31 Oktober 2018

Es ist vollbracht


Keine Atempause, Geschichte
wird gemacht - es ist vollbracht!

So habe ich mich heute mittag gefühlt, als ich heute Mittag nach der problemlosen Abnahme der alten Wohnung im Auto saß und in Richtung meiner neuen Heimat unterwegs war. Laut singend, grölend, Urschreie ausstoßend - schade, dass der alte Gassenhauer von Fehlfarben nicht grad im Radio lief, das hätte genau gepasst.



Tausend Steine plumpsen runter, der selbstgemachte Stress der letzten Wochen ist vorbei. Die vielen noch nicht ausgepackten Kisten und Kasten im neuen Heim jucken mich überhaupt nicht. Fünfzehn schöne Jahre in der alten Wohnung gehen zu Ende - und ich vertraue auf (mindestens) genau so viele schöne Jahre in der neuen Umgebung.
Zur Belohnung gönn ich mir bei Scheunemann zwei paar neue Schuhe, die alten, bequemen Dauerlatschen sind so schlimm malträtiert, dass sie nur noch als zukünftige Dreckarbeitsschuhe dienen werden. Was bedeutet, dass ich sie hoffentlich nie mehr anziehen muss. Ein guter Espresso (ok, zwei) und eine Nussecke der besten Bäckerin der Region versüßen mir den erfolgreichen Tag. Dann muss der Monteur für eine halbe Stunde den Strom abstellen, damit die PV-Anlage ans Netz geklemmt werden kann.
Mein kleiner Lieblingsbruder bringt mir netterweise nicht nur das Rezept der Ärztin unseres gemeinsamen Vertrauens vorbei, sondern hat es auch direkt in der Apotheke eingelöst. Kurz bevor er kommt, verbrutzelt der Monteur zwei Hauptsicherungen beim Versuch, den Strom wieder einzuschalten. Mir schwant nichts Gutes. Er fährt nur schnell in die Firma (um die Ecke), um zwei neue Sicherungen zu holen. Nach einer halben Stunde des Wartens fällt mir auf, dass die Heizung ohne Strom auch nicht mehr läuft. Es wird dunkel, es wird kalt. Mein Bruder will im Dunklen Kalten auch nicht bleiben. Mir schwant Übles.
Die Elektriker tauchen auf, wollen im Vorderhaus Kabel verlegen. Keiner Zuhause. Mist. Ich frage vorsichtshalber nach Sicherungen, da ich irgendwie ahne, dass genau die gesuchten Sicherungen in der Firma des PV-Monteurs grad nicht vorrätig sind. Morgen ist Feiertag. Mein Haus ist kalt und dunkel. Genau diese Sicherungen haben die Elektriker natürlich nicht im Auto. Nach einer Viertelstunde des Wartens fahren sie wieder heim und wollen am Montag weitermachen.
Zum Glück kommt die Freundin im Vorderhaus zehn Minuten später nach Hause und gewährt mir Warm-und-Tee-Asyl. Nach einer Stunde taucht der PV-Monteur wieder auf und versichert mir, dass ich gleich wieder Strom und Wärme im Haus habe. Eine Stunde später ist er immer noch am Werk, während ich gemeinsam mit den Freunden im Vorderhaus Tee schlürfe. Das kann doch nicht gut gehen.
Als ich dann nach hinten gehe, um zu sehen, ob der Monteur noch lebt, sehe ich schon von außen Licht hinter dem Fenster. Jubilee! Ich spüre die Wärme der Heizung, als ich das Haus betrete. Auch der Monteur lebt. Er räumt gerade zusammen und verabschiedet sich. Der hatte sich wahrscheinlich auch was Schöneres zum Feierabend vorgestellt als diese Aktion. Eine Stunde später, nach einem leckeren Frosta-Gemüsetopf und zwei weiteren Espresso, schlafe ich friedlich vor der TV-Fußballübertragung im Sessel ein. Nun ist doch alles gut.

