26 Juli 2020

Magische und verlassene Orte - und alte Freunde

Ich lasse ein schönes Wochenende vor meinem geistigen Auge Revue passieren, Ein Wochenende mit sehr wenig Plan und viel freier Zeit. Einziger fester Termin war die Lesung unserer Schreibkurs-Dozentin 
Gabriele Keiser am Samstag Abend vor der Kulisse der alten Heimschule zwischen Nickenich und Kell, auf die ich mich schon im Vorfeld sehr gefreut hab. Von der Ruine der alten Heimschule hatte ich zwar schon viel gehört und gelesen, war aber selbst noch nie vor Ort gewesen. Gabi hatte zwei neue Kurzkrimis geschrieben, einer davon spielte in genau dieser Umgebung, so dass wir eine stilechte Premiere erleben durften, direkt vor der richtigen Kulisse.

Kurzkrimis mit Heimschule und Gingkos

Und wir wurden nicht enttäuscht. Beide Werke waren ausgesprochen gelungen, kurzweilig und nahmen uns alle mit auf die Reise. Interessant auch, dass sogar neuere kriminaltechnische Erkenntnisse mit verarbeitet waren, die mich schon erstaunten.
Zum Abschluss begutachteten wir dann noch die Ruine der alten Heimschule etwas näher, natürlich von außen. Durch die fensterlosen Öffnungen sieht man Graffiti von Generationen von Sprayern, die sich hier verewigt haben. Es ist schade, dass ein solcher Ort so herunterkommt, weil sich niemand einen neuen Verwendungszweck vorstellen kann. Gabi erzählte uns noch einiges zur Geschichte des Bauwerks, die nur kurz, aber interessant war.

Ruine der alten Heimschule

Vor der Lesung hatten wir noch Zeit, uns den keltischen Baumkreis anzuschauen, den die Gemeinde Nickenich in einem kleinen Talkessel nach keltischem Vorbild errichtet hat. Dieser Ort strahlte etwas wirklich Eigenartiges aus. Mein Gleichgewichtssinn spielte sofort nach dem Betreten der Anlage ziemlich verrückt. Klar, mit dem hab ich ohnehin meine Probleme, aber dass ich an solch einer kleinen Schräge derart ins Rotieren komme, hatte ich lange nicht mehr erlebt.
Und so beschloss ich, am nächsten Tag noch einmal alleine hochzufahren und den Baumkreis einfach auf mich wirken zu lassen.

Der Sonntagmorgen begann um viertel nach 11 mit einem leckeren gemütlichen Frühstück auf Balkonia, bei dem ich völlig unerwartet Gesellschaft bekam. Noch bevor ich alle Utensilien auf den Balkontisch gestellt hatte, meldete sich telefonisch Christoph, ein lieber, alter Schulkamerad, der gerade seine Mutter in Andernach besucht hatte. Zehn Minuten später saß er mir gegenüber und wir freuten uns um die Wette, dass wir uns endlich einmal wiedersehen. Ein kurzes Rekapitulieren ergab, dass wir uns tatsächlich im Sommer 1975 zuletzt gesehen hatten. Das war jener Sommer, in dem mir die Schulleitung nach der zweiten Ehrenrunde nahelegte, diese heiligen Hallen schnellstens zu verlassen. 45 Jahre ist das her, und trotzdem hatte ich das Gefühl, dass wir uns immer noch gut kennen. Es gab viel zu erzählen, viel mehr, als die Zeit es zuließ, denn zweieinhalb Stunden vergingen wie im Flug, und Christoph war zum nächsten Heimatbesuch-Date verabredet.

Die Trauerweide - Mein Baum

Nach einem kurzen Mittagsschläfchen machte ich mich dann am Spätnachmittag auf den Weg zum Baumkreis. Unterwegs warf ich noch einige Exemplare unserer neuen Broschüre in den Briefkasten eines Nickenicher Bekannten, der hoffentlich Spaß an unseren Texten und Bildern hat. Oben am Baumkreis angelangt, war ich dort wirklich ganz alleine und genoss es, unter meiner Trauerweide zu stehen, denn nach der keltischen Zuordnung ist die Trauerweide mein Baum. Als ich mir die Erklärungen dazu noch einmal genau betrachtet hatte, konnte ich mich tatsächlich darin wiederfinden. Ich nahm mir ausgiebig Zeit, um einfach nur dort zu sitzen oder zu stehen und die Umgebung zu betrachten, alles auf mich einwirken zu lassen. Einer der vier Hauptbäume der Kelten ist die Birke. Alle vier Hauptbäume stehen in der Mitte des Kreises, alle anderen sind drumherum angeordnet. Als ich von meiner Trauerweide aus die Birke betrachtete, schien es mir, als gestikuliere sie mit mir, vom Wind bewegt zeigten ihre oberen Zweige mal in meine Richtung, mal von mir weg. Seltsam war, dass sowohl die große Birke als auch die Bäume dahinter am Waldrand des Laacher Sees sich teilweise heftigst bewegten, aber nur, wenn es bei mir neben der Weide windstill war. Sobald bei mir ein Luftzug aufkam, verharrten sie alle wie erstarrt.

Panoramabild vom Baumkreis

Außerdem fiel mir auf, dass die Sonnenblumen, die eine Hälfte des Innenkreises besiedeln, ihre Köpfe nicht alle in eine Richtung drehten, nämlich zur Sonne hin, wie ich das erwartet hätte. Nein, die meisten der Sonnenblumen schauten zur Mitte des Kreises hin, zu den vier Hauptbäumen. Nach etwa einer Stunde verließ ich zufrieden den magischen Platz, an dem ich eine wunderbare Ruhe genossen hatte.

Das mir zu Hause Marghy dann noch frischen Mangold vermachte, mit dem meine abendliche Gemüsepfanne auf dem Balkon doppelt so gut schmeckte, rundete dieses herrliche Wochenende ab.


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen