Wie fühlt er sich an, der Abschied in Zeiten der Corona?
Nach dem heutigen letzten Arbeitstag kann ich es sagen: Schön und seltsam zugleich.
Nach einer spontanen telefonischen Absprache bin ich heute morgen doch noch einmal zu meinem langjährigen Arbeitsplatz zurück gekehrt. Letzte Woche hatte ich eine geänderte Abschlagszahlung übersehen und dadurch eine falsche Zahl für die interne Leistungsverrechnung geliefert. Meine liebe Kollegin hatte mich gestern telefonisch in ihrer unnachahmlich dezenten Art darauf aufmerksam gemacht.
"Dau Schôôf, watt haste dann dôh widda gemacht!"
Und so durfte ich dann heute morgen nach korrigierter Buchung die ILV nochmal anstoßen, was auch kein Problem war. Da wir uns derzeit nach Corona-Richtlinien nicht mehr so eng auf der Pelle hängen dürfen und wollen, verfrachtete sich mein Kollege und Nachfolger ins leerstehende Büro nebenan - und ich hatte an dem Arbeitsplatz, der bis heute noch meiner war, schnell die Korrekturen gemacht. So weit so gut.
Als ich im Anschluss dann meine Ablagekörbe aussortierte und vor allem meine persönlichen Dinge aus den Schubladen räumte, wurde es seltsam. Huch, die Tasse brauch ich ja ab morgen nicht mehr hier! Eine kleine Tüte voll privatem Kram verstaute ich direkt im Auto, bevor ich meine letzte Verabschiedungsrunde vom Erdgeschoss bis unters Dach drehte.
Heute war es ein relativ schnelles Unterfangen, da nur wenige Kolleg*Innen im Dienst waren und ich auch nur ein kurzes Tschöö aus der Distanz und ohne Drücken an den Mann bzw. die Frau brachte. Mir fiel heute auf, wie viele Kolleg*Innen ich persönlich mag und auch ich selbst kam mir bei Einigen gemocht vor. Das tat gut. Da ich ohne jeden Groll gehe und irgendwann, wenn der Corona-Scheiß vorbei ist, auch wiederkomme, um einen richtigen Ausstand zu geben, fiel mir das auch leicht.
Das Abgeben von Schlüssel und Chipkarte war dann wieder komisch, ähnlich wie das Ausräumen der persönlichen Utensilien zuvor hatte es sowas Endgültiges.
Aber unterm Strich fühlt es sich richtig gut an. Während ich hier sitze und diese Zeilen schreibe, wird mir klar, wie viel Glück ich im Leben hatte, dass ich heute ohne existenzielle Probleme und guten Mutes ins letzte Viertel marschieren kann. Nach all den früheren Rabaukenjahren gab es Zeiten, da hätte ich mir nicht vorstellen können, dass ich mein Leben nochmal so auf die Kette kriege und am Ende sogar vorzeitig in Rente gehen kann, in einem Wohlfühlhaus lebe, das mir gehört und mich tierisch darauf freue, noch mehr Zeit für die Familienforschung, das Schreiben, die nachhaltigen Projekte und vor allem für die Pflege der Freundschaften zu haben.
Nun ist es wahr geworden. Danke.