26 August 2017

Neil Gaiman - Der Ozean am Ende der Straße

Wie angekündigt, eine Buchbesprechung meines letzten Leseerlebnisses. Diesmal mache ich es mir einfach und verweise auf die Besprechung einer jungen Dame namens Erdbeerliese, die mir einfach aus dem  Herzen spricht. Es ist schwer, dieses tolle Buch zu besprechen, ohne zu viel vorwegzunehmen, und sie macht das richtig gut:

 Also, auf jeden Fall meine Empfehlung, mich hat das Buch nicht mehr losgelassen.

25 August 2017

Der Ausklang

Ein schöner, aber zu kurzer Stadturlaub geht zu Ende. Für mein letztes Frühstück hat man sogar Waldbeerenmarmelade  aufgetischt. Um kurz nach elf checke ich aus, ein letzter Smalltalk mit der netten Dame an der Rezeption, die sind alle so herrlich normal hier.
Die ursprünglich gebuchte Rückfahrt startete um kurz nach drei auf Fehmarn, Umstieg und Aufenthalt in Hamburg, Weiterfahrt 18:46. Maren ist heute leider unpässlich, daher vertreibe ich mir die Zeit bis dahin in der City.
"Nur noch gerade" das Gepäck am Bahnhof weg schließen. Natürlich muss ich einmal rund um den Bahnhof laufen, um zum ersten Schließfach Bereich zu kommen. 500 Fächer, alle belegt. Eine halbe Bahnhofsrunde weiter im zweiten Bereich ist zum Glück gerade EIN Fach frei geworden. Klappe steht auf, alle starren darauf, ist es kaputt? Neben mir sagt ein junger Service Mitarbeiter "Das ist ok, das können sie nehmen." Schnell wuchte ich meinen Koffer ins Fach. "Jetzt müssen sie die Münzen einwerfen. Sechs Euro.". Super, alle 11 Zwei-Euro-Münzen, die mir der Fahrkartenautomat am Vortag auf einen Fuffi raus gegeben hat, bin ich auf Fehmarn glücklich losgeworden. Nein, Scheine nimmt das Schließfach nicht an. Der Servicemann der Deutschen Bahn kann selbst natürlich auch nicht wechseln, verspricht mir aber, auf meine Koffer aufzupassen, während ich "um die Ecke beim Bäcker" Wechselgeld besorgte.
Ich gehe um die Ecke, wo die Schlange beim Bäcker bis vor den Jungfernstieg geht. Ok, nebenan ein Tabakladen, passt, meine Knakjes sind alle, hol ich direkt neue. Als ich dort nach Rauchwaren von de Olifant frage, verrät das Gesicht der freundlichen Dame, dass sie überlegt, mir den Weg zum Tierpark Hagenbeck zu weisen. Von Knakjes oder Fantjes hat sie jedenfalls noch nix gehört. Wechseln kann sie auch nicht, weil sie "so viel Silbergeld" nicht vorrätig hat (Einen Zehner wollte ich gewechselt haben). Aber sie schickt mich eine halbe Bahnhofsrunde zurück, weil dort, bei der "Deutsche Bahn", werde man mir bestimmt helfen können.

Ich hoffe, der Servicemann hält seine Zusage ein, meinen Koffer zu bewachen, denn bei der "Deutsche Bahn" kann es erfahrungsgemäß ne Weile dauern. Zwei offene Bankschalter - zwei Schlangen. Aber beide nur kurz. Jeder kennt das Problem: Egal in welche Schlange man sich anstellt, es ist immer die, in der es am längsten dauert. Daher wähle ich die kürzere Schlange. Nur zwei Personen. Der erst ist auch schnell fertig, dann gesellt sich ein männlicher Begleiter zu der Dame vor mir. Während in der anderen Schlange acht Personen geholfen wird, diskutieren die beiden mit dem freundlichen jungen Schalterbeamten über - ja über was, wüsste ich auch gerne - sie diskutieren das parallel auch untereinander, wahrscheinlich geht es um die Rettung der Welt oder die Lösung Einstein'scher Formeln. Als sie endlich unverrichteter Dinge und mit mürrischen Gesichtern abziehen, bin ich fast am Ziel meiner Träume. "Nein, wechseln können wir hier nicht," verkündet der freundliche junge Mann, "fragen sie mal nebenan bei den Kollegen vom Gepäckservice, die können ihnen bestimmt weiterhelfen.".

