24 Mai 2020

Zwei Brüder am Rhein

Mein kleiner Liebrlingsbruder besuchte mich heute morgen zum Familienfrühstück. Anschließend fuhren wir zum Parkplatz am Runden Turm und starteten von dort aus erstmal in den neu angelegten Römergarten auf dem ehemaligen Weisheimer-Gelände. Da entsteht ein schönes kleines Refugium auf historischem Grund. Wenn in einigen Jahren die Bäume groß genug sind, um Schatten zu spenden, wird das gerade für die älteren Mitbürger ein beliebter Ort, da waren wir uns schnell einig.

Anschließend unternahmen wir am Rhein einen Spaziergang Richtung Namedy, vorbei am alten Krahnen und am Pegelhaus hatten wir am Ende einen schönen Blick hinüber nach Leutesdorf. Bon hier aus könnten wir den Freunden in Leutesdorf glatt über den Rhein zuwinken, denn die Marienburg liegt uns ziemlich genau gegenüber.

Blick auf Leutesdorf
Mit Leutesdorfer Künstlern und Autoren zusammen haben wir gerade unsere zweite Broschüre zusammengestellt, die sich bereits im Druck befindet und demnächst veröffentlicht wird. Das Motto diesmal: Brücken schlagen - Grenzen überwinden. Hier habe ich im Korrekturabzug unter den Leutesdorfer Künstlern einen mir bekannten Familiennamen entdeckt, und es stellte sich heraus, dass es sich um meine Cousine 2.Grades handelt. Tja, die Welt ist so klein.

Einige freundliche Mitmenschen sind unterwegs, aber das große Gedränge bleibt zum Glück aus. Am Ende waren wir anderthalb Stunden unterwegs, das ist bisher mein größtes Pensum nach der Entlassung aus dem Krankenhaus. Ich spüre, wie die körperliche und psychische Verfassung sich täglich stabilisiert - und das tut sehr gut.

Jetzt gilt es, meine blau-weißen Helden beim Spiel in Karlsruhe mit Anfeuerung vor dem Fernseher zu unterstützen, damit wir das Abstiegsgespenst endgültig aus unserem Blickfeld verjagen können. Glückauf!

22 Mai 2020

Spaziergang durch die Erinnerungen

Kapellchen am Wegrand

Mit meinem Lieblingsbruder machte ich gestern einen schönen Rundgang in der Heimat unseres Vaters. Vom Keller Sportplatz aus kann man einen guten halbstündigen Rundgang um den Berghang machen, die schöne Aussicht bis zur Burg Olbrück genießen und am Schluss noch ein wenig auf der Bank unweit vom Kapellchen verweilen, von wo man einen schönen Blick über Kell und bis nach Wassenach hat.

Blick über die Hügel

Erinnerungen wurden wach an meine Jugendzeit, als wir hier im Wäldchen neben dem Sportplatz gezeltet hatten. Zelten als Siebzehnjähriger bedeutete damals Rauchen, Saufen, Zocken. Unvergesslich der Tag, als ich, bereits völlig mittellos, meinen beiden Weggefährten tagsüber beim Zocken, natürlich mit reichlich Bier zum Lockerwerden, alles Geld aus der Tasche gezogen hatte, so dass ich sie abends, als wir bereits alle den Kanal voll hatten, großzügig zum Gang in eine der drei Dorfkneipe einladen konnte. Der Weg vom außerhalb gelegenen Wäldchen bis ins Dorf gestaltete sich schon sehr holprig, zog sich endlos lang. Als wir endlich angekommen waren, legte einer der beiden schon bald sein Haupt auf den Tresen, der Andere unterhielt sich mit Einheimischen über Sachen, an die er sich am nächsten Tag garantiert nicht mehr erinnern konnte.

