Heute Abend fand der ursprüngliche Anlass für meine Reise an die Wupper statt - die Filmpremiere. Um 18:30 fand die Premierenaufführung des Dokumentarfilms "Einsichten" im Barmener Cinema statt. Als ich nach dem Frühstück gegen halb elf wieder im Hotelzimmer war, fragte ich mich, ob ich die Zeit bis dahin sinnvoll nutzen oder einfach vertrödeln soll.
Soll man nach einem Trödeltag wirklich noch einen zweiten einlegen?
Anders gefragt: Kann man auf einem Bein stehen? NEIN, ich jedenfalls nicht.
Und so legte ich ohne schlechtes Gewissen einen Lese-, Dös-, Espressoklön-Tag im Hotel ein.
Entsprechend ausgeruht machte ich mich um kurz nach fünf auf den Weg, überbrachte Frau Lücke im Bücherladen unsere aktuelle Glücks-Broschüre und diskutierte mit ihr angeregt über die vielen seit Jahrhunderten eingebürgerten maskulinen Pauschalisierungen in unserer Sprache. Mit leichter Verspätung schwebte ich im Café Moritz ein, um mich an einem Stück Waldmeisterkuchen (den mit der Diät-Sahne) und einem Cappuccino zu laben.
Sekunden nachdem ich Fabienne geschrieben hatte, dass es ein paar Minuten später werden könnte, stand sie auch schon vor mir, schneller als der Blitz. Ich hab es gerade nochmal auf meinem Handy kontrolliert, und tatsächlich steht da in dieser Reihenfolge:
17:36 Ich: Bin noch im Café Moritz. Kann ein paar Minten später werden.
17:35 Sie: Kann Dich da einsammeln, wenn Du willst.
So überwinden heutige Generationen Raum und Zeit.
Pünktlich um 18:15 holten wir im Cinema am Wupperfeld unsere reservierten Karten ab. Im Kino staunten wir nicht schlecht, das Cinema war mit über 60 Besuchern rekordverdächtig gefüllt. Der Kölner Filmemacher Christoph Müller begrüßte zu Beginn das Publikum und stellte kurz den Inhalt seines Dokumentarfilms Einsichten vor. Drei Menschen haben den Mut, vor laufender Kamera über ihre Erkrankungen und ihre Erfahrungen mit psychiatrischen Einrichtungen zu berichten. Ich muss sagen, was die drei berichteten, ging mir sehr nahe. Es wirkte total authentisch und offen, und ich habe keinen erhobenen Zeigefinger gespürt. Eine der drei Protagonistinnen war meine Freundin, Mitschreiberin und Künstlerin Carmen. Sie berichtete, wie die beiden anderen Frauen, über ihre negativen wie positiven Erfahrungen mit psychiatrischen und therapeutischen Einrichtungen und darüber, wie sie ihren eigenen Weg gefunden hat, um ihre Krise zu bewältigen. Beeindruckend.
Carmen Rakemann auf der Kinoleinwand |
Im Anschluss beantwortete der Filmemacher noch Fragen aus dem Publikum. Wir waren beide sehr beeindruckt von dem Film, weil er glaubwürdig Dinge zeigte und anspricht, die sonst eher hinter verschlossenen Türen besprochen werden.
Da der Mini-Diät-Waldmeisterkuchen aus dem Café Moritz den Tagesbedarf an Nahrung noch nicht komplett gedeckt hatte und auch Fabiennes Magen mittlerweile laut knurrte, beschlossen wir, den Abend in der Auer Schule bei einer leckeren Mahlzeit ausklingen zu lassen. Und so kam ich beim dritten Besuch in diesem gemütlichen Ambiente endlich zu der mediterranen Knobi-Gemüsepfanne, die mich schon beim ersten Mal angelacht hatte, die aber aufgrund noch leckerer Tagesgerichte zweimal zurückgestellt werden musste. Mir hat es köstlich gemundet, und über den Salat Bombay sagt Fabis Gesichtsausdruck praktisch alles aus.
Richtig, Mani, es ist ganz wichtig zu trödeln.
AntwortenLöschenSich nicht immer unter Druck zu setzen.
Auch, wenn das keiner der Pschychotherapeuten zugibt. Mir tut das gut.
Mir auch.
Löschen