Gedanklich sehe ich mich schon um halb sieben fertig und kleingeldlos zu den Schließfächern zurück kriechen, wo der nette Kollege Aufpasser längst seinen Dienst beendet hat und ich mir keine Sorgen mehr um den Transport von Koffer und Notebook machen muss denn die sind längst weg. Aber ich habe Glück, im Gepäckservice gibt es keine Warteschlange (wahrscheinlich bin ich der erste und einzige, der bis hierhin vorgedrungen ist). Der Kollege dort wechselt schnell und freundlich, und ich bin nach zwanzig Minuten wieder an meinem Schließfach. Der Kollege Aufpasser ist nicht zu sehen, aber mein Gepäck steht noch im offenen Fach. Das Notebook ist noch da. Den Koffer mit der schmutzigen Wäsche hat auch keiner geöffnet, zumindest liegt keiner ohnmächtig vor dem Schließfach. Sechs Euro rein, Fach zu, abgeschlossen, Schlüssel eingesteckt. So einfach kann das Leben sein.

Nur mit dem Rucksack bewaffnet, schlendere ich die Spittaler runter, der Wolsdorff-Tabakladen hat Fantjes vorrätig. Zurück zum Bahnhof und von dort nach St.Georg in die Lange Reihe. Im Hofgarten des Café Uhrlaub serviert mir ein freundlicher Mensch Brokkoli-Auflauf und Johannisbeerschorle, anschließend Espresso Macchiato, und ich verbringe ein schönes Lesestündchen im Garten.

Uhrlaub im Hofgarten

Hier erreicht mich allerdings eine Nachricht der "Deutsche Bahn", die mich stutzig macht. Verspätungalarm! In den Details sehe ich, dass der 15:10 von Fehmarn, in den ich ursprünglich jetzt steigen wollte, eine eigenartige Form von Verspätung hat. Er fährt weder Burg noch sonst irgendeinen Bahnhof bis Hamburg an: Er fährt nicht!
Was das nun in Bezug auf meine reale Reiseplanung bedeutet, kann ich noch nicht richtig einschätzen. Will das Universum mir sagen, dass ich bei meinem ursprünglich geplanten Fehmarn-Urlaub dort gestrandet wäre, dass ich so ab Hamburg aber prima klar komme? Oder will es mir sagen: Egal, was Du machst, ich kriege dich immer und überall?
Geht gleich mein Schließfach nicht mehr auf? Fällt der Zug ab Hamburg auch aus? Heut abend bin ich schlauer.

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Es ist Abend, ich bin schlauer. Die große Anzeigetafel versuchte noch bis kurz vor der geplanten Abfahrt meines Zuges, die beiden vorhergehenden Züge auf diesem Gleis mittels Verspätungen gleichzeitig ankommen zu lassen, überlegte es sich aber im letzten Moment anders und verschob einen Zug nach Italien noch weiter nach hinten.
Als wir alle schon auf dem Bahnsteig warteten, verschwand unser Zug für 5 Minuten komplett von der Anzeige, was einige Reisende maximal nervös machte. Aber dann kam er, fast planmäßig, mein reservierter Platz in Wagen 8 befand sich nur 50 Meter neben dem Ort, wo er laut Wagenstandsanzeiger stehen sollte, das ist in Bahnkreisen fast eine Punktladung. Mein Fensterplatz am Vierer-Tisch war frei, die drei anderen Plätze am Tisch waren mit ähnlich schmalbrüstigen Menschen besetzt. Als die Größe der Sitze damals berechnet wurde, haben noch die kleiner geratenen Neanderthaler Maß gestanden. Aber wir arrangierten uns gut und eben sind in Dortmund alle drei ausgestiegen.
So kann ich meine Mauken jetzt gnadenlos ausstrecken und freue mich, bald wieder daheim zu sein.

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Liveticker Freitag 22:30
Oh Mann, warum schreib ich auch sowas! Jetzt, 10 Minuten nach der gewagten Aussage mit dem Freuen auf Daheim bleiben wir in Düsseldorf verdächtig lange stehen. Und soeben kam die vernichtende Ansage, dass wir wegen einer Streckensperrung nun auf einer Ausweichstrecke über "Opladen" nach Köln fahren und dort 20 Minuten später ankommen. Und die Androhung, dass wir weiter über Änderungen informiert werden.
OPLADEN? Wo zum Teufel ist Opladen?? Vielleicht ein Stadtteil von Bielefeld??? Mein untrüglicher Bahninstinkt sagt mir, das hier was nicht stimmt. Wir stehen übrigens wieder kurz hinter Düsseldorf. Und nichts passiert. Das heißt bei der "Deutsche Bahn" immer, gleich kommt ne neue Ansage.
Und hier ist sie.
22:40: "Meine Damen und Herren, wir halten immer noch auf offener Strecke. Unsere Ausweichstrecke ist nur eingleisig und wir müssen deshalb warten, bis ..... bla bla bla ...".
22:43: Wir fahren wieder. Ganz langsam, aber wir fahren.
23:05: "Köln voraussichtlich +30 Minuten wg. zahlreicher Verzögerungen".
23:22: Wir verlassen Köln mit 24 Minuten Verspätung. Irgendwie scheinen uns weitere Umleitungen über Bielefeld oder Eindhoven doch erspart zu bleiben.
00:08: Daheim!

24 August 2017

Die Insel der Erinnerungen

Meine langjährige Erfahrung mit dem Unternehmen Deutsche Bahn hat mich gelehrt, dass solche Unwägbarkeiten wie fehlende Wagen, defekte Türen oder "wir bitten alle Reisenden auszusteigen, dieser Zug endet hier!" in der Regel nur einmal pro Urlaub vorkommen. Daher konnte ich heute morgen frohen Mutes den dreiteiligen Trip zur Insel antreten. S-Bahn, Regionalbahn, Regionalexpress kamen hin wie zurück pünktlich auf die Minute. Von Lübeck bis Fehmarn saß ich im richtigen Teil des Zugs, der nicht in Sierksdorf abgehängt wurde. Ok, auf der Rückfahrt ein überraschender Gleiswechsel von 7 auf 9 in Lübeck, aber der wurde auch zehn Minuten vorher angesagt.
Doch erst mal ganz von vorne: Mein Frühstück nahm ich sehr früh ein, so dass ich heute nicht mit Don Filippo zum Kaffee plauschen konnte, aber beim Verlassen des Hotels sah ich ihn doch am Frühstückstisch sitzen und konnte mich noch von dem netten Kerl verabschieden. Lieber Philipp, falls Du das liest: Ich hoffe, Du bist gut heim gekommen und ich drück Dir feste die Daumen für den Köln-Marathon!


"Meine Ferienwohnung"

Die fast drei Stunden Fahrt ermöglichten Lesen, Landschaft betrachten und Dösen, also ein perfekter Start in den Tag. Mittags wurde ich vom Empfangskomitee Dörr in Burg begrüßt. Mit den beiden Freunden fuhren wir zuerst zum Haus, in dem ich einige schöne Urlaube verbracht habe - und hier überkam mich ein eigenartiges Gefühl der Trauer, weil ich meinen verstorbenen Freund Hardy doch in vielem hier wiedersah.


Toruis mit Cappies

Zurück in Burg drehten wir unsere Runde vorbei an den Geschäften und Restaurants  am Marktplatz, machten beim Bäcker eine Kaffee- und Kuchenpause und Helmut und ich konnten auch den Fehmarn-Touri-Caps nicht widerstehen.

Echt Liebevoll hier

Schließlich machten wir vor dem Cafe Liebevoll in der Bahnhofs-straße Station, plauderten dort mit einer netten Frau, und setzten dann unsere lukullische Runde zum Ristorante Borgo Antico am Marktplatz fort. Nach einem leckeren Abendessen und interessanten Gesprächen machte ich mich um 19:31 mit dem letzten Zug wieder auf die Rückreise und fragte mich im Zug, wo die 7 Stunden geblieben waren, die ich auf der Insel verbracht hatte.


Und nun, zurück im Hotel, merke ich, dass solche langen Tage doch auch bei mir ihre Spuren hinterlassen. Es scheint fast so, dass ich auch älter werde, kaum zu glauben. Morgen Abend heißt es "Auf Wiedersehen", die Heimat ruft. Aber daran will ich jetzt gar nicht weiter denken.
Carpe Diem!

23 August 2017

Bummeln im Karo - Labyrinthspiel inklusive

Ein richtiger Bummel- und Gammeltag war angesagt. Was? Noch einer? Jawohl, genau das! Mir fällt im Nachhinein auf, dass das wahrscheinlich der letzte Frühstücksklön mit Philipp war. Er reist morgen mittag ab, ich bin morgen schon früh nach Fehmarn unterwegs und Don Philippo pflegt jeden Tag länger auszuschlafen. Er war ein sehr angenehmer Gesprächspartner beim Frühstück.

Blaubeerlimo handmade - in der Sonne
Heute mittag durchstreifte ich das kleine Karolinenviertel - das Karo, wie es die Eingeborenen nennen. Nach einer ersten Runde um den Block machte ich Siesta im Gefundenen Fressen, besser gesagt davor auf Palettenmöbeln und zu selbstgemachter leckerer Blaubeerlimonade. In der Sonne sitzen, lecker trinken, tolles Buch lesen, Leute beobachten - Mann wie toll ist das! Das ich hier im Lokal von Samy de Luxe war, erfahre ich erst abends im Hotel von Dr.Google.

