04 März 2019

Geburtstag und Rosenmontag

's Margitsche

Stellt Euch vor, Ihr wärt an einem Rosenmontag in einem Ort am Mittelrhein geboren und Euer 62. Geburtstag fällt zum ersten Mal wieder auf Rosenmontag!
Gibt's doch gar nicht, werden manche jetzt sagen, es sei denn, man heißt Margit.
Nein, auch ohne 's Margitsche, stellt es euch trotzdem einfach mal vor!

Na gut, Fassenacht fällt jedes Jahr ungefähr in die gleiche Zeit, da müsste ab und an auch mal wieder ein Rosenmontag dabei sein. Ich will's Euch verraten: Es passiert nach genau 62 Jahren zum ersten Mal. Und zwar nicht dem Margittsche, sondern mir.
Was macht man in solchen Fällen?
"Feiern bis zum abwinken!" werden einige jetzt sagen.
"Zwei Feiertage an einem Tag, ist doch klasse!"
Aber die wahre Geschichte ist ne ganz andere ...


Mykelti Williamson aka Bubba

Menschen, die am 4.3.1957 geboren werden, an einem Rosenmontag, haben es schwer im Leben. Es gibt außer mir nur noch einen: Mykelti Williamson, der Darsteller des Benjamin Buford Blue, kurz Bubba genannt, im legendären Film "Forrest Gump". Ein Soldat, der in Vietnam in Forrests Armen verstirbt, nachdem dieser ihn völlig selbstlos unter Einsatz seines Lebens noch aus dem Kampfgebiet gerettet hat. Forrest verspricht seinem besten Freund Bubba, zu Hause gemeinsam mit ihm die Bubba Gump Shrimp Company zu gründen, und löst dies später auch ein, obwohl Bubba tot ist. Ein wahrhaft tragischer Held, der Bubba, diese Szenen treiben mir heute noch die Tränen in die Augen.

Ein solches Schicksal blieb mir zum Glück erspart. Aber immerhin, ich durfte als Kind an Karneval den Erwachsenen viel Freude bereiten, wenn ich ihnen, immer ausgestattet mit Filz-Cowboyhut, Pulverblättchen-Revolver (die mit Patronenringen waren zu teuer) und aufgemaltem schwarzen Schnurrbart jedes Jahr das Lied vorsingen durfte, "mein" Lied:

Am Rosenmooontag
bin ich geboohoren,
am Rosenmontag,
in Kesselheim

Jedes Jahr, wieder und wieder. Ich nehme an, Bubba hätte sich unter so einem Trauma direkt das Leben genommen. Dazu fehlte mir in diesem Alter glücklicherweise der Mut. Jedoch das Trauma blieb.

Den Geburtstag sollte ich damals zwar immer wieder karnevalistisch besingen, aber geschenke- und feiertechnisch war in einem gutkatholischen Haus am Geburtstag selbst TTH, Total Tote Hose. Am Namenstag wurde man in den Strickpullunder gezwängt, den man ohnehin irgendwann von den Eltern bekommen hätte.
Als Pubertier gelang es mir dann einige Jahre, das Trauma zu ertränken, teilweise hörte ich mir in diesem Zustand sogar die unvergleichlichen einheimischen Büttenreden in der Turnhalle an.

Unn dann hatt et schwer gekracht
Ei watt hamma da gelacht!
Ta-Dää Ta-Dää Ta-Dää!

Ja, es ist wahr, ich hab mich damals halb totgelacht über solche feinsinnigen Verbalien!
Aber irgendwann, nachdem ich mich trocken geschwommen hatte, untersuchte ich das Rosenmontags-Trauma und fand: MICH. Mich, der mit dem ganzen aufgesetzten Rummel überhaupt nix am Hut hatte und seither auch den Geburtstag lieber gemütlich im kleinen Kreis begeht, wenn überhaupt.

Und wenn Rosenmontag und Geburtstag dann EINMAL im Leben wieder auf einen Tag fallen, dann entgehe ich dieser Höchststrafe mit einer tollen Woche im Norden, mit einem guten Freund in der karnevalsfreien Zone, und freue mich des Lebens.

Beim Recherchieren über 's Margitsche fallen mir noch ganz andere Dinger über die Füße, die ich schon komplett verdrängt hatte: Rucki Zucki, Humbta Humbta tätärää, heile heile Gänsje, Gell du hast mich gellegern - von und mit Ernst Neger, Tony Hämmerle und ähnlichen Fassenachtsmutanten. Grauslich! Schnell wieder verdrängen!

