28 Mai 2018

Nachwuchs an der Uni

Unser Abschlusstag ließ uns genügend Zeit bis zur Abfahrt, so dass wir den Vormittag noch nach eigenem Belieben gestalten konnten. Die Hälfte entschied sich für eine lockere Besichtigungstour durch Oberbarmen. Ich war auf Fabis Angebot eingegangen, den Griffelsberg zu ersteigen und eine Führung durch "Ihre" Uni zu bekommen. Als ich erwähnte, dass ihr dortiges Studium den Schwerpunkt "Geschlechterforschung" hat, beschlossen Luca Thomi und unser Schwarzmeerkönig Ernestov spontan, mit zu kommen und sich für ein Seniorenstudium einzutragen.

Die Bergische Universität zu Wuppertal liegt hoch über der Stadt und bietet von einigen Punkten aus einen tollen Ausblick ins Tal der Wupper. Und da das gesamte Gelände Hanglage hat, gibt es recht viele Türme mit Aufzügen. Ok, die Türme haben auch Treppen, aber die sind wahrscheinlich nur für den Notfall gedacht. Und so überwanden wir viele Höhenmeter beim Streifzug durch die Räumlichkeiten.

 In der Bibliothek war leider kein Lernplatz mehr für uns frei. Ich frage mich allerdings, wie man bei diesem Ausblick überhaupt lernen kann. Von hier aus sieht man auch die beiden Photovoltaik-Ständer und das Windrad, mit dem man hier einen Teil des Stroms selbst erzeugt.

Lernsaal in der Bib
Nach der Bibliothek war eine kleine Pause Pflicht, bevor wir die nächsten Aufzüge erstürmten. Auf dem Foto unten versucht Fabi gerade, meinen beiden Kollegen zu erklären, was sich wirklich hinter "Geschlechterforschung" verbirgt. Den Gesichtern nach zu urteilen, mit mäßigem Erfolg.

Es geht ums Geschlecht, nicht ums Gemächt!
Danach erklommen wir den "Energie-Hügel" und ließen uns unter Solartechnik und Windrad nieder. Der Ausblick von hier aus ist einfach genial.

Blick vom Griffelsberg
Beim anschließenden Mittagessen in der Mensa bekam ich für 8,05 € ein leckeres Rinderhüftsteak, eine Ofenkartoffel mit SourCream, Pfefferrahmsauce, einen leckeren Salatteller nach Wahl und einer Bionade. Kamma nix sagen.

Am Ende gelangten wir pünktlich zum Treffpunkt und schlenderten gemütlich zum Bahnhof. Hier begann dann die Rache der Deutschen Bahn für die störungsfreie Hinreise. Es hatte mich auch schon stutzig gemacht, denn Hin- und Rückfahrt störungsfrei, das wäre ja einem Sechser im Lotto gleich gekommen. Es fing auch ganz harmlos an. Der ICE war mit lediglich 2 Minuten angesagt, alles noch im Rahmen. Jedoch war die linke Hälfte des Bahnsteigs gerade eine Baustelle, die rechte war frei. Dem Wagenstandsanzeiger war zu entnehmen, dass unser reservierter Wagen gerade noch am Rand der begehbaren Zone halten sollte.
Fünf Minuten vor der Zugankunft informierte uns eine kwäkende Lautsprecherstimme, dass unser Zug wegen der Baustelle in Anschnitt A bis C hält. In A bis C WAR die Baustelle! Komisch. Wir also alle mit Rollkoffern, die im Geröllacker nicht rollten, und und allerlei Handgepäck mitten durch den Dreck, wo neben der Absperrung nur noch ein knapper Meter Platz bis zum Gleis blieb. Als wir an der Ansage zweifelten, denn sie machte eigentlich nur umgekehrt Sinn, wurde sie prompt wiederholt.
Und so warteten wir an der Baustelle, bis der ICE einlief - und an uns vorbeifuhr. Lediglich die 1.Klasse-Wagen hielten in Reichweite. Da wir uns nicht darauf verlassen konnten, dass der ICE tatsächlich warten würde, bis wir den vorderen Zugteil erreichen, stiegen wir in der 1.Klasse ein und machten uns auf den beschwerlichen Weg nach vorne, durch die 1.Klasse, das Bordrestaurant und einige 2.Klasse-Wagen, bis wir unseren Wagen 33 erreichten. Kurz nachdem wir saßen, erreichten wir Köln. Umsteigen!
Wenigstens das funktionierte reibungslos. In Bonn blieb der Zug dann eine ganzen Weile stehen, "wegen einer Übergangsstörung", wie man uns mitteilte. Am Ende erreichten wir Andernach mit 20 Minuten Verspätung, das ist in Anbetracht der Tatsachenberichte aus den letzten Jahren geradezu vorbildlich.