 Anschließend machte ich ganz neue Erfahrungen im gegenüberliegenden NAHKAUF-KAROMARKT. Was man da geschaffen hat, ist physikalisch eigentlich unmöglich. In einem relativ kleinen Laden von vielleicht 5 x 13 Meter gefühlte 400 Meter Regal unterzubringen, da sagt jeder: Geht doch gar nicht! Da braucht man überhaupt nicht zu rechnen. Hier ist der Gegenbeweis: Es geht!
Unglücklicherweise hatte gerade ein LKW ca. 20 rollbare Warencollis ausgeladen. Das bemerkte ich jedoch erst, als ich mich am hintersten Regal befand und die gesuchte rote Beerenschorle noch nicht gefunden hatte. Der türkische Inhaber dirigierte lautstark seine Großfamilie zum Nachfüllen durch die Gänge, alle sechs mit einem eigenen Rollcontainer ausgestattet. Die Gänge waren eh so eng, dass es nur mit akrobatischer Technik möglich war, aneinander vorbei zu kommen. Stand ein Rollcontainer im Gang, blieben rechts wie links maximal ein Zentimeter Platz, also gar keine Chance, vorbei zu kommen. Nun könnte man auf die Idee kommen, dass die geschäftstüchtigen Männer natürlich den Kunden freundlich Platz machen, denn schließlich sind die Kunden König und man lebt ja von denen. Weit gefehlt! Das hier waren keine devoten Weicheier, die sich verbiegen, um ein paar Mark zu verdienen. Nein, hier gilt noch Ehre und Stolz, und just mit diesem Stolz ignorierte jeder von ihnen alle Käufer im Laden vollständig und führte anstatt dessen lautstarke Diskussionen untereinander in türkischer Sprache, deren Inhalt mit leider (oder zum Glück) völlig verschlossen bleibt.
Dadurch ergab sich für die gefühlten 8 Kunden im Laden ein abwechslungsreiches Labyrinth-Spiel. Ein Gang längs ist leer - husch hindurch - der nächste links quer - Mist, am Ende wieder eine Vollblockade - nochmal links längs zurück - rechts quer - Oh die Kasse am Ende in Sicht, schnell reingerannt - zack schiebt sich in der Mitte der Senior mit einer turmhohen Ladung Konservendosen in den Weg - Mist! Am Ende lande ich wie durch Fügung im rechten Seitengang tatsächlich vor der roten Beerenschorle - die wird leider grad von Junior 1 mit Sixpacks blockiert. Aber mit einem ganz langen Arm von der Seite schnappe ich mir schnell eine Flasche und überbrücke die drei Meter zur Kasse mit einem Hechtsprung, ehe mir Junior 2 den Container mit den Chipstüten in den Weg schieben kann. Geschafft - erlöst!
Die Kundin hinter mir hat leider Pech und bleibt hinter den Chips hängen. Aber - mein Gott, so ist das Leben, einmal zurück durch den ganzen Laden sprinten - neues Spiel, neues Glück!

Draußen durchkämme ich das Viertel längs der lauten Karolinenstraße und lande am Ende wieder an der Marktstraße an einem kleinen Platz mit Bäumen und Bänken, wo sich einige Anwohner und Touristen aller Coleur aufhalten. Das lädt zum Verweilen ein, zum Lesen und Schauen. Beim Türken gegenüber hol ich mir ein leckeres Köfte im Fladenbrot auf die Hand. Und das neue Buch von David Mitchell - Die Knochenuhren - kann ich gar nicht mehr aus der Hand legen.

Friedensallee - Bahrenfelder
Spätnachmittag mit der U3 und S1 wieder zurück nach Altona ins Hotel. Nach einem Päuschen dreh ich auch hier nochmal eine Runde bei tollem Wetter um die Bahrenfelder Straße. Leider existiert das Insbeth nicht mehr, an gleicher Stelle aber immerhin der hiesige Weltladen. Trotzdem Schade.

Hier war einst das Insbeth
Mein Platz vor dem Klamottensen
Der Altonaer Stadtteil Ottensen hat doch einiges zu bieten, wenn man sich die Zeit nimmt, mal hin zu sehen. Am Ende lande ich vor dem gemütlichen Klamottensen und lege bei einem leckeren Latte Macchiato noch eine große Leserunde ein. Ich liebe diese tollen Tage, an denen ich ohne großartige Planung einfach entspannen kann, was mir in einer solchen Umgebung (und heute auch bei tollem Wetter) nicht schwer fällt.