04 Oktober 2018

Rocky ist tot!

Schon die Internetmeldung traf mich vorgestern Abend ziemlich unverhofft. Da sie jedoch von dem Lügenblatt mit den vier Buchstaben kam, hab ich sie für ne Ente gehalten. Ich wollte sie für ne Ente halten, besser gesagt. BLÖD lügt ja fast immer. Als ich dann heute morgen die Rhein-Zeitung zum Frühstück aus dem Briefkasten holte, musste ich kurz die Luft anhalten. Da stand es - schwarz auf weiß:

Rocky stirbt bei Autounfall

Auf der letzten Seite dann ein ausführlicher Bericht, den ich heute morgen gar nicht lesen konnte. Den ganzen Tag über schwelte etwas in mir, immer wieder tauchte das zerbeulte, alte Gesicht vor meinem geistigen Auge auf. Was zum Teufel verbindet mich denn mit diesem Kerl, den ich nur aus dem Fernseher kannte? Was liegt mir an so einem, der ein Leben voller Exzesse und Skandale geführt hatte? Wieso berührt es mich so, dass gerade er den Löffel abgegeben hat?

Mach's gut, Rocky!

Er betrat die Boxbühne 1983, wurde 1985 erstmals deutscher Meister und somit auch im Fernsehen populär, als ich gerade anfing, mein verbeultes Leben wieder in gerade Bahnen zu lenken. Ich habe ihn bewusst nur ab der Zeit erlebt, als ich meine großen Exzesse hinter mir gelassen hatte. Da zeigte mir einer, dass es auch in einem Leben auf der Überholspur schöne Momente gibt. Zumindest schien er sich dort wohl zu fühlen. Er rotzte jeden an, der ihm was anderes erzählen wollte, schlug ständig über die Stränge. Wie oft dachte ich: "Junge, Du hast den tiefen Teller wirklich nicht erfunden, halt doch wenigstens die Klappe!" Aber er haute immer alles raus, so wie es kam. Aus den Fäusten wie aus dem Mund. Das hat mir trotzdem imponiert. Ich hab ihn stets als ehrlich und authentisch erlebt, wie falsch das auch manchmal war, was er in Interviews so von sich gab.

Wie schlimm war es, als es dann Niederlagen gab. Gegen Maske, gegen Darius. Wie er sich in all diesen Kämpfen bis zum letzten Atemzug gewehrt hat, auch wenn er chancenlos war. Einer, der immer wieder aufstand, so lange man ihn nicht tot schlug. Im Ring wie im Leben. Und einer, der immer wieder hinfiel. Der Straßenköter unter den Boxern.

Wie erbärmlich wirkte dagegen Henry Maske auf mich, der sich als der intelligente Gentleman-Boxer aufzuspielen versuchte, obwohl er in meinen Augen auch nicht mehr Grips in der Rübe hatte als Rocky, sich aber anders verkaufte. Wie schlimm waren Rockys beleidigende Sprüche vor dem Kampf gegen Darius Michalczewski. Und wieder dachte ich: "Red doch nicht so einen Mist!" Und trotzdem mochte ich ihn.

Und als er nach dem Karriereende plötzlich in einem Videospot gegen Gewalt auf der Straße im Fernsehen den Mund aufmachte, wie er den Jungs auf den Kopf zusagte, dass sie erbärmliche Feiglinge sind, wenn sie zu dritt einen Einzelnen vermöbelten. Wie er sagte, sie sollen ins Box-Gym kommen und dann Mann gegen Mann kämpfen, dem Gegner ins Auge sehen, wenn sie echte Kerle sein wollten. Als dieser Mann mit dem damals schon verbeulten Gesicht das sagte, war ich mir sicher, dass er viele jugendliche Gewalttäter damit erreicht.

Dann über Jahre nur noch Meldungen von entzogenen Führerscheinen, Knast, zwischendurch wieder berappeln, ein neues Gym planen, um dann wieder abzustürzen. Das tat mir nur noch leid für ihn.

Und nun ist er weg. Für immer. In meinem Herzen wird er bleiben.

4 Kommentare:

  1. Hanni19:55

    Ich bin auch traurig. Hab ihn auch gemocht und gerne boxen sehn - soviel Herzblut. Bananenhirn egal.

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  2. Haben wir die Revanche gegen Darius im Jahr 2000 nicht zusammen gesehen?

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  3. Anonym21:08

    In meinem Herzen wird er auch bleiben.

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