28 Oktober 2018

Im Endspurt: Das Universum hilft weiterhin

Als vorgestern klar wurde, dass die alte Küche in der alten Wohnung abgebaut werden musste, wurde es nochmal richtig eng. Ich kann keinen Herd abklemmen. Das Universum griff wieder ein:
Gestern, Samstag, hatte ich morgens vereiste Autoscheiben. Beim Einstecken des Schlüssels ins Zündschloß komme ich mit dem Arm gegen den Hebel für den Scheibenwischer. Ein knirschendes Etwas zuckelt über die vereiste Scheibe, bis zur Mitte, dann kracht es kurz und der Wischer fährt zurück. Ach Du Scheiße, nicht das jetzt auch noch! Ein Anruf in der Werkstatt meines Vertrauens beruhigt mich. Der Inhaber, mit dem ich seit Jahren freundschaftlich verbunden bin, hat nachmittags in meiner Nähe einen Kundentermin und sagt zu, vorher vorbei zu kommen und sich das anzuschauen. Als er kommt, ist das Problem schnell erkannt und behoben. Ich zeige ihm kurz mein neues Domizil, es gefällt ihm. Dann fragt er, ob ich noch Hilfe brauche. Die hat er mir vor Wochen schon angeboten. Da ich jedoch um seinen 14-Stunden-Tag weiß, hab ich ihn nicht gefragt. Ich erzähle ihm, dass ich übermorgen, Montag, die Küche abschlagen will und dass ich nur noch jemand brauche, der den Herd abklemmt.
Genau sein Metier. Da er an allen Tagen außer Sonntag mehr als ausgelastet ist, bietet er mir an, mit dem Werkzeugkoffer am morgigen Sonntag vorbei zu kommen und mit mir die Küche abzubauen. "Du weißt, doch, dass ich Elektrisch kann. Ich bring den Akkuschrauber mit, Du wirst sehen, wie schnell das geht!" Ich bedanke mich für das Angebot und bitte um Bedenkzeit, weil ich die Küche eigentlich erst für Montag vorgesehen hatte.
Um es kurz zu machen: Ich habe sein Angebot angenommen und wir haben heute nachmittag nicht nur die komplette Küche abgebaut, sondern alles, was auf den Sperrmüll kommt, aus der Wohnung und aus dem Keller getragen. Wir haben alles von Wänden und Decken abmontiert, was dran war. Regale, Garderoben, Gardinenstangen, alles. Und wir haben den Herd, die Spülmaschine, die Dunstabzugshaube in mein Auto geladen, die ich morgen früh direkt entsorgen kann. Morgen wird die Wohnung komplett leer werden, übermorgen wird sie sauber gemacht, so dass am Mittwoch, dem 31.10., spätnachmittags die Abnahme erfolgen kann. Morgen kommt mein lieber Großneffe vorbei und ersetzt das defekte Eckventil vom Spülmaschinenanschluss.
Panta Rhei -> Alles ist im Fluss. Und es fließt gut. Das wäre alles nicht so gelaufen, wenn ich nicht am Samstag Morgen mit dem Arm aus Versehen den Scheibenwischer betätigt hätte. So stelle ich mir jetzt den Butterfly-Effekt vor, kleine Ursache -> große Wirkung.
Auf ähnliche Art und Weise hat mir das Universum bereits den Fahrer des großen Umzugswagens organisiert und auch den Schlafzimmerschrank-Ab-und-Aufbauer (siehe letzten blog-Eintrag).


Danke, Freunde! Danke, Universum!

14 Oktober 2018

Neuland

Die erste Nacht im neuen Haus. Ein Umzug der seltsamen Art. Seit Monaten kenne ich den Termin, Kriege es aber nicht geregelt, rechtzeitig alles aussortiert und gepackt zu haben. Hab mich lange wohl gefühlt dabei, keinen Stress zu haben, trotz aller mahnenden Worte aus dem Freundeskreis. Daher wurde es jetzt nochmal richtig eng.
Ein weiteres Problem: Ein Großteil vom Freundeskreis ist auch ungefähr in meinem Alter angekommen, plus/minus 10 Jahre, und hat dementsprechend wahlweise Rücken, Schulter, Herz oder ähnliches. Ich laufe selbst seit Wochen mit Wärmepflaster auf dem Rückgrat rum.
Und so wurde es eine anstrengende Zeit, die noch bis zum Monatsende andauert. Aber der Hauptakt ist heute geschafft. Die großen Teile, die mitkommen sollen, sind alle angekommen.
Einige Helfer hat mir dabei der Himmel geschickt. Wirklich seltsam war das. Ich sitze in der alten Wohnung, erkenne ein ungelöstes Problem, denke "Scheiße, das wird nix!", und 10 Minuten später klingelt das Telefon oder piepst das Handy und meine Retter sind dran, speziell für dieses unlösbare Problem.
So wurde der heutige Tag zum Erfolg, ich liege in meinem alten Bett in meinem neuen Domizil, neben dem aufgebauten Kleiderschrank.
Ich habe heute den toten Punkt überstanden, an dem ich mich nur noch zum Sterben unter die Kommode legen wollte. Und mein Kumpel Mike T-Bone hat die letzten Tage wacker all meine Spezialitäten ertragen, wenn ich mitten im Packen wieder anfing, ganze Papierstapel korinthenkackerisch Blatt für Blatt auszusortieren, obwohl der Tag X immer näher rückte, an dem alle Großmöbel leer geräumt sein mussten. Heute morgen um halb eins wurden wir fertig, um 9 begann der Umzug. Und wir hatten ca. 15 große Kartons voll Altpapier aussortiert.
Was nicht funktioniert: Telefon und Internet. Ich habe den Umzug bei Vofasfone/Kabel vor 2 Monaten angemeldet und das ok bekommen. Noch Fragen? Immerhin geht der Fernseher.

