06 Oktober 2016

Der große Blick - vor und zurück

Heut Abend bin ich bei einer kleinen Ägypterin im Internet über einen Sinnspruch gestolpert, der mich sehr berührt hat:


Das Ziel eines glücklichen Lebens? 

Denken was wahr,
fühlen was schön,
und wollen was gut ist.
(Platon)

Das ist ein schönes Ziel, das wahrscheinlich kein fehlbarer Mensch jemals erreichen wird, aber in die Richtung dieses Ziels zu gehen, fühlt sich für mich super gut an.

Zu erkennen, was wahr und was unwahr ist, kann schon manchmal schwierig sein. Es hat auch niemand gesagt, dass es einfach ist. Danach zu suchen, fühlt sich richtig an. Dabei zu erkennen, dass es verschiedene Wahrheiten gibt, ist wichtig. Sich nicht zu belügen mit seinen eigenen Gedanken, das kann man üben.

Was schön ist, empfindet auch jeder anders. Es gibt z.B. optisch kosmetische Schönheiten, die empfinden manche Menschen als schön. Auf mich wirkt eher eine Ausstrahlung, die von innen kommt, magisch anziehend, das ist für mich schön. Ich zitiere hier nochmal meinen Lieblings-Herbie in seinem Lied über die Stadt, die wir lieben:

Du bist keine Schönheit, vor Arbeit ganz grau,
Du liebst Dich ohne Schminke!
Bist ne ehrliche Haut, leider total verbaut,
aber grade das macht Dich aus!

Diese Art der Schönheit berührt mich am meisten.
Beim Erkennen von Gut und Böse neige ich zur uralten Erkenntnis: Eigentlich weiß jeder grundsätzlich, was gut und was böse ist. Das ist in uns verankert, und auch wenn wir manchmal tief in uns hineinblicken müssen, können wir es sehen, wenn wir wollen.

Das ist mein Blick nach vorn, so will ich versuchen, durchs Leben zu gehen. Gleichzeitig bin ich durch meine Schreiberei auch wieder mit der Retrospektive beschäftigt. Da wurden alte Geschichten wieder aufgerührt, die ich längst verarbeitet glaubte. Da zeigen mir alte Geschichten beim Niederschreiben plötzlich neue Aspekte, die bisher für mich im Verborgenen lagen, die ich trotz mehrfachem Hinschauen einfach nicht gesehen hab.

Insbesondere wird mir anhand einiger Episoden meines Lebens bewusst, wie gut andere Menschen zu mir waren, wie oft mich Freunde und Bekannte aufgefangen haben, über vieles großzügig hinweg gesehen haben, was ich so alles an Mist fabriziert habe. Mir wird immer mehr klar, wie wenig ich bisher zu schätzen wusste, was Andere mir an Hilfe gaben, wie selbstverständlich das für mich war. Ja, wie berechnend ich das teilweise in die Wege geleitet habe, um hinterher drüber weg zu sehen. Das tut im Rückblick schon weh.

Heute ist das Meiste nicht mehr zu korrigieren, zu entschuldigen, gut zu machen. Manch einer der Helfer lebt gar nicht mehr. Und es wär auch blöd, 35 Jahre später zu jemand "Sorry" zu sagen. Heute kann ich wahrscheinlich nur versuchen, das Leben anders anzugehen und zu zeigen, dass ich auch anders kann. Und zu wissen um die eigene Fehlbarkeit und Selbstgerechtigkeit. Ich hör dabei gern meinem alten Idol Georg Danzer zu, der sich schon sehr früh über sowas Gedanken gemacht hat in seinem Lied

Traurig aber wahr
DASS DER MENSCH GERN GUAT SEI MÖCHT
HÜLFREICH, EDEL UND GERECHT
DASS IN IHM EIN ENGEL STECKT
UND ER NUR DEN TEUFEL WECKT
DASS ER A GEWISSEN HAST
DAS IHM NIE DES FALSCHE RAT'
DASS ER ABER DRÜBER LACHT
UND ERST RECHT DES FALSCHE MACHT
UND DASS I TIAF IN MIR DRIN
SÖWA SO EIN OASCHLOCH BIN
TRAURIG ABER WAHR


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