Vielleicht schicke ich Mykelti Williamson eine Nachricht mit einem tollen Foto aus Lübeck.


03 März 2019

Am siebten Tage sollst Du ruhen ...

Aufgrund des göttlichen Edikts (und unserer müden Beine) beschlossen wir, heute einen Ruhetag einzulegen, bevor wir uns morgen in den Rosenmontagstrubel stürzen. Das morgendliche Frühstücksbuffet im Hotel Stadt Lübeck entspricht übrigens genau unseren Vorstellungen: Vielfältig, reichlich und bezahlbar. Ich gönnte mir heute morgen eine Schnitte und eine Tasse Kaffee mehr, wusste ich doch, dass ich mich anschließend wieder wohlig auf dem Bett ausstrecken und nochmal zwei Stunden Augenpflege betreiben würde.
Beim flüchtigen Blick in die Frühstücksrunde fiel mir ein Mann auf, dessen Anblick mir sofort suggerierte: Dazu schreibst Du nachher eine fiktive Geschichte! Und hier ist sie:


The Eggman

Ich erblickte ihn in der gegenüberliegenden Ecke des Frühstücksraums der Pension Fegefeuer. Er saß alleine am kleinen Ecktisch und brauchte ziemlich lange, um seinen untersetzten Körper vom Stuhl hoch zu wuchten. Ich schätzte ihn auf Mitte Sechzig. Frontseitig war er mit einer Prachtplauze ausgestattet, die irgendwie zu seiner gedrungenen Statur passte. Auf seinen breiten Schultern ruhte ein mächtiger Kopf mit einem dicken Heiner-Brand-Gedächtnis-Schnauzbart. Die glatten, blonden Haare waren etwas zu lang, der Friseurbesuch war sichtbar überfällig.
Obwohl jede Bewegung gequält und mühsam wirkte, blieb sein Gesicht völlig ausdruckslos. Und was mich am meisten irritierte: Der Blick seiner leeren Augen machten mir regelrecht Angst.
Er wackelte langsam zum Buffet, bei Gegenverkehr in den schmalen Gängen zwischen den Tischen blieb er einfach so lange stehen, bis die Anderen Platz machten und ein Stück zurück gingen oder sich seitwärts zwischen die belegten Tische quetschten. Ich bemühte mich, ihn nicht zu auffällig anzustarren, wie er sich stoisch durch die Reihen kämpfte, ohne dabei eine Miene zu verziehen. Aber es fiel mir schwer, so sehr faszinierte mich dieser seltsame Gast.
Als er vom Buffet zurück kam, hatte er den Teller in seiner linken Hand lediglich mit einem halben Brötchen, einem Stück Butter und einer Scheibe Gouda beladen. In der Rechten hielt er ein großes Glas Mineralwasser. An seinem Tisch angekommen, benötigte er fast eine Minute, um Glas und Teller auf dem Tisch abzustellen und seinen massigen Körper auf dem Stuhl abzuladen.
Was war los mit dem Mann? Was hatte der?


Als er endlich Platz genommen hatte, belegte er seine Brötchenhälfte mit Butter und Käse. Die junge Hotelbedienstete kam zu seinem Tisch und schenkte ihm unaufgefordert eine Tasse Kaffee aus der kleinen Kanne ein. Sie schien ihn zu kennen, vielleicht war er schon länger hier zu Gast. Als er dann seinen Kaffee schlürfte und in sein Brötchen biss, fiel mir auf, dass der Walross-Schnäuzer ihm so weit über die Lippen reichte, dass er zwangläufig als Filter fungierte. Ich verbot mir sofort aufkeimende Gedanken über das, was sonst noch alles durch diesen Schnäuzer gelaufen sein könnte, etwa wenn der Mann erkältet war.
In diesem Moment erschien eine junge Frau, blond und gertenschlank, und gesellte sich zu ihm an den Tisch. Seine Tochter? Niemals! Sie stellte optisch das krasse Gegenteil zu ihm dar.
Aber sie begrüßte ihn freundlich, er nickte kurz, ohne auch nur eine Augenbraue zu verziehen. In dem Moment sprang mich eine musikalische Erinnerung an: Sie musste Lucy heißen, wie sie im Text eines alten Beatlessongs vorkam. Denn er hatte den Walross-Schnäuzer und in meinem Kopf sangen die Fab Four augenblicklich :

See how they fly like Lucy in the sky
see how they run
......
.........
I am the walrus
.........