Ein, wie immer schöner Kurzurlaub, geht zu Ende. Und ich freu mich auf's nächste Jahr.

27 Mai 2018

Mit Okapis, Bongos und ohne Ameisenbär zur Terrazza

Wir hatten heute das Vergnügen, mit der Schwebebahn einmal bis zu jedem Streckenende und zurück zu reisen. In Oberbarmen verblüffte der enge Wendekreis, in dem die Bah in luftiger Höhe drehte. In Vohwinkel sahen wir eine Weiche, mit deren Hilfe die Wagen auch in die dahinterliegende Wartungs- und Sammelstation laufen konnten.

Weiche an der Endstation Vohwinkel

Kaiserwagen
Auch den historischen Kaiserwagen, mit dem man gegen Gebühr Sonderfahrten machen kann, begegnete uns an unserer Zielhaltestelle Zoo/Stadion. Das "Stadion am Zoo" des Wuppertaler SV befand sich auch in unmittelbarer Nachbarschaft der Schwebebahn.  Die Schilder Richtung Zoo wiesen dahinter alle in eine Richtung: Bergauf.
Bei drückendem schwülen Wetter entpuppten sich mein Freund Silberhelm und ich als körperlich am wenigsten belastbar, so das wir uns gegenseitig stützten, um den Anstieg bewältigen zu können. Fünf Minuten nach den Anderen erreichten wir den Eingang des Zoos. Es lohnte sich, die Anlage ist sehenswert. Sie hat nur einen Nachteil: Sie ist in den Hang eines hunderte Meter hohen Bergs gebaut, so dass wir auf dem kilometerlangen Rundkurs viele Höhenmeter zu bewältigen hatten. Von Seelöwen über Schlangen, Vögel, Raubtieren bis hin zu den Elefanten war vieles vertreten.  Unter Anderem trafen wir auf einen Bongo, der unserem gleichnamigen Kollegen gar nicht ähnlich sieht.
Der Bongo an sich
Das Okapi erinnerte mich sofort an Mariana Lekys wunderbaren Roman aus dem Westerwalddörfchen, in dem immer, wenn die alte Selma im Traum ein Okapi sieht, am nächsten Tag jemand stirbt. Müsst Ihr unbedingt lesen!

Ein scheues Okapi von hinten
Als dann am Gehege unser Kollege Ameisenbär (Anreise siehe vorgestern) erstmals einem Artgenossen live gegenüberstand, haute ihn das so um, dass er kurz darauf leider die vorzeitige Heimreise antreten musste. Nachdem wir uns am Okavango mit Curry/Pommes/Mayo und anderen gesunden Leckereien gestärkt hatten, waren wir am Ende unserer vierstündigen Bergwanderung ganz schön platt (jedenfalls die Älteren unter uns), so dass wir im Hotel eine dreistündige Pause zur Augenpflege nutzten (während das Jungvolk weiter shoppen ging).

Auf der überdachten Terrazza
Am frühen Abend dann ein Highlight beim Italiener. Im offenen ersten Stock des "La Terrazza" speisten wir sehr lecker mit Blick auf die Straßen am Rande des Luisenviertels. Ich sag nur "Fettucine mit Lachs, Bärlauchsauße und grünem Spargel", vorzüglich! Hinterher eine Creme Brûlée vom Feinsten, natürlich mit Diät-Caramel, versteht sich, und ein Espresso Macchiato der guten Sorte.
Überschattet wurde das Essen von einem Wasseranschlag, den mein Kollege Luca Thomi jedoch ohne langfristige Schäden an Hemd und Hose überstand. Sollte einer von Euch mal hier vorbeikommen, unbedingt den Waschraum vor den Toiletten im Keller begutachten. Sehr einfallsreich gestaltet, das Teil!

Blaubeer-Granatapfel-Minze-Tee und eine
Handmade-Limo - unsere Absacker

Der Absacker im Extrablatt direkt neben dem Hotel rundete einen kulinarischen Bergwandertag sauber ab. Morgen früh will Fabi uns auf den Griffelsberg zur Uni begleiten, das wird auch nochmal spannend. Morgen nachmittag geht's schon wieder Richtung Heimat, aber es hat sich jetzt schon gelohnt.

