10 November 2024

Vom Glühen und Blühen

Nach einer schönen Woche mit lieben Besuchen, leckerem Essen und heilenden Händen  passte sich auch das Wochenende gut in diese Phase ein. Mein Brüderlein beehrte mich zum Samstagsfrühstück, die gute Walli erlaubte mir mangels Rindersteak ausnahmsweise auf die lecker gewürzten Schweinesteaks auszuweichen, da die Schweine lange genug auf der Rinderweide gewesen sind. Passt! Und "weil ja Samstach iss", machten mir nachmittags meine blau-weißen Jungs mit ihrem couragierten Auftritt gegen die Pillen eine besondere Freude. Sie glühen wieder.

Der Abend wurde nachdenklicher. Ich besuchte die Gedenkveranstaltung zur Reichsprogromnacht vom 9.November 1938, in welcher landesweit die Synagogen brannten, so auch hier in Andernach. Christiane hatte mich auf diese Veranstaltung aufmerksam gemacht und ich sah viele vertraute Gesichter unter den Zuhörern. So wie sich die politische Lage hier entwickelt hat, ist es umso notwendiger, dafür zu sorgen, dass diese schlimmen Zeiten nicht in Vergessenheit geraten und sich vor allem nicht wiederholen.

Im Foyer des historischen Rathauses mussten aufgrund der vielen Besucher noch Stühle hinzugestellt werden, damit letztendlich alle einen Platz fanden. Der Kölner Schauspieler Georg B. Lenzen war eingeladen, um aus Michel Friedmans Buch "Fremd" ausgewählte Passagen zu lesen.

Auch wen ich aufgrund meiner Gehöreinschränkungen nicht alles verstand, war es sehr beeindruckend und auch ein wenig bedrückend, an diese Ereignisse erinnert zu werden.

Ein Erinnerungsglühen. Nie wieder ist jetzt!

Im Anschluss ging es im Schweigemarsch durch die Stadt zu der Stelle, wo einst die Synagoge gestanden hatte. Nach einer kurzen Rede wurden zum Abschluss viele Gedenklichter dort aufgestellt .

Nach diesem Tag voller gegensätzlicher Eindrücke kam ich erst sehr spät zur Ruhe, so dass ich heute dem RAG mal wieder in Gänze Folge leisten konnte. Durch die ständigen morgendlichen Termine gab es dringenden Nachholbedarf. Beim nachmittäglichen Spätstücks-Porridge zeigte mir der graue Himmel draußen, dass ich nichts verpasst hatte. Nichtsdestotrotz machte ich mich kurz darauf auf den Weg, um wenigstens noch eine kleine Frischluftrunde bei Tageslicht drehen zu können, wobei der Ausdruck Tageslicht eine maßlose Übertreibung ist. Tagesgrau trifft es eher. 

Aber das Schöne daran ist, dass es trotz Novemberfeuchtkaltgrau immer noch viele Wesen gibt, die sich diesem Dauergrau widersetzen. Vor meiner Haustür sorgt ohnehin meine liebe Buddhine dafür, dass aus dem einjährigen Berufkraut ein Immerblüher geworden ist.

Auch unsere Novemberrosen blühen wie eh und je, auch die blaue Berg-Flockenblume strahlt noch. Das kann eigentlich nur auf Buddhine zurückzuführen sein, deren positive Aura einfach alles Graue überlagert.

Dank dieser Anregung hatte ich mir schon länger vorgenommen, mich nicht komplett dem Herbstblues auszuliefern, sondern weiter zu blühen und dem Blues damit eine schöne Melancholie zu verleihen.

In den Rheinanlagen fand ich dafür reichlich Unterstützung.

Schon der dortige Blühstreifen erfreute mich mit den Farben von Schmuckkörbchen, gelben Kosmeen, rauen Sonnenhüten, Garten-Zinnien und blauen Korbblumen, die sich allesamt ebenfalls weigerten, nach Grau zu konvertieren.

Selbst die vielen Dixi-Klos, die neuerdings dort stehen, erfreuten mich in strahlendem blau-weiß, so dass ich fast in Versuchung kam, sie mit einem meiner Fanschals zu dekorieren.


Der aufgestellte Holzhaufen, wie ich ihn vor dem Kleinen Deutschen Eck sah, ist wohl der Grund für die Dixi-Klos. Aus dem soll wohl mal ein Martinsfeuer werden, was aber ganz anders aussieht als zu meinen Zeiten.

Wir sind als Kinder noch selbst durchs Dorf gezogen, einen vom Bauer geliehenen Hänger im Schlepptau und haben im Dorf eingesammelt, was verbrannt werden sollte.
🎵Mir sammele füred Meerdesfeuer - ahle Manne oder e Bierd Strieh!🎶

Der Blick auf die falsche Rheinseite deutete an, dass das dortige Grau eindeutig eine viel trostloseres Schattierung hat als das hiesige.

Wie wichtig Satz- und Leerzeichen sind, wurde mir bei diesem Anblick bewusst:

Ob dort auf der Wiese viele Gänsen essen oder ein leckeres Gänseessen ansteht, ist ein himmelweiter Unterschied.

Auch entdeckte ich eine völlig neue Direktverbindung zum Runden Turm.

Dieser hatte sich zwar hinter zwei Bäumen versteckt, aber dass diese Treppe geradewegs zu ihm hinaufführt, ist nicht zu leugnen.

Da haben die Denkmalspfleger wieder mal Großartiges geleistet.

Nebenan war der Bausparkassenhund Leo nach langer Zeit endlich mal wieder zu hören. Er ist zwar weiterhin nicht mehr zu sehen, aber sobald sich irgendein Lebewesen der Grundstücksmauer nähert, hört er nicht mehr auf zu bellen.


