31 Oktober 2016

Marius un-plaqued

Die große Werkschau des dürren Herings ist angelaufen. Er geht langsam auf die 70 zu und inszeniert sich mal wieder selbst. Ich hab das MTV-Konzert nicht gesehen, konnte aber gestern Abend Teile einer Doku verfolgen und heute bei Facebook Tausende Kommentare dazu sehen (gelesen hab ich nur einen Teil davon).

Er polarisiert, die Emotionen bei Fans und Gegnern schnellen hoch. Manch einer kriegt Plaque beim heutigen Marius. Sobald auf einer Fanseite nach vielen Liebes- und Vergötterungsbekundungen EINER schreibt, er könne den Typ nicht ab und halte ihn für ein arrogantes geldgeiles Arschloch, wird er umgehend als dumm, krank, empathielos oder menschenverachtend beschimpft. So weit so gut, das unterscheidet sich wahrscheinlich nicht von der Fanseite eines Costa Cordalis oder einer Helene Fischer. Ich widerstand der Versuchung, so etwas wie einen "vernünftigen" Kommentar zu schreiben und überlege nun selbst, wie es um mein eigenes ambivalentes Verhältnis zu diesem Künstler bestellt ist.

Als mein Kumpel Franz damals die LPs Pfefferminz, Sekt oder Selters, und Stinker in unsere erste WG mitbrachte, war er mir ein wenig suspekt. Der Marius, nicht der Franz natürlich. Den TAXIMANN aus seiner ersten LP grölten wir alle mit, der war ein Renner in der Musikbox unserer Stammkneipe. Und JOHNNY WALKER bot sich ebenso zum Suffgrölen an. MIT PFEFFERMINZ BIN ICH DEIN PRINZ war einfach frech und witzig, jedoch mit SEXY und DICKE tat ich mich sehr schwer, das schreckte mich eher ab. GERTI hingegen fand ich sehr originell.

Erst 5 Jahre später, als mich die LP Das Herz eines Boxers völlig flashte, fiel mir auf, das auch auf den eben genannten Alben auch Perlen wie GUTE NACHT, HERMANN oder DER JUNGE AUF DEM WEIßEN PFERD zu finden waren. Bei allem, was mir in diesen ersten 10 Jahren so gefiel, wirkte Marius auf mich immer so, als müsse er sich nicht verstellen, als sei der rotzig-trotzige Schmock wirklich ein Teil von ihm. Das wirkte natürlich manchmal provokativ, manchmal arrogant, manchmal beides zusammen, aber es fühlte sich echt an. Der kleine Möchtegern-Rocker, unbeholfen, mit Schiss in der Buxe, den er mit lautem Singen übertönt. Ich zeig's euch! Mich kriegt ihr nicht klein! Theo gegen den Rest der Welt. "Was iss'n das für'n lahmer Zock hier!". Diese sympathische Form der Arroganz des Underdogs fasziniert mich bis heute.

Allerdings habe auch ich mich fremdgeschämt, als ich irgendwann seine optische Wandlung zum blasierten Lackaffen im weißen Armani mit ansehen musste, auch ich habe ihn damals stante pede aus dem Kreis meiner Helden verbannt.

Marius 2008

Irgendwann las ich dann wieder ein Interview mit ihm und hatte das Gefühl, dass die Lackaffen-Armani-Attitüde eigentlich nur ein Ausdruck dessen ist, was er schon immer war: Der kleine Underdog, trotzig-rotzig, wenns ums Auflehnen gegen das Establishment geht, der aber sehr unbeholfen ist, wenn er plötzlich selbst Teil dessen geworden ist, was er vorher angerotzt hat.
Und dieses Gefühl höre ich immer noch aus vielen Dingen raus.

WEIßT DU DASS ICH GLÜCKLICH BIN:
"... und ich glaub nicht an Götter, die mit der Hölle mir droh'n! ...."
"....und der Neid wird im Meer verglühn, WEIL ICH WILL, dass es das gibt!....."

Aber auch FREIHEIT, ES GEHT MIR GUT, NARBENHERZ, LASS UNS LEBEN, WIEDER HIER, NIMM MICH MIT, DEPRESSION, ES GEHT WEITER, GANZ UND GAR und einige andere sind wirkliche Lieblingslieder von mir geworden. Seither wirkt die vermeintliche Arroganz auf mich eher so, als sei es die alte Rebellenpose und er merkt einfach nicht, wie albern die im Armani-Look wirkt. Und so mag ich diese Songs und auch ihn weiterhin. Lasst ihn ruhig manchmal arrogant wirken. Er darf das!


06 Oktober 2016

Der große Blick - vor und zurück

Heut Abend bin ich bei einer kleinen Ägypterin im Internet über einen Sinnspruch gestolpert, der mich sehr berührt hat:


Das Ziel eines glücklichen Lebens? 

Denken was wahr,
fühlen was schön,
und wollen was gut ist.
(Platon)

Das ist ein schönes Ziel, das wahrscheinlich kein fehlbarer Mensch jemals erreichen wird, aber in die Richtung dieses Ziels zu gehen, fühlt sich für mich super gut an.

