die sich existentielle Ängste um ihre Zukunft machen müssen, wenn der Klimawandel nicht umgehend ausgebremst wird. Und danach sieht es nach den kläglichen Kompromissen der heutigen Klimaschutztagung ja gar nicht aus.
Es wurde richtig voll

Nach einem Abschiedstrunk mit Sebbl & Son machten wir uns auf den Heimweg. Nun wurde es ernst mit Abschied. Dass wir daheim beim Espresso erstmal die nächsten Besuchstermine festmachten, erleichterte die Sache und gab uns beiden das Gefühl "Ist ja nur für kurz". Wir packten noch die letzten Sachen in ihr Auto. Da einige Sachen nicht mehr reinpassten, muss sie ja eh bald wiederkommen. Zusammen mit Natalie entwarfen wir noch kurzerhand unsere Vision des inkludierenden Bio-Fair-Regional-Kunst-Literatur-Bistros, dass wir demnächst in Andernach eröffnen wollen, denn das fehlt absolut hier. Dass ich beim Abschiedsdrücken dann trotzdem ein Tränchen verdrückt habe, ist auch genau richtig so.

Als uns dann später abends auffiel, dass nach einem langen Tag unsere Mägen knurrten, versüßten Natalie und ich uns den Abend noch bei Pizza und Pasta im Napoli. Ein langer Tag geht zu Ende, mit vielen Eindrücken und Gefühlen, die sich alle noch setzen müssen.

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