Kurz vor dem Bollwerk begrüßte mich dann eine letzte Pusteblume, die sich dem Herbst nicht gebeugt hatte. Irgendein sehr junger Rennfahrer hatte sein Gefährt vor dem Tunnel abgestellt, war aber selbst nicht mehr zu sehen. Ich hoffe, er hat sich seinen Parkplatz gut gemerkt.


Mit diesem guten, bunten schön-melancholischen Gefühl lässt sich gut schlafen. Und lang.

04 November 2024

Kaiserwetter auf dem Berg

Zwei Tage mit blauem Himmel liegen hinter uns. Dank des lieben Ännchens kann ich ein paar schöne Bilder unseres gestrigen Spaziergangs zum Hochkreuz zeigen.

Den ersten schönen Anblick hatten wir schon vor der Haustür, als uns diese Berg-Flockenblume mit ihren blauen Blüten begrüßte.
Wie eine Berg-Flockenblume vor unser Haus gelangt? Ich kann es nicht sagen. Ich weiß nur, dass ich sie nicht gepflanzt habe.





Oben auf der Höhe bot sich dann ein grandioser Blick in alle Richtungen.

Blauer wolkenloser Himmel, wohin man blickte - und die Herbstsonne wärmte sogar ein wenig, so dass der diesige Bodensatz sich nicht allzu weit ausbreiten konnte.

Ännchen trabte schon ein wenig voraus, als ich mir diesen Weitblick einfangen musste.


Dann ging es ein paar Meter bergauf durch den Wald, bis uns ein bepilzter Holzstapel freundlich begrüßte.

Die Fachleute unter den Lesern werden sicher erkennen, welche Fläumlinge oder Sücklinge oder was auch immer dort eine Heimat gefunden hat.

Am Hochkreuz angelangt, gönnten wir uns eine kleine Rast und genossen einfach nur, dass wir da sind.

Auf dem Rückweg wurde es dann schon spürbar frischer, da sich der Nachmittag um kurz nach vier bereits auf dem Rückzug befindet.

Ein schöner Nussbaum hatte es mir dann wieder angetan, der Kontrast zum blauen Himmel und die mittlerweile spürbare Kälte machten wohl auch diesem welkenden Kameraden zu schaffen.

Aber er trotzt dem nahenden Winter und flüstert ihm unhörbar zu: "Im Frühjahr komm ich wieder!" Ein schöner Gedanke. Nach etwa 9.000 Schritten standen wir wieder am Auto und hatten unterwegs viel Schönes in uns aufgesogen.

Auch heute hielt die melancholisch-schöne Stimmungslage an. Ein interessanter Kursabend mit meinen Mitschreiber*Innen beschloss den nächsten schönen Tag. So kann es bleiben. So wird es bleiben. Hab ich gerade beschlossen.

01 November 2024

Bilder einer Jahreszeit

In den letzten Tagen wurde mir der Wechsel der Jahreszeiten sehr deutlich vor Augen geführt. Wie schön war der Dienstag Nachmittag, an dem ich sogar eine Lesestunde vor der Buchhandlung meines Vertrauens genoss, bei Espresso, Capuccino, Sonne und blauem Himmel. Dazu guter Lesestoff, das war mal wieder Futter für die Seele.

Dieses Futter kann ich auch in solchen Zeiten gut gebrauchen, wenn der Herbstblues immer öfter seine dunklen Seiten zeigt.

Wenn man diese Bilder sieht, kann man kaum glauben, dass die kurz vor Hallo Wien, Tutti Santi und Lost Souls gemacht wurden.


Willkommen in Eden Lake

Zwei Tage später blieben mir zum Glück die Kürbismonster erspart, aber das Wetter war bereits komplett umgeschwenkt. Heute war es bereits beim Aufstehen kurz nach Mittag diesig und dunkel, und daran änderte sich auch nichts mehr. Eine passendere Kulisse für Allerheiligen hätte man sich nichtz ausdenken können. Da mein Schrittzähler auch nachmittags noch eine beängstigend kleine Zahl anzeigte, zwang ich mich doch noch zu einer kleinen Frischluftrunde durch die Stadt und am Rhein.

Das nasskaltdiesige Wetter machte auch Sigi zu schaffen. Keine Schiffsgöttin beehrte ihn an diesem traurigen Tag.

Kurz nach fünf am Bollwerk

Grau in Grau, wohin man auch sieht.

Auch das Ausflugsschiff konnte mit seinen bunten Lämpchen keine freudige Atmosphäre schaffen.

Am Kleinen Deutschen Eck hatte irgendwer etwas zusammengebaut, das fast wie ein Gestell für Trauerkränze anmutete, passend für diesen Tag.

Nach einer Viertelstunde Fußweg war es so dunkel geworden, dass ich kehrt machte.

Überall waren mittlerweile die Laternen und Lichter angeschaltet, sonst hätte man die Hand vor Augen kaum mehr gesehen. Erstaunlich, wie schnell aus grau schwarz werden kann.

Der Blick nach Süden in Richtung des Runden Turms war noch ein wenig freundlicher, das warme Licht, mit dem der Turm angestrahlt wird, hat auch wieder etwas melancholisch Schönes.

Wieder zu Hause angekommen, fühlte sich wie neun Uhr abends an, dabei hatten wir noch nicht mal sechs Uhr. In meinem gemütlichen Häuschen fühle ich mich jedoch sofort wohl. Das leckere Rindersteak von Walli tut sein Übriges dazu.

Nun freue ich mich auf den KLB, der mich morgen zum Samstagsritual besucht und auf meinen VfL, der morgen Nachmittag den ersten Sieg für diese Saison einfahren wird, HACH!