26 Mai 2018

Karawane mit Portugiesen zum Flohmarkt

Ein Flohmarkt direkt unter der Schwebebahn, wow! Das lockte uns heute morgen natürlich mit der Schwebebahn zur Sonnborner Straße. Es fühlt sich eigenartig an, mit unserem Zug über den Köpfen der Leute daher zu schweben. Und anfangs noch eigenartiger, wenn einem beim Flanieren der Zug über dem Kopf hängt. Aber das legt sich nach einer Weile, weil man von dem riesigen Angebot so erschlagen ist, dass man die Bahn alle 5 Minuten fast ignoriert. Auf einem solch riesigen Flohmarkt bin ich ewig nicht mehr gewesen. Da es überall von Büchern, CDs und Fußball-Devotionalien wimmelte, nahm ich mir vor, jeden einzelnen Stand wenigstens kurz zu inspizieren. Und so wurden es Stunden, bis wir durch waren. Luca Thomi und König Ernestov gingen ebenfalls diesen beschwerlichen Weg, am Ende hatten wir Glück, dass uns zwei ältere Damen gerade einen Platz beim Italiener frei machten.
Mit meinen insgesamt 4 CDs für 10 Oere hatte ich echt ein Schnäppchen gemacht. Die Tatsache, dass ich daheim seit Monaten ausmiste und woanders genau so viel dazu kaufe, lasse ich jetzt mal außen vor. Ich kann ja nicht auf alles achten. Ich konnte sogar meinem ständigen Verfolger helfen, der mir irgendwann an jedem CD-Stand beim Durchblättern der Ware über die Schulter schaute. Als er zum ersten Mal sagte "Moment mal, kannst Du nochmal zwei zurück?", kamen wir ins freundschaftliche Gespräch und ich fand tatsächlich viele Ständer weiter die von ihm gesuchte Badfinger-CD, auf der "No Matter What" enthalten war.

Der Clou war jedoch der Stand mit dem neuen Buch zum Wuppertaler SV. Ein großformatiger Band mit den 25 legendärsten Spielen des WSV, das reizte mich sehr. Als mir der nette Verkäufer dann erzählte, dass er selbst der Autor ist und wegen Buchpreisbindung leider an die 19,50 gebunden ist, entwickelte sich ein Gespräch, wie es nur zwischen Herzblut-Fußballfans möglich ist.
"Woher kommst Du denn?"
"Aus der Nähe von Koblenz."
"Oh, TuS oder Rot-Weiß-Anhänger? Ich hab das Rheinlandpokalfinale gesehen!"
"Eigentlich keins von beiden. Mein Herz schlägt im Ruhrstadion."
"WAAAS?! Im schönsten Stadion Deutschlands? Hör mal, ich hab was für Dich!"

Er verschwindet hinter den Stand, zieht ein VFL-Trikot hervor, das Trikot von Björn Joppe.
Joppe, ein Wuppertaler Junge, kam nach der A-Jugend in die Bochumer Reserve, um 2001 nach fünf Jahren mit vereinzelten Einsätzen im Erstligakader, richtig in die Profimannschaft befördert zu werden. Hier spielte er zwei Saisons, kam aber über ein Reservistendasein nicht hinaus. Die mit ihm spielten, haben sich auf dem Trikot verewigt, Slawo Freier, der Gefahrenhorst, Christiansen, Colding und viele andere. Ob auch Darek mit dabei ist, oder Rein van Dujnhoven, werde ich zu Hause beim genauen Analysieren der Autogramme feststellen. Für den Freundschaftspreis von 20 Ocken überließ mir der nette Thomas Besche das Trikot und signierte mir auch das Buch. Falls ihr jemand fröhlich, aber falsch singen gehört habt, das kann ich gewesen sein.

Somit bestens ausgerüstet, machten wir uns auf den Weg zum Katzengold ins Luisenviertel, wo wir mit dem Rest der Crew speisten. Leider war draußen nicht genügend Platz, so dass die später gekommenen drinnen Platz nehmen mussten. Die Salate waren klasse. Meine Empfehlung. Solltet ihr mal in der Nähe sein, geht hin!