Langsam komme ich zu Ruhe. Ich freu mich auf das erste Frühstück im neuen Haus. Besser Spätstück, morgen ist das hier weckerfreie Zone.

04 Oktober 2018

Rocky ist tot!

Schon die Internetmeldung traf mich vorgestern Abend ziemlich unverhofft. Da sie jedoch von dem Lügenblatt mit den vier Buchstaben kam, hab ich sie für ne Ente gehalten. Ich wollte sie für ne Ente halten, besser gesagt. BLÖD lügt ja fast immer. Als ich dann heute morgen die Rhein-Zeitung zum Frühstück aus dem Briefkasten holte, musste ich kurz die Luft anhalten. Da stand es - schwarz auf weiß:

Rocky stirbt bei Autounfall

Auf der letzten Seite dann ein ausführlicher Bericht, den ich heute morgen gar nicht lesen konnte. Den ganzen Tag über schwelte etwas in mir, immer wieder tauchte das zerbeulte, alte Gesicht vor meinem geistigen Auge auf. Was zum Teufel verbindet mich denn mit diesem Kerl, den ich nur aus dem Fernseher kannte? Was liegt mir an so einem, der ein Leben voller Exzesse und Skandale geführt hatte? Wieso berührt es mich so, dass gerade er den Löffel abgegeben hat?

Mach's gut, Rocky!

Er betrat die Boxbühne 1983, wurde 1985 erstmals deutscher Meister und somit auch im Fernsehen populär, als ich gerade anfing, mein verbeultes Leben wieder in gerade Bahnen zu lenken. Ich habe ihn bewusst nur ab der Zeit erlebt, als ich meine großen Exzesse hinter mir gelassen hatte. Da zeigte mir einer, dass es auch in einem Leben auf der Überholspur schöne Momente gibt. Zumindest schien er sich dort wohl zu fühlen. Er rotzte jeden an, der ihm was anderes erzählen wollte, schlug ständig über die Stränge. Wie oft dachte ich: "Junge, Du hast den tiefen Teller wirklich nicht erfunden, halt doch wenigstens die Klappe!" Aber er haute immer alles raus, so wie es kam. Aus den Fäusten wie aus dem Mund. Das hat mir trotzdem imponiert. Ich hab ihn stets als ehrlich und authentisch erlebt, wie falsch das auch manchmal war, was er in Interviews so von sich gab.

Wie schlimm war es, als es dann Niederlagen gab. Gegen Maske, gegen Darius. Wie er sich in all diesen Kämpfen bis zum letzten Atemzug gewehrt hat, auch wenn er chancenlos war. Einer, der immer wieder aufstand, so lange man ihn nicht tot schlug. Im Ring wie im Leben. Und einer, der immer wieder hinfiel. Der Straßenköter unter den Boxern.

Wie erbärmlich wirkte dagegen Henry Maske auf mich, der sich als der intelligente Gentleman-Boxer aufzuspielen versuchte, obwohl er in meinen Augen auch nicht mehr Grips in der Rübe hatte als Rocky, sich aber anders verkaufte. Wie schlimm waren Rockys beleidigende Sprüche vor dem Kampf gegen Darius Michalczewski. Und wieder dachte ich: "Red doch nicht so einen Mist!" Und trotzdem mochte ich ihn.

Und als er nach dem Karriereende plötzlich in einem Videospot gegen Gewalt auf der Straße im Fernsehen den Mund aufmachte, wie er den Jungs auf den Kopf zusagte, dass sie erbärmliche Feiglinge sind, wenn sie zu dritt einen Einzelnen vermöbelten. Wie er sagte, sie sollen ins Box-Gym kommen und dann Mann gegen Mann kämpfen, dem Gegner ins Auge sehen, wenn sie echte Kerle sein wollten. Als dieser Mann mit dem damals schon verbeulten Gesicht das sagte, war ich mir sicher, dass er viele jugendliche Gewalttäter damit erreicht.

Dann über Jahre nur noch Meldungen von entzogenen Führerscheinen, Knast, zwischendurch wieder berappeln, ein neues Gym planen, um dann wieder abzustürzen. Das tat mir nur noch leid für ihn.

Und nun ist er weg. Für immer. In meinem Herzen wird er bleiben.