28 Februar 2019

Tony, Knakje und das Schreiben

Das erste Frühstück im Hotel war wirklich ein frühes Stück. Punkt Viertel vor Neun stand der unvergleichliche Mike T-Bone gestiefelt und gespornt vor meiner Tür, die Hühner waren gesattelt, es gab kein Zurück. Gut gestärkt verließen wir das Haus, um festzustellen, dass arktische Kälte in Lübeck Einzug gehalten hatte. Also schnell nochmal aufs Zimmer, T-Shirts aus-, warme Wäsche und Mäntel angezogen, und der Ausritt konnte starten.
Nach drei Stunden Altstadt-Cruising waren unsere Maschinen so heißgelaufen, dass wir die drei Sekunden, in denen die Sonne hinter den Wolken hervorlugte, ausnutzten, um bei Tony's Pizza-Team in der Breite Straße eine Outdoor-Mahlzeit einzunehmen. Danach genoss ich es sehr, der wieder einsetzenden Kälte mit einem leckeren Espresso und einer guten Knakje den Schneid abzukaufen.

Tony + Knakje + Espresso = GUT

Der anschließende Rückweg ins Hotel wollte bei polaren Minusgraden gar kein Ende nehmen, vor meinem geistigen Auge sah ich kurz eine Schlagzeile am Himmel "Zwei alte Männer nach drei Tagen erfroren in Lübeck aufgefunden!" Wir erreichten das Hotel mit knapper Not, wir beide lebten, kein Pferd war tot! Und zwei Stunden bei bollernder Heizung in den Hotelbetten retteten uns vor dem drohenden Kältetod.

Dann entdeckte ich auf meinem Tablet eine Veranstaltung für heute Abend, die sofort mein Interesse erweckte.

Kurs "Wir schreiben dann mal was"
18:15 - 19:45 im Café Sofa

Ja, es gibt tatsächlich einen Schreibkurs in Lübeck. Zwei Telefonate später wusste ich, dass ich als Gast für einen Abend teilnehmen durfte und war sehr gespannt, was mich dort erwartete. Um es vorweg zu nehmen: Im Kulturcafé Sofa erwarteten mich mit (von links) Birgit, Wolfgang, KlausCorinna, Rena, Heide und Andrea und sehr nette und offene Menschen, die alle der gleichen Leidenschaft frönen wie ich, dem Schreiben!

Auch Lübeck hat junge aufstrebende Literaten!

Ich fühlte mich sofort willkommen und zu Hause, die kurze Vorstellungsrunde sprengte ich zeitlich ein wenig, weil ich zu viel quatschte, als ich einmal dran war. Hier hatte tatsächlich noch keiner etwas von unserer essbaren Stadt gehört!
Ich bemerkte schnell: Auch hier ist es eine gewachsene Gemeinschaft ziemlich unterschiedlicher Menschentypen, so wie bei uns in Andernach. Das scheint irgendwie eine Eigenart von uns Schreiberlingen zu sein, die mir sehr gefällt.
Wolfgang Bremer moderierte die Runde. Besprechung der nächsten beiden Termine, Buchvorstellung, irgendwie kam mir alles sehr bekannt vor.

Ganz schön knifflig, diese Dialoge ...

Dann das Thema des Abends. Dialoge. Kurze Vorbesprechung, dann Arbeitsgruppen. Schreibt einen Dialog zusammen, den ihr euch selbst ausdenkt. Wem nix einfällt, der kann über Käse schreiben. Klaus, seines Zeichens Ingenieur und Erfinder im Bereich regenerativer Ideen, war mir ein willkommener Übungspartner. Meine beiden Figuren Mike Neuhaus und sein Kumpel Buckel entwickelten in diesem neuen gemeinsam entwickelten Dialog eine andere Geschichte als die, welche ich mir ein paar Tage vorher daheim ausgedacht hatte. Spannend, so etwas zusammen zu machen.
Alle Geschichten wurden vorgetragen und besprochen. Jeder hatte etwas ganz Anderes gemacht, eine witzige Käsegeschichte war übrigens auch dabei.

