19 September 2020

Die gefährliche Reise

Um den heute geplanten Ausflug einigermaßen unversehrt überstehen zu können, bereitet ich mich schon beim Frühstück gründlich vor. Eine Extra-Portion Rührei, Müsli und Cornflakes mit vielen frischen Früchten und ein Glas Orangensaft sollen mich quasi unverwundbar machen. Denn ich habe einen schwierigen Ausritt geplant. Um meine liebe Freundin und ehemalige Mitbewohnerin zu besuchen, musste ich mich (wieder mal) mitten in's Feindesland begeben.
Gut gestärkt begebe ich mich auf den kurzen Fußweg zum Unterbarmer Bahnhof und bin auch sehr gespannt, was der Bahn-Murphy heute mit mir vorhat. Ich hoffe, er wird sich ruhig verhalten, um in Dortmund schnell wieder in Ricardas Arme zu springen - und dort zu bleiben. Von außen sieht alles noch ganz harmlos aus, aber der Teufel steckt ja bekanntlich im Detail.

Bahnhof Unterbarmen mit Grün drumherum

Auf dem Bahnsteig dann erste Irritationen: Der Zug nach Mönchengladbach auf dem Nachbargleis fällt aus und hat Verspätung. Wie geht das denn? Da Gladbach heute abend in Dortmund spielt, hat man wohl den richtigen Zug geopfert, kein Dortmunder fährt heute nach Gladbach.

Wer will denn nach Gladbach?
Und hier ist gar nix?









Finde den Fehler!

Gleichzeitig auf meinem Gleis eine komplett leere Anzeige. Häää?! Vielleicht bin ich heute so überspannt, dass ich es an den Augen hab? ich drehe mich lieber nochmal um und mache den Uhrenvergleich.
Komisch, siebeneinhalb Stunden sind jetzt nicht grad wenig. Sieben Stunden Zeitunterschied haben wir zwischen Wuppertal und Oklahoma City, wo die gute Christel wohnt. Zeigt die Bahn mir jetzt Oklahoma Ortszeit an?

Meine Murphy-erfahrene Intuition sagt mir jedoch, dass das alles nur Ablenkungsmanöver sind, um mich nervös zu machen. Ich muss ganz ruhig bleiben und mein Ding durchziehen. Zack!

Und tatsächlich kommt meine S7 pünktlich, nach einer Station steige ich in Oberbarmen in den RE4 nach Dortmund um - das klappt alles perfekt. Nun spüre ich fast körperlich, dass Murphy für heute aufgegeben hat und fühle mich endlich mal wieder als Sieger in diesem ungleichen Duell.

Auch der Fußweg vom Dortmunder Hauptbahnhof zur U-Bahnstation Kampstraße scheint keine Gefahr zu sein, da er nur sehr kurz ist. Und genau da passiert es: Achtlos schweift mein Blick umher und landet hier:

Nach ein paar Metern die erste Falle

Wenn ich nicht ganz schnell reagiert und die Augen geschlossen und sie sofort mit dem Reisefläschchen Sagrotan desinifiziert hätte, wäre ich auf der Stelle den Sekundentod gestorben. Plötzlicher akuter Augenkrebs. Ich schwör's!

So gestählt achte ich nun besser auf den Wegrand, überall schwatzgelbe Symbole vom Dönerladen bis zur Kneipe. Selbst in der U-Bahnstation in Etage -3 versucht mich ein Wagen in den Biene-Maja-Farben zu überraschen, aber so kurz vor dem Ziel werden sie mich nicht mehr kriegen. Punkt.

Zwei Freunde im Park

Zwanzig Minuten später ist alles überstanden. Ich stehe vor der Wohnungstür der Freundin und wir beide freuen uns über unsere Wiedersehen. Wir drehen ne Runde im nahen Park und schauen den kleinen Baseballspielern zu, nehmen ein Sonnenbad auf einer Bank, trinken anschließend Kaffee und haben uns dabei einiges zu erzählen.

Lecker Schmecker

Später spielen wir ne Runde Quixx, übrigens ein tolles Spiel, während im Ofen unser Pill-WG-Memoriam-Gemüse-Backblech schmort, dass wir vorher zusammen geschnippelt haben. Und wir haben es noch nicht verlernt, wie sich beim Essen herausstellt. Hach!
Solche schönen Nachmittage vergehen leider immer wie im Flug. Und schon ist es Zeit für den Heimweg. Die U-Bahn kommt pünktlich, der RE4 fährt pünktlich zurück, und ich nehme ab Oberbarmen die Schwebebahn, die derzeit nur am Wochenende fährt, bis zur Völklinger Straße. Durch geschickte Zeitplanung bin ich heute den schwatzgelben Horden in der verbotenen Stadt komplett aus dem Weg gegangen. Und hier im Hotel ist es für mich ein wenig wie Heimkommen.

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