Da uns Shoppen nicht so wirklich antörnte, beschlossen Gerd und ich, den Nachmittag an der Wupper zu verbringen. Ausgestattet mit kalten Getränken und Lesestoff, schwebten wir bis zur Endstation Oberbarmen, wo die Wupper einseitig mit Wegen, Wiesen und Bänken ausgestattet wurde. Bei warmem Wetter füllten sich die Anlagen schnell und wir hatten Glück, dass ein freundlicher Mensch uns gestattete, neben ihm auf der Bank die beiden letzten Sitzplätze zu belegen. Wir kamen flugs ins Gespräch und es stellte sich schnell heraus, dass mein neuer Freund Portugiese ist und sich mit den vielen anders aussehenden Menschen auf den Wupperwiesen sehr schwer tut. Da er dies auf eine sehr anständige Art kommunizierte (und ich ihm freundlich meine gegenteilige Ansicht mitteilte), wurde das echt ein netter Nachmittag. Ich hab es bis jetzt noch nicht wirklich begriffen, was einen Ausländer dazu treibt, sich mit Ausländern schwer zu tun (außer mit katholischen). Very strange, indeed.

Für mich war der Nachmittag genau der gegenteilige Beweis, als ich zusehen konnte, wie hell- und dunkelhäutige, verschleierte und halbnackte, junge und alte Menschen mit und ohne Kinder oder Hund den Tag geniessen konnten, ohne sich an die Gurgel zu gehen. Da geht mir das Herz auf.

Zum Abendessen gingen wir gemeinsam vom Hotel aus in zehn Minuten zur Karawane, einem empfehlenswerten arabischen Restaurant in einer Elberfelder Seitenstraße. Zu siebt ließen wir uns eine Vorspeise mit 20 Tellern servieren, auf jedem Tellerchen was anderes. Jeder kostete von allem, und alles schmeckte gut, aber anders. Müsst ihr auch mal probieren. Die Hauptgerichte waren genauso lecker und auch erschwinglich. Am Ende dieses langen Tages reicht meine Rest-Energie nicht mehr für's Champions-League-Finale, sondern nur noch für diesen kleinen Bericht.

25 Mai 2018

Auf dem Planetenpfad zur Utopiastadt

Eine ungewöhnliche Reise begann heute in Andernach. Fast alle waren pünktlich am Bahnhof (bis auf einen Ameisenbär), DER ZUG AUCH! Umstieg in Köln PÜNKTLICH und AUF DEM GEPLANTEN GLEIS! Ankunft in der Baustelle Wuppertal fast PLANMÄßIG! Solcherlei Dinge sind bei meiner geliebten DEUTSCHEN BAHN bekanntermaßen mehr als selten, vor allem in der Kombination.

Die glorreichen Sechs vor der ewigen Baustelle Wuppertal

Zwei Sonnenkinder

Heut nachmittag besuchten wir eine liebe, junge Dame in Barmen und entdeckten den dortigen Planetenpfad, der bei einer geteilten Sonne im Werth begann. Nach mühsamer Suche kamen wir bis zum Mars. Die Dimensionen, die sich einem beim Betrachten der Größenverhältnisse und Entfernungen erschließen, sind mit menschlichem Geist kaum zu erfassen.

Der anschließende Besuch in Fabis Lieblingscafé lohnte sich dann richtig. Das Café Moritz ist schnuckelig gemütlich mit außergewöhnlichen Ideen. So konnten Fabi und ich dem Mürbeteig mit Käsecreme, Erdbeeren, Vanille und Basililkum nicht widerstehen - und das Zeug schmeckte einfach wunderbar!

Dann ersparte mir eine gnädige (rumänischstämmige) Apothekerin nach einem Telefonat mit meinem (rumänischstämmigen) Hausarzt den Rückweg nach Hause, wo meine Tabletten auf dem Küchentisch reisefertig portioniert lagen. Oder zum Hausarzt, wo mein Rezept seit Tagen abholfertig lag. Ich liebe Rumänien!

'We are Rome' goes Utopia

Zurück im Hotel war der Aufenthalt nur kurz, der Bus zum Mirker Bahnhof erwarteter uns am Wall. Das Konzert von "We are Rome" und "Frogcodile" in Utopiastadt erlebten wir für einige Songs hautnah im kleinen Saal. Allerdings lieferten sich trotz toller (und sehr lauter) Musik Gehörgänge und Tinnitus einen derart erbitterten Fight, dass wir uns wieder auf die Terrasse begaben, wo wir bei geöffneter Saaltür in angenehmer Lautstärke bei Bier und Rhabarberlimo den Klängen lauschen konnten.

Mit dem Gitarristen Hannes Porombka hatte ich noch ein sehr interessantes Gespräch über zukünftige Planungen und Visionen, ich hoffe sehr, da wird was draus.

Den Rückweg kurz nach elf nahmen wir zu Fuß, das ging bergab ganz gut bis zum Hotel. Und jetzt schließe ich für heute, weil mir sonst die Äuglein zufallen.

