18 November 2020

Die Klieburjer onn die Jeläser - onn die Zufäll

Einen kurzen Abriss der letzten "zufälligen" Tage musss ich jetzt niederschreiben, bevor ich eine Woche später die Hälfte wieder vergessen hab und die andere Hälfte einfach nicht mehr glauben kann. Ich muss jetzt schon anhand von Kalendereinträgen und Nachrichten mühsam rekonstruieren, was in welcher Reihenfolge passiert ist.
Begonnen hatten die Magical Mystery Tours ja schon vor drei Wochen mit den Irrungen und Wirrungen um die weißen Türme und Kugeln rund ums Brohltal, der geneigte Leser wird sich erinnern, an das hier und das hier.

Letzte Woche Freitag erwähnt mein Bruder, dass die Nachtsheims in Kölle ja für uns immer noch ein totales Rätsel sind. Viele Namen, viele Infos und keine Ahnung, wie das alles zusammen gehört und woher die alle kommen. Ich stimme ihm zu und beschließe, bei Martina aus Kölle nochmal nachzuhaken, denn die wollte uns die Infos aus ihrer Familie geben, kam aber wegen verschiedener Umstände noch nicht dazu. Letzter Kontakt im April diesen Jahres. Ich beschließe, in den nächsten Tagen bei Martina nochmal nachzufragen.
Kurz darauf schickte mir Isabel einen total interessanten Link zum Thema "Zufall". Das hat tatsächlich jemand wissenschaftlich untersucht und der hat festgestellt, dass es zweierlei Zufälle gibt, die zufälligen und die "dasWorthabichvergessen". Der kurze Videoclip zur Einführung ist schon so faszinierend, dass ich beschließe, mich unbedingt weiter damit zu beschäftigen.
Bevor ich überhaupt daran denken kann, Martina aus Kölle zu schreiben, sehe ich eine Nachricht von  Martina:
"Hallo Manfred, ich weiß nicht wie und warum, aber ich sehe Deine Nachricht genau heute!"
Es ist aber nicht die Martina aus Kölle, sondern Martina aus Österreich. Und meine Nachricht, von der sie schreibt, ist vom 10.Februar diesen Jahres. Und sie gibt mir die Informationen über ihre österreichischen Nachtsheims, auf die ich seit Februar warte.

Am nächsten Tag waren wir uns ja dann einig in Einig, dass die Begegnung mit dem älteren Herrn, der uns dann zum Ortsbürgermeister brachte, dessen Frau uns so toll weiterhalf und uns zum Abschied mit selbstgemachten Nussecken bedachte, schon ein komischer Zufall war. Aber ein schöner.

Als wir danach bei Kaffee und Nussecken zusammensitzen, erzähl ich die doppelte Martina-Geschichte meinem Bruderherz, und der staunt genauso wie ich über den unerklärlichen Zufall. Anscheinend ist uns der Gott des Zufalls wohl gesonnen, auch wenn er hier zwei Martinas bei der Gedankenübertragung verwechselt hat. Ich beschließe, die Gunst der Stunde auszunutzen und am Sonntag unbedingt Martina aus Kölle anzuschreiben.

Am Sonntag nach dem Frühstück, so gegen 13 Uhr, kommt eine Nachricht via Messenger an. Von Martina. Aus Kölle. Ja, genau die, die ich gleich erst fragen wollte.
"Hallo Manfred hoffe es geht dir gut? Mein Dad fragt mich gerade ob du mit einer Zahnärztin in Koblenz verwand bist???"
Und von ihr erfahre ich dann, dass ihr Opa aus Koblenz ist und noch vieles, vieles mehr über die Kölner Nachtsheims. HA! Danach brauche ich frische Luft. Da mein Brüderlein unterwegs ist, beschließe ich spontan, nach Wassenach zu fahren und mir dort ein wenig die Beine zu vertreten. Dort bin ich wohl zwanzig Jahre nicht mehr gewesen, früher waren wir ab und an zu Familienfeiern im Gasthaus Müller, dass weitläufigen Verwandten von uns gehörte. Ich parke vor der Klieburger Scheune, die ich mir ohnehin mal anschauen wollte, sonntags ist zum Brötchenverkauf aber nur bis 13 Uhr geöffnet. Als ich dann durch das Dorf schlendere, bestaune ich ein prächtiges Gebäude mit fremdländischen Inschriften, dass mir völlig unbekannt ist.

Buddhistischer Tempel mitten im Ort

Ein freundlicher Herr kommt des Weges, ungefähr in meinem Alter, und fragt mich, ob ich was suche und ob er mir helfen könne. Es entwickelt sich ein schönes und interessantes Gespräch, indem ich erfahre, dass Herr Koll der Eigentümer diese Hauses ist, dass dies ein buddhistischer Tempel ist, dass wir sowohl in Kell als auch in Kesselheim einige gemeinsame Bekannte/Verwandte/Freunde haben. Und außerdem ist er sich sicher, dass ich in Wassenach auch Verwandte hab, denn ich ähnele dem ehemaligen Ortsbürgermeister, als könne ich sein Bruder sein. Der wohne übrigens direkt die Straße hoch.

