Gestern durfte ich meinem Briefkastens erstmals ein gelbes Faltblatt entnehmen, mit dem die sogenannte Identitäre Bewegung nun auch in Andernach auf sich aufmerksam machen will.
Ziemlicher Plumpaquatsch |
Meine anfängliche Hoffnung, dass mich nur einer persönlich damit ärgern will, wurde ein paar Stunden später jäh zerstört, als mein Nachbar diese Pamphlet ebenfalls aus seinem Briefkasten zog. Da mein Nachbar und Freund ein sehr ordentlicher Mensch ist, entsorgte er den Flyer sofort sachgerecht in der blauen Papiertonne.
Fast war ich geneigt, den Verfassern in einer email zu raten, das Ding zukünftig direkt in blau zu drucken, damit die Zuordnung zur richtigen Tonne einfacher ist. Aber ich war einfach zu neugierig darauf, welche Ziele und Forderungen diese Bewegung hat und welche Werte, welche Identität und welche 3000-jährige Kulturgeschichte sie aktiv und patriotisch verteidigen will, um ihre Worte zu benutzen.
Forderungen und Ziele:
1.Bild: Brandenburger Tor mit Banner "Sichere Grenzen - sichere Zukunft!
1.Überschrift: HEIMATLIEBE UND PATRIOTISMUS als Normalzustand
2.Bild: Blonde Frau mit Blumenkranz im Haar
2.Überschrift: VERTEIDIGUNG DES EIGENEN und der Vielfalt der Völker
3.Bild: Viele Frauen mit Kopftuch, alles im Halbdunkel
3.Überschrift: Stopp des GROSSEN AUSTAUSCHES
Weiterhin melden sich 3 junge AKTIVISTEN zu Wort, alle 25 Jahre alt, und die heißen natürlich Melanie. Robert und Volker. Klar, Roman, Fatma und Boubacar sind zwar auch hier geboren, aber die sind passen nun gar nicht in dieses ideologische Geschwurbel.
Nach kurzem Überfliegen dieses patriotischen Manifests gab mir besonders die ethnologische Richtschnur Rätsel auf. Mit einem ähnlichen Ansatz war 1933 schon einmal ein kleiner Puppenspieler an die Macht bekommen, um die halbe Welt in Tod und Verwüstung zu treiben. Er nannte diese wichtige rassische Abstammung damals nicht ethnologisch, sondern arisch. Wenn ich mir unsere Geschichte betrachte und mir anschaue, welche Heere, Händler, Flüchtlinge und Besatzungen aller Couleur in den letzten 3.000 Jahren durch Mitteleuropa gezogen sind und ihre nachweislichen ethnologischen und genetischen Spuren in uns hinterlassen haben, finde ich beim besten Willen keinen Ansatz, hier eine patriotische einzigartige Identität zu finden.
Ich habe kürzlich von einer Idee gelesen, die mir auf Anhieb supergut und sinnvoll erscheint:
Man sollte allen, die etwas von unserer einzigartigen Rasse von sich geben, egal wie auch immer sie es verklausulieren und egal, ob sie zu den identitären Reichsverschwörern oder den AFNPD-Patrioten mit Reichskriegsflagge oder sonst einem rechten Haufen angehören, einen verpflichtenden DNA-Test vorschreiben und sie zwingen, sich ihre eigene ethnologische Zusammensetzung betrachten zu müssen.
Als Familienforscher, der sich auch der DNA-Analyse als Hilfsmittel bedient, weiß ich, dass jeder hier lebende Mensch einen komplett anderen Mischmasch von Genen in sich trägt.
Und der heißt nicht:
75% Teutsch
20% Nordisch
5% sonstwas
Sondern bei mir (Familie seit vielen Generationen hier ansässig):
34,7% Brite und Ire
27,5% Nord- und West-Europäer
28,3% Balkanbewohner
5,1% Aschkenasischr Jude
4.4% Sarde
Bei einer (deutschen) Freundin:
36,0% Skandinavierein
33,5% Engländerin
7,2% Nord- und West-Europäerin
23,3% Osteuropäerin
Bei einem (deutschen) Neffen 3.Grades:
44,4% Skandinavier
2,3% Finne
21,9% Italiener
9,1% Griechisch und Süditalienisch
7,8% Iberer
14,5% Balkanbewohner
Und so könnte ich noch weitere "reinrassige" eigene Verwandte und Freunde aufführen, die asiatische, afrikanische und andere Anteile im Erbgut haben. Und das Erbgut lügt nicht. Daher bleibt mir zukünftig mit eurem nationalistischen Gedankengut bitte vom Hals, denn es entbehrt jeder vernünftigen Grundlage.
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