12 Mai 2018

Retro-Skat, die Dreizehnte

Radio Memory vermeldet einen weiteren schönen Skatabend mit den Altkumpels in meiner alten Heimat. (Wieso kommt eigentlich in dem Satz das Wort ALT so oft vor?) Wir konnten lange auf Toms herrlicher Terese zocken, mit Blick über den Kirmesplatz bis auf die andere Rheinseite. Draußen an der frischen Luft spielt sich doch ganz anders, wenn die Gehirnwindungen von einem lauen Abendwind durchgepustet werden. Als es gegen halb zehn dunkel wurde, lag unser Chefstatistiker mit drei verlorenen Bierlachsen scheinbar aussichtslos hinten. Seine Frischluftallergie machte ihm offensichtlich mehr zu schaffen, als er glaubte. Mich beflügelte meine erste Fantje-Sumatra nach Monaten sichtlich, trotz teilweise hundsmiserabler Karten kam ich nie ernsthaft in Bedrängnis.
Der Biker und der Statistiker auf der Terese
Nach dem Umzug ins Wohnzimmer und mit einigen selbstgestopften Glimmstengeln auf der Lunge spielte unser Statistiker plötzlich glänzend auf. Selbst eine kleine eigenhändig durchgeführte Zahn-OP brachte ihn nicht mehr vom Siegesweg ab. Dafür beflügelten Bier und Wein unseren Gastgeber zu Höherem, jedoch geriet er dabei regelmäßig aufs Glatteis und hatte die nächsten beiden Lachse an der Backe.
Eine blütenreine Weste
Weil sie mich so nicht gehen lassen wollten, rotteten sich die beiden zu einem abschließenden Malenko zusammen. Sie glaubten tatsächlich, ihre Chancen bei einem höheren Zufallsanteil steigern zu können. Das Ergebnis war ernüchternd (für die beiden) und überragend (für mich) zugleich: --->
Der Kesselheimer Ramsch ist echt eine Kunst für sich, der ist nur glockennüchtern richtig zu verstehen.

10 Mai 2018

Creedence - Erinnerung an die Helden

Den Spezialauftrag eines alten Kumpels hatte ich vor Wochen liebend gerne angenommen: Eine CD zu basteln mit allen Charthits der besten Band aller Zeiten, Creedence Clearwater Revival, auch gerne "ßie ßie Aar" abgekürzt. Oder wie wir in unseren jungen Jahren mangels guter Englischkenntnisse sagten: "Ze Ze Err".
Quelle: Von Fantasy Records - eBay itemphoto frontphoto back, Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=19776032
von links nach rechts: Tom Fogerty, Doug Clifford, Stu Cook und John Fogerty
Gestern Abend war der richtige Zeitpunkt. Viele Erinnerungen kamen spontan in mir hoch. An eine Jugend, in der die Creedence-Hits der Endsechziger noch gespielt wurden, auf jeder Fete, die damals noch Party hieß. Die goldenen Jahre der Band (damals sagte man "Gruppe") waren eigentlich gerade vorbei, als ich im Alter von 13 Jahren 1970 den kontinuierlichen Wechsel von Mary Roos und Michael Holm hin zu Deep Purple, Black Sabbath, Free und besagten C.C.R. in Angriff nahm. Damals waren Popsongs nach zwei Jahren noch keine Oldies. So wurden alle Creedence-Hits noch jahrelang immer und überall gespielt.

Wenn einem Peter Alexanders "Kleine Kneipe" und Heinos "Karamba, Karacho, ein Whisky" damals trotzdem noch gefielen, behielt man das besser für sich oder hörte die Peinlichkeiten bei einem Freund, der die Singles besaß und ebenfalls für gut befand. Auch andere Auswüchse wie Tony Marschalls "Schöne Maid" oder Martin Manns "Meilenweit" konnte man ein Jahr später in der Kellerbar der Eltern eines Freundes noch hören, wenn keiner von den angesagten Jungs dabei war. Selbst Ray Millers "Caroline (Du flotte Biene)" wurde dort mitgesungen. Daliah Lavi hingegen war auch offiziell zulässig, die sah gut aus, hatte Ausstrahlung und wartete auf einen ("Ooooooh wann kommst Du?"). Aber spätestens das Erscheinen von Uriah Heep bedeutete das definitive Ende aller Schlagermutanten.