Natürlich besprach ich mit Klaus nach dem Kurs auch mein Solarmobilprojekt in Bingen, und er kann mir dabei evtl. mit Ideen und Kontakten weiter helfen. Wir verabschiedeten uns, nicht ohne eMails, WhatsApp etc. ausgetauscht zu haben. Andrea (oberes Bild, 1.v.r.) hat mir freundlicherweise schöne Fotos geschickt, da meine Aufnahmen allesamt verwackelt waren. Und so können wir all die netten Menschen aus der Lübecker Schreibwerkstatt auch in diesem blog sehen.
Vielen Dank an alle für die schöne Aufnahme im Club! Auf diesem Weg übermittle ich auch die besten Grüße der Teilnehmer an meinen Schreibkurs in Andernach.

Zurück im Hotel erreichte mich über die heimische WhatsApp-Gruppe die wunderbare Nachricht, dass der liebe Kollege eine sehr kritische OP gut überstanden hat. An Tagen wie diesen - wünsch ich mir Unendlichkeit...

27 Februar 2019

Mit "Deutsche Bahn" zu Peter Pan(e)

Es musste ein schöner Tag werden. Er begann mit einem erstaunlich blauen Morgenhimmel, einem fröhlichen "Morgen!" meiner lieben Mitbewohnerin, einem köstlichen Kaffee und einem pünktlichen guten Kumpel Mike T-Bone. Wir quatschten uns fröhlich fest und mussten uns dann sputen, um den Regionalzug nach Koblenz zu erwischen. Ein kurzer Blick in die Bahn-App zeigte an, dass unser Zug der einzige an diesem Tag sein würde, der pünktlich Andernach verlässt. Als wir dann aber ruckzuck am Bahnparkplatz waren und bereits sieben Minuten vor der planmäßigen Abfahrt den Bahnhof betraten, sah man wohl ein, dass  man uns so nicht ärgern kann und streute schnell mal fünf Minuten Verspätung rein. Aber da wir dies natürlich längst eingeplant hatten und deshalb eh einen Zug früher losfahren wollten, waren wir auch pünktlich in Koblenz am Anschlusszug nach Hamburg.

Kaum zu glauben, aber wahr: Fast pünktlich!

"Was nun?" dachte sich die Deutsche Bahn und lies uns erstmal in Wagen 8 einsteigen. Unsere reservierten Plätze waren erstaunlicherweise noch frei, allerdings leuchteten an unseren Platzschildern LEDs mit "Mainz-Dortmund" und "Köln-Münster". Hmmh, geht's jetzt los mit den Störmanövern? Die nette Mutter mit Kind vom Platz gegenüber beruhigte uns. Alle Plätze wären falsch ausgewiesen, aber das wäre ihr egal, sie habe ja das Ticket mit der Platzreservierung dabei. Ok, hatten wir auch, also ab an die Fenster. Nach Köln bekamen wir nette Sitznachbarn, zwei Frauen, die auch nach Lübeck wollten. Die mussten zwar ab Münster nach gegenüber weichen, zur netten Mutter mit Kind, aber das Wetter blieb schön, wir betrachteten unterwegs blauer Himmel und flache Landschaften und es gab keine größeren Störaktionen der "Deutsche Bahn". Ok, die Verspätung wuchs langsam bis auf ne Viertelstunde an. Nach drei Stunden schickte mir sogar die Bahn eine "Verspätungs-eMail", in der sie mich darauf hinwies, dass ich unter Umständen einen Anschlusszug versäumen könne. Ach?! Aber der Folgezug Hamburg-Lübeck verrutschte endlich auch in der App auf zehn Minuten Verspätung. Also wäre alles gut gewesen. Das konnte man natürlich nicht zulassen und baute flugs zwischen Bremen und Hamburg-Harburg eine Gleisbaustelle ein, an der wir tatsächlich im Stau hinter mehreren Güterzügen weitere zehn Minuten verloren. 

Aus, vorbei, aber mittlerweile waren wir so spät, dass wir in Hamburg in den nächsten Zug nach Lübeck einsteigen durften. Die zehn Minuten Aufenthalt nutzte ich, um mir mit dem Senf einer Rindswurst das Hemd, die Jacke und den Rucksack zu versauen. Aber alles in allem ist das immer noch ne Superquote für einen Tag mit "Deutsche Bahn".
Als wir dann glücklich in Lübeck im Hauptbahnhof standen, stolperten wir wieder über eine unserer Reisebegleiterinnen von Köln bis Münster, die wir in Hamburg aus den Augen verloren hatten. Sie erzählte uns, dass sie in ihrer Ausbildung drei Jahre in Lübeck verbracht hatte, sich also ein wenig auskannte, und empfahl uns das Peter Pane, welches definitiv die besten Burger von Lübeck servieren würde. Ok, steht auf der Merkliste.