Sie stand auf, ging zum Buffet, und brachte neben ihrem eigenen Teller auch ein Frühstücksei für ihn mit. Ich dachte, das gibt's doch gar nicht!

.........
I am the eggman
I am the walrus
g'goo goo g'joob
............

Was stimmte hier nicht? Stimmte mit mir etwas nicht? Was hatte ich für komische Assoziationen?

Auf seinem Tisch entdeckte ich einen weißen Medikamentendosierer, wie ich ihn von meiner Mutter kannte. Sieben Tage á vier Fächer. Aus den Augenwinkeln konnte ich beobachten, dass er das zweite Fach von links mit bedächtigen Bewegungen in seine linke Hand leerte. Also hatte er heute bereits seine erste Ration Pillen intus, vielleicht direkt nach dem Aufstehen? Ich konnte nicht sehen, wie viele Tabletten die After-Breakfast-Portion bildeten. Er war also krank. Sehr krank.

Ich nannte ihn von da an George, weil auch George Harrison zeitweise einen dicken Schnäuzer getragen hatte. Diese Verbindung zu den Beatles würde mich wahrscheinlich für den Rest meines Lebens verfolgen. George und Lucy im Frühstücksraum der Pension Fegefeuer. HA! Welchen Stoff hatten sie mir heute morgen in den Kaffee getan? Ich beschloss, meine halbvolle Kaffeetasse stehen zu lassen und mir auf dem Zimmer noch eine Runde Schlaf zu gönnen. Heute war eh Ruhetag, danach wären die komischen Gedanken bestimmt verschwunden. Die Magical Mystery Tour wäre dann beendet.

Und wenn nicht? Dann wird die Geschichte fortgesetzt ...

Bei unserem kurzen zweistündigen Rundgang heute Nachmittag versenkte ich vier Euronen in diesem interessanten Kunstautomat, in dem man kleine Kunstwerke von einheimischen Künstlern erwerben konnte. Oder besser hätte können. Wenn das Ding funktioniert hätte. Es brauchte schon viele Versuche, bis der Automat auch die letzte der vier Münzen angenommen hatte - um anschließend weder die Kunst noch die Kohle auszuwerfen.
Ja, so ein Automat kann ganz schön hartnäckig sein. Trotz mehrerer harter körperlicher Verweise weigerte er sich strikt, irgendetwas raus zu rücken. Auch die nette junge Fotokünstlerin, die in der Halle ihre schönen Sachen ausstellte, hatte keinen Schlüssel zu dem Teil, dessen Besitzer lt. Kontaktaufschrift in Potsdam zu Hause ist. Jammerschade, dass alle vier Vorschlaghämmer bei meinem Bruder gelagert sind. Mit einem Bello hätte ich eine ganz kreative Variante von Spontankunst aus diesem Automaten hergestellt.


Der Kunst-Apparatschik
Die Bello-Apparatschiks





02 März 2019

Hamburg in sechs Stunden

Der letzte Hamburgbesuch meines Reisebegleiters und Freundes Mike T-Bone fand in seiner Kindheit statt. Also kurz nach dem Krieg. Daher war er freudig gespannt, was ihn bei unserer heutigen Stippvisite dort erwarten würde. Wir waren schon früh auf den Beinen, erlebten jedoch im Bahnhof die neueste Variante einer Optimierungsmaßnahme, wie sie sich wahrscheinlich nur die Bahn ausdenken kann.
Hinter der Bahnhofstür ein Info-Schalter der Deutsche Bahn, hinter dem ein Beamter stand, der nur eine Kundin beriet, keine Warteschlange, klang schon mal gut. Das Warten zog sich doch einige Minuten hin, da die beiden wohl Ausführlicheres zu bereden hatten. Dann entdeckte ich eher zufällig das Schild neben dem Schalter, welches darauf hinwies, dass hier nur Infos, aber keine Fahrkarten erhältlich sind. Die gebe es am anderen Ende der Bahnhofshalle, im Reisezentrum.
Ok, kehrt marsch, am anderen Ende tatsächlich ein "Reisezentrum" mit zwei besetzten Schaltern und nur einer Kundin. Auf den 3,50 Meter zum freien Schalter gestikulierte die Schalterdame freundlich mit den Armen und deutete auf einen Ständer mit Display kurz hinter der Eingangstür. Irgendwann verstand ich, was sie will, schaute mir das Display genauer an. In diesem zeigte ein beschrifteter Pfeil auf einen Punkt in der Mitte. "Bitte hier drücken, um eine Nummer zu ziehen!" Ok, vielleicht waren ja noch Leute vor mir dran, die sich wegen Karneval als "Invisible Man" verkleidet haben. Ich drückte auf den Touchscreen, entnahm den Zettel mit einer Nummer, und wartete.
Wieder gestikulierte die nette Dame und bat mich zu sich.
"Und jetzt geben sie mir den Zettel!"
Machte ich.
"Wie kann ich ihnen helfen?"
Nachdem ich meine Verblüffung überwunden und meine Sprache wiedergefunden hattee, verkaufte sie mir das passende Ticket, wies mich aber darauf hin, dass ich meinen Namen auf der Vorderseite und den von Mr. T-Bone auf der Rückseite eintragen müsse, damit das Ticket gültig ist. Ich fragte vorsichtshalber nach, ob ich den Nummernzettel, den ich ihr gegeben habe, auch unterschreiben müsse. Musste ich nicht.
Wir verabschiedeten uns freundlich und verließen perfekt ausgerüstet das Reisezentrum, nachdem sie uns darauf hingewiesen hatte, dass der 10:08-Zug jetzt weg ist. Der Nächste fuhr eine Stunde später.
Spätestens hier erkennt der geneigte Leser ohne weitere Erklärungen, wo die Probleme der "Deutsche Bahn" liegen.