Einen unnützen Luxusgegenstand wie einen Plattenspieler gab es im elterlichen Haushalt nicht. Um den als Schüler mit einem Mini-Taschengeld zu finanzieren, hätte ich bis ans Ende des Studiums gebraucht. Daher war Ferienarbeit angesagt in der nahen Blechwarenfabrik. Aber sich von der Kohle einen Plattenspieler anzuschaffen, erschien mir damals völlig unsinnig, da ich von meinem Mini-Taschengeld eh keine Platten kaufen konnte. Also wurde zuerst in ein Tonbandgerät investiert. Mit dem Mikrofon lag ich vor dem alten Röhrenradio und nahm alles auf, was an Rock und Pop gedudelt wurde. Mittelwelle bei Radio Luxemburg hatte eine furchtbare Qualität. Südwestfunk 3 - Pop Shop auf UKW mit den Top Ten von Frank Laufenberg waren die klar bessere Alternative.

Aus dieser Zeit stammt meine Verbundenheit mit Creedence, die mich mit jedem ihrer Lieder völlig umhauten. In den monatlich erscheinenden TOP-Schlagertextheftchen wurden zunehmend englische Lieder mit deutschen Übersetzungen veröffentlicht, die verschlang ich, um alles richtig mitsingen zu können. Ich kann heute sagen, dass ich aus übersetzten Songtexten mehr Englisch gelernt habe als in der Schule. Jahrzehntelang war dann die Musik von John Fogerty und seiner Band eine der wenigen Beständigkeiten in meinem Leben. Alles, was ich von Creedence kriegen konnte, hatte ich inzwischen auf Kassetten aufgenommen, und die wurden gnadenlos immer wieder durchgenudelt, vor und zurück.
Als mein Leben dann irgendwann eine 180°-Wendung nahm, kam auch Creedence mit auf die andere Seite, als eine der wenigen Dinge aus dem alten Leben.
Das Comeback-Album von John Fogerty, Centerfield, fiel zwar noch in mein altes Leben und hatte meinem Creedence-Kult wieder Auftrieb gegeben, das Folgealbum "Eye of the Zombie" begrüßte mich bereits im neuen Leben. Aber irgendwann Ende der 90er merkte ich dann, dass ich dieser Musik völlig überdrüssig war, ich hatte alles zu oft gehört, ich konnte es nicht mehr hören. Eine schlimme Feststellung für mich, sowas wie der Verrat an den alten Helden. Die Band hatte sich zwar bereits 1972 aufgelöst, aber John Fogerty spielte ja weiter, und er WAR Creedence.
Als John dann 2005 erstmals wieder nach Deutschland kam, entbrannte das alte Feuer sofort wieder. Mein jüngerer Bruder, den ich als Jugendlicher mit dem ständigen Spielen der Creedence-Hits vom Band sozusagen zwangsinfiziert hatte, freute sich genauso wie ich, als wir die frohe Kunde vernahmen: Am 18.03.2005 spielt unser Held in Köln im Palladium. Wir haben uns damals sofort Tickets besorgt und das Konzert besucht. Ein einmaliges Erlebnis. Die nächsten 3 Jahre folgten mit Auftritten in Hamburg und Bonn. Dann hatten wir das Gefühl, es ist jetzt genug. Wir haben den alten Helden würdig verabschiedet. Seitdem habe ich wissentlich keine Creedence-CD mehr aufgelegt.

Und nun das: Ein Sampler für den Kumpel! Nach 10 Jahren Creedence-Entzug war ich sofort wieder voll drauf, als ich gestern Abend am PC begann, die Songs zusammen zu stellen. Da war er wieder, der schlimme Slang von John Fogerty, wer kennt nicht den Refrain von "Down on the cormer"?
Die erste Zeile versteht man gut, ist ja auch der Liedtitel, aber was kommt danach? Ich hab immer sowas verstanden wie:

Down on the corner,
early in the street,
play in the bockbone and the pen,
plinga nipple dapper feet.

Gibt natürlich überhaupt keinen Sinn. Besonders die dritte Zeile konnte ich auch nach hundertmal Hören nicht sinnvoll interpretieren. Jaaa, der Slang. So heißt es richtig:
Down on the corner,
out in the street,
Willy and the Poor Boys are playin',
bring a nickle, tap your feet.

Nachdem die CD mit den Charthits fertig war, fiel mir mal wieder auf, dass viele der besten Songs gar nicht als Single in den Charts waren, sondern nur auf den LPs zu hören waren. So kam ich nicht umhin, sofort eine zweite CD zusammen zu stellen mit den Stücken, die auf keinen Fall fehlen dürfen. Z.B. das witzige "It came out of the sky" von der LP "Willy and the Poor Boys", auf der auch das gerade erwähnte "Down on the corner" zu finden ist. Ein UFO stürzt auf dem Acker des Bauern Jody ab, in einer Zeit, als Ronald Reagan Gouverneur von Kalifornien ist ("Ronnie the Popular"). Wie alle inklusive Ronnie dann darauf reagieren, ist krude und sehr realitätsnah.