Lübeck, ich komme!

Unser Hotel befand sich nur ein paar Meter vom Bahnhof, wir wurden nett empfangen und nach kurzem Entern der Zimmer machten wir uns auf den Weg, um uns im Hellen noch ein wenig die Beine zu vertreten. Als ich im Holstentor stand, kam ich nicht umhin, meiner Freude Ausdruck zu verleihen und Lübeck ganz herzlich zu begrüßen.

Didgeri-Mike

Eine kleine Runde über die Altstadtinsel tat uns gut, beim Musikanten in der Breite Straße beschloss Mike im Überschwang, nächstes Jahr selbst ein Didgeridoo-Konzert zu geben. Am Ende, nach Versorgung mit Getränken und Geknabber, landeten wir natürlich im Peter Pane. Und die junge Frau hatte nicht gelogen, unsere vegetarischen Nussknacker-Burger waren superlecker und machten satt. Und so sitze ich am Ende eines langen Tages nun in meinem kleinen sauberen Zimmer und habe Spaß daran, diesen blog zu schreiben.


07 Februar 2019

Die Römer unter uns

Kohorte 26 bei Nacht

Wir leben in einer geschichtsträchtigen Gegend. Das zeigt nicht zuletzt die Dauerausstellung im Saffiger Schlösschen mit menschlichen Knochenfunden im Alter von 200.000 Jahren. Am heutigen Abend fand dort die Eröffnung einer Sonderausstellung statt, welche speziell römische Funde aus der Region zeigte. Tongefäße, Schmuck, Grabbeigaben wie ein spezielles Brot wurden gezeigt und erläutert.

Der Ausstellungsraum war um 18 Uhr gut gefüllt mit interssierten Besuchern. Zu Beginn wurden wir alle vor die Tür gebeten, wo eine römische Kohorte in der Park einmarschierte. Der Centurio der Cohors XXVI VOL C R stellte sich und die Seinen dem Publikum vor. Dass es römische "Freiwilligenkohorten in den germanischen Provinzen gab, deren Teilnehmer nach 25 Jahren Dienst mit dem römischen Bürgerrecht belohnt wurden, war mir völlig neu. Nach dem Vorbild dieser einstmals tatsächlich existierenden Kohorte haben sich geschichtsbegeisterte Menschen im Jahr 2000 in Rheinbrohl als Verein formiert und stellen diese Form des römischen Lebens naturgetreu dar.

Römer und schöne Frauen - das passt

Nach diesem Auftritt begaben wir uns wieder in den Ausstellungsraum. Meine liebe Kollegin Ricarda und mein geschätzter Halbgroßneffe vierten Grades Pascal hatten die Exponate zusammengestellt und mit einigen helfenden Händen aufgebaut. Der Hausobere der Barmherzigen Brüder, Frank Mertes, sowie Ricarda und Pascal hielten ihre Reden erfreulich kurz und knackig. Und auch der Bannerträger der Kohorte wusste Interessantes über Kaiser Augustus zu erzählen, der römischen Sklaven anbot, bei Eintritt in die Hilfskohorte sofort als Römer eingebürgert zu werden.

Die Landhauskonditorei Ulrike Schmitz hatte wieder römisches Brot nach dem Original Rezept gemacht, welches den Besuchern zusammen einer Art römischem Pesto und anderen Leckereien wie eingelegten Oliven, Trauben, Käsewürfeln köstlich mundete. Das gleiche Brot übrigens, das man als steinharte verkokelte Grabbeigabe in der Vitrine bewundern konnte.

Natalie, Augustus und ich

Neben den interessanten Exponaten wurde es auch durch einige interessante Gespräche und die leckeren Snacks ein richtig netter Abend, viele Besucher verließen zufrieden das Schlösschen. Die gute Natalie verwandelte sich zwischendurch in einen waschechten Römer, die Kohorte ist wohl um ein Mitglied reicher geworden.