Wir nutzten die freie Zeit positiv, spazierten durch die umliegenden Straßen auf dieser Seite des Bahnhofs, die uns bisher unbekannt war, und entdeckten eine weitere große Niederlassung der Landwege. Eine supertolle demeter-Partner-Genossenschaft regionaler BIO-Landwirte, die hier wie auch in der Lübecker Altstadt auf großer Fläche ihre Produkte und sehr vieles mehr verkaufte. Alles, was man hier findet, stammt entweder aus der Region oder stammt von Rapunzel, Völkel oder anderen alnatura-affinen Produzenten. So etwas würde ich mir in unserer Region wünschen.

Nachdem wir uns mit Getränken und Knabbereien für die Fahrt nach Hamburg ausgestattet hatten, traten wir die Reise an in einer pünktlichen Regionalbahn mit WLAN und ausreichend freien Plätzen. Auch sowas gibt es. Nach kurzen außerplanmäßigen Verzögerungen auf der Strecke kamen wir im Hauptbahnhof an. Nun die spannende Frage: Wohin führe ich Mr. T-Bone in den paar Stunden Hamburg, die uns zur Verfügung standen? Eine gesunde Mischung aus "Muss man mal gesehen haben" und meinen Lieblingsplätzen sollte es sein.
Den Anfang machte natürlich das Schanzenviertel. Zwei S-Bahnstationen vom Hauptbahnhof entfernt, ging es am frank und frei vorbei in die Susannenstraße zum kostbar, wo wir unsere erste Auftankstation mit Cappuccino und dunkler Schokolade einlegten. Auch wenn die Schanze sich verändert hat, lohnte dennoch ein Rundgang durch die Bartelstraße zur Schanzenstraße, wo ich im Fachgeschäft endlich den fehlenden Käsehobel erstand (zum Preis einer Küchenmaschine) und dann über Schulterblatt wieder zurück bis zum Schanzenbuch, das ich bei keinem Hamburgbesuch auslassen darf. Immerhin schaffte ich es diesmal, nach langem Stöbern den Laden zu verlassen, ohne ein einziges Buch gekauft zu haben. Allerdings weiß ich nun, was ich mir daheim in der lokalen Buchhandlung vorbestelle ;-)

Manfredo Ottenso

Zurück zur S-Bahn, zwei Stationen weiter nach Altona. Ein kleiner Rundgang durch Ottensen brachte uns zu tollen Breakdance-Jungs, die artistische Nummern vor großem Publikum abzogen, vorbei am Kurth und am BIO-Stammhotel Schanzenstern zum zweiten Mampfstopp beim Kumpir-Türken, von Mike T-Bone aufgrund seiner altersbedingten Sehschwäche sofort als "Krumbier-Laden" identifiziert. Zwei leckere Falafel-Dürüm stärkten uns für den Rest des Tages, denn wir hatten ja noch was vor.

Betrieb auf dem Jungfernstieg - im März!