Nochmal Buddha

Er ist der ungefähr fünfte, der mir dies in den letzten Jahren erzählt. Zwei Freundinnen haben mich vor Jahren schon im Bus einer Kaffeefahrt freudig, aber überrascht begrüßt. "Was machst Du denn hier?". Um dann festzustellen, dass sie mit einem fremden Mann, besagtem Ortsbürgermeister sprachen.
Aber den jetzt aufzusuchen, ist irgendwie zu viel für diesen Sonntag. Erst die doppelte Martina, nun nach dem Erlebnis in Einig der zweite Ortsbürgermeister, ich verschiebe das lieber auf ein anderes Mal.

Zwei Tage später, Dienstags mittags, ruft mich nach langer Zeit Christoph an, ein netter Bekannter/Verwandter, der ebenfalls Familienforschung betreibt. Er hat herausgefunden, dass es über den Laacher Hof in Glees eine weitere verwandtschaftliche Verbindung zwischen uns gibt, und noch vieles mehr. Christoph ist ein sprudelndes Lexikon, der all seine 8.500 Verwandten auswendig kennt und auf Knopfdruck mit Geburtsdatum und 8 Generationen Vorfahren aufsagen kann. Und meine Verwandten noch dazu. Ich bin immer etwas neidisch auf dieses Gedächtnis und werde nie begreifen, wie er das schafft.
Da gerade mein Bruder für einen weiteren gemeinsamen Ausflug im Anmarsch ist, fällt schnell die Entscheidung: Mir fahre nôh Jeläs, dem Geburtsort unserer Oma! Und wir schauen uns den Hof unserer anderen Vorfahren an. Glees ist der Nachbarort von Wassenach, wo ich gestern alleine war.
Wir parken in irgendeinem Sträßchen am Ortsrand und spazieren rund um die kleine Kirche, schauen uns dann im Ort um und gehen auf's Geradewohl los, der Ort ist nur klein, irgendwann werden wir vor dem Laacher Hof stehen, den Christoph beschrieben hat. Durch eine Baustelle müssen wir einen kleine Umweg nehmen, stehen dann am Zisser Berg am Ortsrand und schauen zurück über den Ort. Vor dem letzten Haus bearbeitet jemand seinen Vorgarten. der sieht ganz nett aus, den frage ich einfach, ob er von hier ist und sich auskennt. Gesagt getan, er ist von hier, er kennt sich aus, er ist der Ortsbürgermeister! Und seine Familie kommt auch aus dem Laacher Hof , er ist also sowohl mit Christoph als auch mit uns verwandt.  HA! Und mit ein wenig Glück kennen wir jetzt auch das Elternhaus unserer Oma, dessen Besitzer (auch mit uns verwandt) leider nicht zu Hause war. Da werden wir nochmal hin müssen. Auf der Heimfahrt sind wir beide sehr in Gedanken versunken.

Heute, Mittwoch, zeige ich meinem Bruder, was ich in Wassenach gesehen habe, z.B. den buddhistischen Tempel. Und wir schauen uns an der Kirche und auf dem dahinter liegenden kleinen Friedhof um. Mit den beiden älteren Herrschaften auf der Bank im Friedhof kommen wir ins Gespräch. Über Gott und die Welt und Wassenach und über Agnes und Mathilde, unsere gemeinsamen Bekannten/Verwandten. Eine Beruhigung: Die Frau sagt, dass ich dem ehemaligen Ortsbürgermeister gar nicht ähnlich sehe. Wär ja auch zu komisch. Als der Mann die Metzgerei/Kneipe im Ort mit Namen erwähnt, fällt mir ein, dass meine Klassenkameradin Marita dort zu Hause ist, mit einem aus dieser Familie verheiratet ist. Prompt sagt er mir, in welcher Straße sie wohnt, aber der Straßenname sagt mir nichts. Irgendwann verabschieden wir uns freundlich und latschen weiter auf gut Glück durch den Ort, talwärts Richtung Brohltal. Bis wir an die Abbiegung zur Straße kommen, die er mir genannt hat. Ich überrede meinen Bruder, jetzt diese Straße lang zu gehen, und die ist ziemlich lang. Aber diesmal mit meiner Ansage "Es gibt keine Zufälle! Wenn wir jetzt durch die Straße bis zum Ortsende und wieder zurück gehen, werden wir die Marita sehen, das kann nicht anders sein. Die wird grad in dem Moment irgendwas rausbringen oder vor der Tür machen, wenn wir vorbei gehen!". Wir flanieren bis zum Ende - keine Marita. Ich weiß auch die Hausnummer nicht. Handy raus, telefonbuch.de - zack hab ich die Hausnummer. Aber ich werde nicht klingeln, will niemanden stören. Als wir auf dem Rückweg an besagter Hausnummer ankommen, steht gerade Marita vor der Tür. HA!
Ich wusste das. Echt jetzt. Bin nicht mal wirklich überrascht. Wir freuen uns, uns mal wieder zu sehen und versprechen uns, uns demnächst mal mit mehr Zeit zu treffen. Und genau das werden wir machen. Wahrscheinlich treffen wir vorher noch drei andere Ortsbürgermeister und weitere Martinas, aber das ist ok so. Während unserer Unterhaltung vor der Tür kommt übrigens unser Freund von der Friedhofsbank vorbei. Es ist Maritas Nachbar von gegenüber. Was für ein Zufall.

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