Oh, it came out of the sky, landed just a little south of Moline
Jody fell out of his tractor, couldn't believe what he seen
Laid on the ground and shook, fearin' for his life
Then he ran all the way to town screamin' it came out of the sky
Well, a crowd gathered 'round and a scientist said it was marsh gas
Spiro came and made a speech about raising the Mars tax
The Vatican said, "Woe, the lord has come"
Hollywood rushed out an epic film
And Ronnie the popular said it was a communist plot
Oh, the newspapers came and made Jody a national hero
Walter and Eric said they'd put him on a network TV show
The White House said, "Put the thing in the blue room"
The Vatican said, "No, it belongs to Rome"
And Jody said, it's mine but you can have it for seventeen million
Oh, it came out of the sky, landed just a little south of Moline
Jody fell out of his tractor, couldn't believe what he seen
Laid on the ground a shakin', fearin' for his life
Then he ran all the way to town screamin' it came out of the sky
Oh

Ok, die zweite CD mit den versteckten Diamanten liegt fertig vor mir, und ich bemerke, dass ja noch ganz entscheidende Teile fehlen, denn beide CDs enden 1972 mit der Auflösung der Band. Aber danach kamen von John noch so viele tolle Sachen, ich muss noch eine dritte Scheibe mit dem Besten von John Fogerty solo machen. Natürlich muss ich an die Geschichte mit Saul Zaentz denken, dem Manager der Plattenfirma Fantasy Records.
John Fogerty 2010 Ottawa
Das Label besaß dank eines Knebelvertrags die Rechte an Fogertys Hits. Als Fogerty seine Band verließ und eine Solokarriere startete, verklagte ihn Zaentz wegen Selbstplagiaten. Als Fogerty nach 10 Jahren Rechtsstreit endlich wieder eine Platte ("Centerfield") veröffentlichen durfte, war der Old Man wieder Down the Road. Und er rächte sich mit eindeutig zweideutigen Songs wie Mr. Greed und Zanz Can’t Danz, der nach weiteren Rechtsstreitereien schließlich in Vanz Can’t Danz umbenannt wurde.
ZANZ VANZ Can't DANZ erzählt von einem kleinen unbedarften Jungen namens Billy, der durch die Straßen zieht und mit seinem Radio Musik macht und die Leute zum Tanzen bringt, während ein kleines Schweinchen namens ZANZ VANZ die Menschen beklaut.

Out in the street a crowd is gatherin',
Pushed down by the heat of the building, they're wantin' to dance.
Makin' their way up the street, a boy with a pig and a radio;
Little billy can work on the crowd, put 'em into a trance,
For the little pig vanz.
Vanz can't dance, but he'll steal your money,
Watch him or he'll rob you blind.
You're watchin' 'em dance, not a care in the world;
So billy and vanz get busy, they're makin' their move;
The little pig knows what to do, he's silent and quick, just like oliver twist;
Before it's over, your pocket is clean,

A four-legged thief paid a visit on you.

Ich hatte bereits die Original-LP mit "ZANZ" gekauft, als weltweit alle LPs aus den Geschäften zurückgenommen wurden und gegen eine neue LP mit VANZ ausgetauscht wurden. Ich habe mir auch die VANZ-LP besorgt. Seltsam, ich verstehe beim Zuhören immer noch ZANZ 😜😝😝
Auch bei Mr. Greed kann man in dem Zusammenhang schnell erkennen, wen er damit meint:

Mr. Greed, why you got to own everything that you see?
Mr. Greed, why you put a chain on everybody livin' free?
You're hungerin' for his house, you're hungerin' for his wife,
And your appetite will never be denied.
You're a devil of consumption; I hope you choke, Mr. Greed.

How do you get away with robbin'? Did your mother teach you how?
I hear you got away with murder, did you do your mama proud?

Mr. Greed, why you got to take more than you can ever use?
Bring 'em to their knees; isn't it enough just to win while they lose?
You bring no honor to the game, you feast upon the blood and pain,
But the bones you hoard can only bring you shame.
There's corruption in your path, be that your epitaph, Mr. Greed.