Wir hatten parallel zum Zocken zum Beginn des Tages ein Wettsaufen ausgemacht. Es gab Flaschenbier, auch in der Kneipe, und für jede konsumierte Flasche steckte man sich den Kronkorken in die Tasche. Als die Kneipe gegen Mitternacht dichtmachte, lag ich bereits mit kalrem Vorsprung in Führung, war jedoch als Trinkfestester in der Runde nun in der Zwangslage, die beiden Angeschlagenen irgendwie zum Zelt zurück zu bugsieren. Also klemmte ich mir unter jeden Arm einen, und los gings, im Schneckentempo. Zum Glück war um die Zeit kein Auto mehr im beschaulichen Kell unterwegs, denn wir brauchten tatsächlich die ganze Straßenbreite, da meine beiden Genossen immer wieder Ausfallschritte nach links oder rechts benötigten. Wenn mir einer der beiden (13 Kronkorken) aus dem Arm wegflutschte, kam er ins Torkeln, ließ sich aber wieder einfangen. Der Andere hingegen (11 Kronkorken) stürzte jedesmal wie ein Mehlsack zur Seite, wenn er kurz aus meinem Arm glitt legte sich zum Schlafen auf die Straße. Dieses Schwergewicht jedesmal wieder hochzuzerren war echt mühsam. Aber irgendwie schaffte ich es, die beiden nach einer gefühlten Ewigkeit ins Schlafzelt plumpsen zu lassen. Einer links, einer rechts, mein Platz war in der Mitte. Beide schliefen schon ein, bevor sie auf der Luftmatratze lagen. Ich war jedoch nach dieser Tortur noch nicht bettreif und setzte mich erstmal draußen an die letzte Glut, die noch vom Lagerfeuer übrig war. Es war eine warme Sommernacht, ich holte tief Luft und zählte erstmal meine Kronkorken. 18! Das konnte ich natürlich so nicht stehen lassen und schlabberte noch gemütlich die fehlenden zwei Plemben. Dann hörte ich Getöse im Zelt. Ich torkelte sofort ins Schlafgemach und sah gerade noch, wie der Eine (13) im Zelt stand und genüsslich sein Gemächt wieder einpackte, während der Andere (11) sich vehement darüber beschwerte, wieso es plötzlich so feucht um ihn herum war.

Wieso? Klar, Nummer 11 wähnte sich in seinem Suff wohl vor dem Klo stehend und erleichterte sich um Unmengen von Körperflüssigkeit. Unglücklicherweise zielte der Strahl genau in Richtung der gegenüber leigenden Nummer 11. Das ganze Schlafzelt eine Sauerei.
Ok, Nummer 13 schlief sofort wieder den Schlaf der Gerechten, und Nummer 11 schlief auch irgendwann im Nassen wieder ein. Ich schnappte mir eine Decke aus dem Vorzelt und legte mich in die laue Sommernacht, um meinen Rausch auszuschlafen.

Was einem so alles wieder einfällt, wenn man 45 Jahre später wieder am Ort des Geschehens ist.


14 Mai 2020

Die nette Nette

Tag 27 seit dem Hörsturz war ein ganz passabler. Der Blutdruck pendelt sich dank richtiger Medikamentendosierung und richtiger Manschette am Messgerät langsam in gesunden Höhen ein. Und der einstündige Spaziergang mit Hilde längs der Nette in Richtung Wernerseck hat auch gut getan.
Nettebrücke
Bäume beschützen den Weg

Vorhin hat sich Buddy, mein Neffe dritten Grades gemeldet und mir gute Besserung gewünscht. Mein Lieblingsbruder kam auf ne Tasse Kaffee vorbei. Und der leckere Rucolasalat war die Krönung.
Es gab schon schlechtere Tage.

08 Mai 2020

A walk in the park

Tag 21 nach dem Hörsturz war ein guter Tag. Heute Mittag durfte ich mich erstmals bei einer Stunde granio-sacraler Biodynamik so wohltuend vom Hier und Jetzt lösen, dass ich sogar das Nebelhorn im rechten Ohr nicht mehr wahrgenommen habe.
Auch eine anschließende erste kleine Autofahrt in der Stadt war unproblematisch. Das Nebelhorn tröötzt zwar wieder, aber ich bin viel gelassener darin, es zu ertragen. Wie ich es einst in Bad Arolsen gelernt habe: Der Tinnitus darf das! Und ich darf selbst darüber entscheiden, ob ich mich ihm widme oder lieber mit anderen Dingen beschäftige.

Skulpturen im Rauscherpark
Am Spätnachmittag entführte mich Hilde in den Rauscherpark nach Plaidt, den ich so noch nie wahrgenommen habe. Super Gehwege, die ich mit meinem angeknacksten Gleichgewichtssinn gut gehen kann, Teich mit Enten, Gänsen und anderem Geflügel, ein Weg mit tollen Skulpturen verschiedenster Art, und das alles zieht sich recht weiträumig um die Nette und einige kleine Zuläufe und ist mit einer bunten Mischung verschiedenster Bäume besiedelt. Toll!

Den Abend rundeten wir daheim mit einem leckeren Rucolasalat ab und mir wurde mal wieder gezeigt: Es gibt auch ein Leben mit Hörsturz und Tinnitus.