Zu erkennen, was wahr und was unwahr ist, kann schon manchmal schwierig sein. Es hat auch niemand gesagt, dass es einfach ist. Danach zu suchen, fühlt sich richtig an. Dabei zu erkennen, dass es verschiedene Wahrheiten gibt, ist wichtig. Sich nicht zu belügen mit seinen eigenen Gedanken, das kann man üben.

Was schön ist, empfindet auch jeder anders. Es gibt z.B. optisch kosmetische Schönheiten, die empfinden manche Menschen als schön. Auf mich wirkt eher eine Ausstrahlung, die von innen kommt, magisch anziehend, das ist für mich schön. Ich zitiere hier nochmal meinen Lieblings-Herbie in seinem Lied über die Stadt, die wir lieben:

Du bist keine Schönheit, vor Arbeit ganz grau,
Du liebst Dich ohne Schminke!
Bist ne ehrliche Haut, leider total verbaut,
aber grade das macht Dich aus!

Diese Art der Schönheit berührt mich am meisten.
Beim Erkennen von Gut und Böse neige ich zur uralten Erkenntnis: Eigentlich weiß jeder grundsätzlich, was gut und was böse ist. Das ist in uns verankert, und auch wenn wir manchmal tief in uns hineinblicken müssen, können wir es sehen, wenn wir wollen.

Das ist mein Blick nach vorn, so will ich versuchen, durchs Leben zu gehen. Gleichzeitig bin ich durch meine Schreiberei auch wieder mit der Retrospektive beschäftigt. Da wurden alte Geschichten wieder aufgerührt, die ich längst verarbeitet glaubte. Da zeigen mir alte Geschichten beim Niederschreiben plötzlich neue Aspekte, die bisher für mich im Verborgenen lagen, die ich trotz mehrfachem Hinschauen einfach nicht gesehen hab.

Insbesondere wird mir anhand einiger Episoden meines Lebens bewusst, wie gut andere Menschen zu mir waren, wie oft mich Freunde und Bekannte aufgefangen haben, über vieles großzügig hinweg gesehen haben, was ich so alles an Mist fabriziert habe. Mir wird immer mehr klar, wie wenig ich bisher zu schätzen wusste, was Andere mir an Hilfe gaben, wie selbstverständlich das für mich war. Ja, wie berechnend ich das teilweise in die Wege geleitet habe, um hinterher drüber weg zu sehen. Das tut im Rückblick schon weh.

Heute ist das Meiste nicht mehr zu korrigieren, zu entschuldigen, gut zu machen. Manch einer der Helfer lebt gar nicht mehr. Und es wär auch blöd, 35 Jahre später zu jemand "Sorry" zu sagen. Heute kann ich wahrscheinlich nur versuchen, das Leben anders anzugehen und zu zeigen, dass ich auch anders kann. Und zu wissen um die eigene Fehlbarkeit und Selbstgerechtigkeit. Ich hör dabei gern meinem alten Idol Georg Danzer zu, der sich schon sehr früh über sowas Gedanken gemacht hat in seinem Lied

Traurig aber wahr
DASS DER MENSCH GERN GUAT SEI MÖCHT
HÜLFREICH, EDEL UND GERECHT
DASS IN IHM EIN ENGEL STECKT
UND ER NUR DEN TEUFEL WECKT
DASS ER A GEWISSEN HAST
DAS IHM NIE DES FALSCHE RAT'
DASS ER ABER DRÜBER LACHT
UND ERST RECHT DES FALSCHE MACHT
UND DASS I TIAF IN MIR DRIN
SÖWA SO EIN OASCHLOCH BIN
TRAURIG ABER WAHR


04 Oktober 2016

Nepper, Schlepper, Telekomiker


Das ist ja mal wieder ein Hammer-Angebot der Telekom:



Hier ist man preislich schon vergleichbar mit den Sonderangeboten der Konkurrenz. Vodafone bietet ziemlich exakt das gleiche zum gleiche Startpreis an. Super! Aber was hat das kleine Sternchen hinter dem Preis zu bedeuten? Bestimmt nix Wichtiges, sonst würde es ja direkt dabei stehen. Bestimmt nur Kleingedrucktes, was keine Sau interessiert. Oder?
Ja da ganz rechts unten, da steht doch noch was. Ich zoome mich mal ran, ist ein bisschen klein und blass. AHA, jetzt hab ichs:


für 12 Monate

danach ab 44,95 €

Jetzt kann man's lesen, oder?


Immerhin, die Konkurrenz von Vodafone hat das Online-Angebot optisch fast identisch aufgebaut, Preis anfangs ebenfalls 19,95 €, nur steht rechts unten

ab dem 13.Monat
39,95 €

Mindestvertragslaufzeit bei beiden übrigens 24 Monate

Man stelle sich einmal vor, der Metzger unseres Vertrauens würde uns die wöchentliche Lieferung eines Wurst- und Fleischpakets für 19,95 € anbieten, aber ab der 13. Woche das gleiche für 44,95 €. Mindestvertragslaufzeit 24 Wochen. Den würden wir doch fragen, ob er den Überblick verloren hat und ob er jetzt unter die Täuscher und Trickdiebe gegangen ist.Bei der privaten Konkurrenz ist man das RTL-Niveau gewohnt, aber dass die einstmals seriösen Telekomiker sich jetzt auch solcher Tricks bedienen, um Kundschaft an Land zu ziehen, finde ich schade.