Zwei in der Koppel

Nach S-Bahn-Stopps mit Rundgang an den Landungsbrücken und am Jungfernstieg kamen wir wieder am Hauptbahnhof an und spazierten sofort weiter nach St.Georg in die Lange Reihe. Die Espressi in der Koppel 66 mundeten primella und putschten uns für die Rückreise, die ich ohne großes Nachdenken in der S-Bahn nach Altona antrat. Zum Hotel Schanzenstern, wie immer in Hamburg. Wir bemerkten es glücklicherweise schnell, fuhren vom Dammtor aus wieder zurück und dort stand bereits unser Regionalexpress nach Lübeck, mit freien Plätzen und WLAN.

Ein langer schöner Tag neigt sich dem Ende zu, mit Kilometergeld wären wir reich geworden, so wurden wir nur müde. Für morgen haben wir einen Ruhetag beschlossen, irgendwann ist ja auch mal gut.

01 März 2019

Übers Fegefeuer in die 20er Jahre

Namen haben die hier ..
Unser heutiger Morgenspaziergang führte uns durch hell- und dunkelgrüne Gänge, vorbei an Willy Brandts Geburtshaus und am Fegefeuer bis zur Südspitze der Altstadtinsel. Durch die Lübecker Altstadt kann man tagelang kreuz und quer wandern und stößt immer wieder auf unbekanntes Terrain. In der Mühlenbäckerei konnte ich Mike T-Bone nur mit Mühe davon überzeugen, dass er der netten Verkäuferin seinen Schokotaler nur mit 70 ct. und nicht mit 2 € bezahlen muss. Da er vorher schon nach dem Einkauf im Rewe moniert hatte, dass er für drei Teile viel zu viel bezahlt hat, aber vorsichtshalber keinen Kassenzettel mitgenommen hatte, interpretierte ich das als Zeichen für altersbedingte Erschöpfung. Als wir nach drei Stunden wieder im Hotel aufschlugen, mussten wir uns allerdings beide eingestehen, dass wir keine sechzig mehr sind. Platt wie Flundern legten wir eine kleine schöpferische Pause ein und fielen in einen zweistündigen Tiefschlaf.

Am späten Nachmittag kehrten wir nochmal bei Peter Pane ein und trafen dort zu unserer freudigen Überraschung auf die beiden netten Mitfahrerinnen aus der Bahn, die sich dort für ihren Lernabend stärkten und daher leider nicht mit zum Café Sofa kommen konnten.

Die Vier aus dem Zug
Hier erwartete uns ein schöner 20er-Jahre-Abend, den die beiden Initiatoren der gestrigen Schreibwerkstatt, Andrea Plennis (aka "Dreas Stuv") und der Autor Wolfgang Bremer, organisierten bzw. moderierten. Eigentlich sollte der Abend bereits am 20.11.2018 stattfinden, musste jedoch aus Krankheitsgründen auf den heutigen Tag verschoben werden. Ein Glück für uns.

Wolfgang zitierte aus den Werken von tollen Autorinnen aus der Weimarer Republik, die sich hinter ihren männlichen Kollegen nicht zu verstecken brauchten, und stellte die Frauen mit Bild und Vita vor. Wir hörten Auszüge von Irmgard Keun, Gabriele Tergit, Mascha Kaléko und Vicki Baum, die sehr deutlich machten, wie frei diese Autorinnen damals schon Dinge aussprachen, wie man es bis dahin von Frauen nicht gewohnt war. Dazu interpretierte das Duo Ungeniert Musik dieser Epoche musikalisch, mal witzig, mal nachdenklich.

Das ungenierte Duo
In der Pause hatte Andrea ein leckeres Snack- und Antipasti-Buffet hergerichtet, bei dem wir die Gelegenheit hatten, mit einigen anderen Besucherinnen und Besuchern zu plaudern. So war es ein sehr interessanter, abwechslungsreicher Abend, Andrea und Wolfgang hatten gestern nicht zu viel versprochen. Wir vereinbarten, dass der nächste Lübecker Schreibkursteilnehmer, der in Andernacher Reichweite ist, auch bei uns einen Gegenbesuch im Schreibkurs abstattet, und verabschiedeten uns herzlich.
Vier auf einer Bühne
Liebe Andrea, an dieser Stelle nochmal meinen Respekt für alles, was du so neben Deinem Job organisierst und vor allem, wie toll Du das machst. Chapeau! Leider sind all meine Fotos aus dem Sofa nix geworden und ich freue mich um so mehr, dass Du mir Deine schönen Bilder zur Verfügung gestellt hast.