29 November 2015

Der Lobbyismus im Deutschen Bundestag
aka Banana Republic


Lobbyisten, was sind das überhaupt für Leute?
Da ich die Bedeutung auch nur vage, aus dem Bauch heraus, kannte, hier die Herkunft des Wortes, wie Wikipedia es erklärt:

Der Begriff geht auf die Lobby (englisch für „Vorhalle“) des Parlaments zurück, in der Vertreter verschiedener Gruppen Parlamentarier an die Möglichkeit ihrer Abwahl erinnerten und auch Vor- oder Nachteile für bestimmtes Verhalten in Aussicht stellten.

Ok, in der Vorhalle des Bundestags lagern also Vertreter, die die Abgeordneten in ihren Entscheidungen beeinflussen wollen. Nun kommt in den Bundestag nicht jeder rein, das ist auch gut so. Es ist so geregelt, dass die Interessengruppen, Firmen und Verbände bei den Bundestagsparteien Hausausweise beantragen können, mit denen sie dann die heiligen Hallen, das vermeintliche Zentrum der Macht, betreten können, wann immer sie wollen. Aktuell gibt es eine seltsame Auseinandersetzung über die Offenlegung dieser ausgestellten Ausweise. Die Organisation abgeordnetenwatch (der Name sagt schon, um was es geht) hat alle Fraktionen gebeten, offenzulegen, wem sie per Hausausweis Zutritt zum Parlament gegeben haben. Grüne und Linke haben dies sofort getan, die SPD hat dies zuerst abgelehnt, später dann doch getan, als der Druck der Öffentlichkeit größer wurde und man ahnte, dass eine Verheimlichung nicht gut ankommt. Die CDU/CSU hat es bis zum Schluß abgelehnt und wurde letzte Woche vom Gericht verdonnert, es zu tun. Der Berliner Tagesspiegel hatte wg. Verletzung der Pressefreiheit geklagt.

Nun liegen sie vor, die Listen. Und im Großen und Ganzen überrascht es niemanden. Von Industriekonzernen, die ihr Geld weiterhin mit Rüstungsgeschäften, Fracking und anderen fragwürdigen Aktivitäten verdienen wollen, wird überwiegend die CDU/CSU heimgesucht. Die SPD kriegt hier nur die Anstandsbrösel ab. Die Gewerkschaften sitzen eher bei der SPD am Kaffeetisch, und idealistische Überzeugungstäter wie Umweltverbände und Solartechniker fühlen sich bei den Grünen wohl.

Auf den ersten Blick überrascht, dass von den 1100 Lobby-Ausweisen, die seit Beginn der Legislaturperiode ausgestellt wurden, 765 von der CDU/CSU kamen. Woran liegt das? Klüngeln die Lobbyisten lieber mit denen, weil sie da mehr erreichen können? Sind die empfänglicher für Drohungen und Wohltaten, Zuckerbrot und Peitsche, für Deals irgendwelcher Art?
Oder haben die Gewerkschaften und Umweltverbände auf der anderen rotgrünen Seite weniger Lobbyarbeit nötig, weil viele Abgeordnete von SPD und Grünen selbst Gewerkschafter oder Naturschützer sind, aber kaum ein Vorstandsmitglied eines Rüstungskonzerns direkt für die Union im Bundestag sitzt? 

Noch interessanter wird es, wenn man diese Fragen mit dem Blick auf die Nebeneinkünfte der Abgeordneten verbindet. Es wird nicht überraschen, dass viele Abgeordnete für Redeauftritte bei Firmen und Interessenverbänden gut entlohnt werden, die den Lobbyisten sehr nahe stehen, mit denen man im Bundestag Kaffee trinkt. Kleine Randnotiz: Letztes Jahr hatte der bayrische Abgeordnete Peter Gauweiler zwar keine Zeit, an irgendeiner Abstimmung teilzunehmen, aber genügend Zeit, mit seinen Nebeneinkünften die 1 Millionen-Euro-Marke zu knacken.

Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Aber im Ernst: Dass unsere Wahldemokratie in vielen Bereichen unsauber und korrupt ist, weiß ich nicht erst seit diesem Kasperletheater um die Lobbyausweise. Und dass ich, wenn ich mich ernsthaft für Umweltschutz, Frieden und Gerechtigkeit einsetze, die großen Parteien gar nicht wählen kann und bei den Grünen drauf hoffen muss, dass der Anteil der Ehrlichen und Anständigen groß genug bleibt, weiß ich doch selbst. Macht verführt, und wir Menschen sind verführbar und fehlbar, wir alle.
Lasst uns weiter das Beste draus machen, wir können wählen, wir können die Klappe aufmachen, die Finger in die Wunden legen. Die Regierungsformen, in denen man dafür gefoltert oder enthauptet wird, sind noch viel schlimmer.


The Boomtown Rats -- Banana Republic

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