Allein wie er das raushaut, mit welcher Gewalt und welchem Zorn in der Stimme, das beeindruckt mich immer wieder. Und so sitze ich jetzt am Küchentisch, bin am Ende der zweiten CD bei "Keep on chooglin'" angelangt, und schwelge in schönen Erinnerungen wie z.B. beim schönsten mir bekannten Lied übers Sterben und Verabschieden, "Sail away", dass er auf der 1986er LP "Eye of the Zombie" veröffentlicht hat.



There's a light up in the sky,
I see the silent ship, 
And it's calling you and I,
And if you listen close, 
The reasons all come clear,
I'm ready now to go, 
There's nothing left to fear.
Oh there's nothing left to fear.

Leavin' all of this pain behind, gonna sail away,
Lettin' all of these chains unwind, gonna steal away.

Mama, come look quick 
Do I see an open door?
The passageway is lit, 
An' it's time to get on board.
What wonders we will see, 
What beauty to my eyes,
So come along with me, 
Across the rainbow sky,
Across the rainbow sky.

Leavin' all of this pain behind, gonna sail away,
Lettin' all of these chains unwind, gonna fly away,
Makin' over this troubled mind, gonna wash away,
Leavin' all of this doubt behind, gonna sail away.

Mama, come look quick 
There's a light up in the sky,
I see the silent ship, 
And it's calling you and I.
..........

04 Mai 2018

Glänzende Aussichten im Museum

Die heutige Vernissage der Karikaturenausstellung im Stadtmuseum war eine super gelungene Veranstaltung. Selbst der Vorlauf mit Rednern, eigentlich immer ein ungeliebter Teil, was aber niemand offen auszusprechen wagt, bot eine Fülle von interessanten und kritischen Informationen.
OB Hütten eröffnete gewohnt souverän und zeigte erste Ansätze einer nachhaltigen Stadtentwicklung in Andernach auf. Florian Meissner von misereor berichtete von erschütternden Realitäten an vielen Orten der Welt, Christoph Bals von germanwatch zeigte einige mutmachende Entwicklungen auf und Prof. Dr. Martin Pudlik von der TH Bingen erzählte auf unterhaltsame Art und Weise, was er und seine Studierenden so alles auf die Beine stellen.
Quelle: misereor
Die 99 großformatigen Karikaturen der Ausstellung zum Thema "Klima, Konsum und andere Katastrophen" legten auf teilweise schwarzhumorige Weise den Finger in viele Wunden, man schämte sich fast, weil man trotz des ernsten Themas lachen musste. Ich kann nur jedem empfehlen, sich die Ausstellung mal anzusehen und darüber nachzudenken, was so alles schief läuft in dieser unserer Welt.
We are Rome
Dass danach die Band "We are Rome" komplett solarstrombetrieben im Museumshof ihr kleines Konzert eröffnete, hat mich besonders gefreut. Ich war in einem RZ-Artikel im letzten Jahr auf die Jungs gestoßen. Dass meine engagierte Kollegin Ricarda dieses Event sowohl mit der Band als auch mit Prof. Pudlik und seinem Studierenden-Team der TH Bingen samt des energetischen Equipments auf die Beine gestellt hat, ist einfach klasse. Der gleichen Meinung war auch der Wettergott, der uns heute einen superblauen Himmel bescherte. Das ist genau der frische Wind, der einer solchen Museumseinrichtung sehr gut tut.

Frogcodile
Die Jungs machten dann zu meinem Entzücken auch noch hinreißend schöne Mucke, ebenso wie die special guests, Frogcodile aus Wuppertal. Die beiden Auftritte hätten sicher ein paar mehr Zuschauer verdient gehabt, aber das kann ja bereits beim geplanten nächsten Auftritt in Andernach der Fall sein. Beiden Bands scheint es bei uns gefallen zu haben.
Bereits gestern abend hatte ich zufällig gelesen, dass beide Bands am 25.5. in der Wuppertaler Utopiastadt einen weiteren gemeinsamen Auftritt haben, genau dann, wenn ich mich mit einigen Kollegen in Wuppertal befinde. Da Hannes Porombka von "We are Rome" mir sagte, dass schon ziemlich viele Tickets verkauft seien, hab ich mir, als ich heut abend nach Hause kam, sofort online 3 Tickets gesichert.

Für mich war es ein sehr schöner Tag. Ich hatte Gelegenheit, einige Jungs von den Bands und auch Prof.Dr. Pudlik persönlich kennen zu lernen, mit denen ich bisher nur per eMail zu tun hatte. Willy und Carmen waren meiner Last-Minute-Einladung zum Konzert gefolgt, und zum Abschluss haben Carmen und ich uns noch einen leckeren Salat draußen am Casa gegönnt.