Als ich vor ungefähr einer Woche begann, mich mit dem heutigen Abend zu beschäftigen, wurde mir schon ein wenig flau. ICH sollte eine Lesung aus MEINEM Selbstgeschriebenem halten, pooh!
Aber mal ganz von vorne. Vor ungefähr acht Wochen fragte mich Carmen, ob ich nicht nochmal was lesen wolle, bei Ihr in der Galerie in der Galerie. Ja, richtig gelesen. Carmen Rakemann betreibt eine Kunstgalerie in der Andernacher Stadthausgalerie. Ich bin mit ihr befreundet, seit sie Mitglied in unserem Schreibkurs bei der VHS Andernach ist. Ohne weiter drüber nachzudenken, sagte ich natürlich zu. Wir hatten mit unserem VHS-Kurs schon mehrere Lesungen gemacht, und das hatte mir immer richtig gut gefallen.
01.09.2018 Rheintor - Andernacher Kulturnacht
11.09.2018 Saffiger Schößchen
10.05.2019 Römerbergwerk Meurin - Literarische Schnappschüsse
21.06.2019 Kunstgalerie CR - heimat(en)
Und nun:
31.01.2020 Kunstgalerie CR - Auf dem Weg zu mir
Ich bin, ohne weiter nachzufragen, davon ausgegangen, dass wir wieder mit unserem VHS-Kurs lesen werden, jeder einige Minuten aus seinen Geschichten. Da ich mittlerweile einige Episoden geschrieben habe, würde es mir leicht fallen, eine passende für den Abend rauzusuchen, denn ich hatte in letzter Zeit wegen vieler anderer Projekte kaum noch Zeit gehabt, etwas Neues zu schreiben.Als ich dann Ende Dezember bei Carmen nachfragte, wer von den Anderen denn wann lese und wann ich dran sei, fragte sie erstaunt: "Welche Anderen? DU liest doch an dem Abend!" Sofort verstand ich die Bedeutung dieser Worte und dachte "Auha!" Zum Glück war unser Rahmen überschaubar, auf der kleinen Freifläche in der Kunstgalerie kann man maximal 30 Stühle stellen und Carmen hatte auch gebeten, dass ich bis zu acht Menschen selbst aus meinem Freundes-, Familien und Bekanntenkreis, um die Anderen würden sie und Gabriele sich kümmern. Gabriele Specht-Birlem ist selbst Künstlerin, stellt auch in Carmens Galerie aus und unterstützt Carmen gerne bei solchen Aktionen.
Ich überlegte mir fünfzehn Menschen, die bisher noch keine Lesung von mir gesehen hatten, und schätzte, dass vielleicht die Hälfte davon Zeit und Lust hat, zu kommen. Am Ende waren es nach einigem Hin und Her dann doch zwölf Menschen, die meiner Einladung folgten und dankenswerterweise steckte Gabriele freiwillig zurück, so dass ich niemanden mehr ausladen musste, was mir furchtbar peinlich gewesen wäre.
Der Autor erzählt |
Und es wurde ein richtig schöner Abend. Die Aufregung, die vor einer Woche erstmals meldete, stieg nur langsam und erreichte keine panischen Aggregatzustände. Rita lieh mir einen großen Verstärker aus, Johannes heute noch ein super Mikrofon, und als alles aufgebaut, angeschlossen und getestet war, ging der Puls wieder etwas runter. Passt!
Um sechs sollte es los gehen. Wenn man bedenkt, dass ich um halb fünf noch zu Hause am PC letzte Korrekturen machte und meine Auswahl der Episoden nochmal veränderte, war es schon beachtlich, dass ich kurz nach halb sechs die ersten Besucher in der Galerie begrüßen konnte. Fast alle kamen, und ich erblickt ausschließlich gut gelaunte Gesichter. Gabriele hatte die Käsewürfel-Tomaten-Oliven-Front gestaltet, die wir als Pausensnack anboten.
Pünktlich um sechs ergriff Carmen das Wort, begrüßte die Besucher und stellte die Akteure des Abends vor, also mich, und erzählte dem Publikum, wie toll unser Schreibkurs bei der VHS ist und wie viel wir unserer Dozentin Gabi Keiser zu verdanken haben, die ebenfalls zur Lesung gekommen war. Ja, und dann war ich am dransten.
Meine anfängliche Nervosität legte sich schnell. Das war auch eine beruhigende Erfahrung aus den vorherigen Lesungen. Wenn man erst einmal die ersten Sätze fehlerfrei hinter sich gebracht hat, vergisst man, wie angespannt man vorher war. Immerhin war es meine erste Lesung, die ich sozusagen als Hauptact bestreiten durfte. Wenn mir vor fünf Jahren jemand gesagt hätte, dass ich hier und heute vor 24 Menschen aus meinen eigenen Werken vorlese, den hätte ich gefragt, was er denn geraucht hat.
Das Publikum lauscht gespannt |
Die Zuhörer behielten ihre gute Laune auch während der Lesung bei, dem Beifall nach zu urteilen hat es allen gut gefallen, und ich bekam auch in der Pause und nach der Lesung so viele schöne Rückmeldungen, das hat mir richtig gut getan. Denn es scheint wohl immer so zu sein, dass einem in den Texten, die man ein Jahr vorher siebenmal korrigiert und am Ende für richtig gut befunden hat, eine Stunde vor der Lesung plötzlich Stellen auffallen, die so schlecht sind, dass man sie so nicht stehen lassen kann und erwägt, schnell noch ein paar Änderungen einzupflegen. Da ich meine Murphy-Affinität lang und ausgiebig kenne, habe ich genau davon abgesehen, denn ich weiß, dass mitten in meinen hektischen Änderungsorgien dann entweder der PC abstürzt oder gar noch schlimmeres passieren würde. Also Augen zu und durch, was offensichtlich das Richtige war. Denn die scheußlichen Passagen waren während meines Vortrags plötzlich wieder komplett unsichtbar und mir gefielen die Texte auch wieder wie früher.
Sowohl einige Episoden aus dem Leben von Mike Neuhaus als auch ganz andere Kurztexte wie Heimatlos, Das Walross und der Eiermann und auch die authentische Familiengeschichte vom Naab gefielen den Zuhörern. Und wenn man dann hinterher auch noch von der Dozentin und Krimiautorin ein Lob bekommt, dann MUSS es gut gewesen sein.
Zum Schluss trug auch Carmen noch einen bewegenden Text aus Ihrer Feder vor, der ebenfalls beim Publikum sehr gut ankam und mit viel Beifall bedacht wurde.
Nach diesem schönen Abend bleibt mir nur noch, mich nochmal auf diesem Weg bei allen zu bedanken, die mir dies ermöglicht haben und zu hoffen, dass es nicht das letzte Mal gewesen sein wird.