28 April 2018

Samstags um 10:30 am 'La Gondola'

Habe mich gestern mit einer lieben Freundin für den heutigen Flohmarkt verabredet. Ich komme mit der Bahn, sie will mit dem Auto kommen, sie weiß auch schon, wo sie parken kann. 10 Uhr ist ihr zu früh. Außerdem sollen wir uns nicht direkt am Rhein treffen, sondern am La Gondola und von dort auszusammen zum Rhein runtergehen. Also: 10:30 am La Gondola.
Ich, Freundin, Bahn, Uhrzeit, Treffpunkt, der geneigte Leser ahnt bereits, welche fünf unkontrollierbaren Urgewalten hier aufeinander treffen.
Um das ganze nicht zu stressig werden zu lassen, stehe ich mitten in der Nacht auf und bin um 09:00 mit dem Frühstück fertig. Waschen, Zähneputzen, Anziehen, ein letzter Blick auf die Frisur, ok, ich setz das Käppi des besten Fußballvereins überhaupt auf.
09:20 Abfahrt - halt stop, da drückt noch was, da will noch was raus. Kurz auf den Schacht, ist ja noch Zeit genug.

09:34 Nachricht der Freundin: "Ich fahr jetzt los". Hä? So früh? Die ist doch in 10 Minuten am Parkplatz und dann doch um 10 Uhr am La Gondola! Versteh einer die Frauen.
09:37 Abfahrt zum Bahnhof. Den 09:49 krieg ich auf jeden Fall, pünktlich ist da seit Jahren kein Regionalzug mehr gewesen. Ankunft am Bahnhof, Ticket ziehen.
09:49 geh ich zum Gleis 3 hoch - und seh den Zug grad noch wegfahren. Der einzige pünktliche Zug seit Menschengedenken. Vielen Dank, Herr Murphy!

Der nächste fährt um 10:12 auf Gleis 1. RB. Ankunft Koblenz 10:24.
10:03 Ok, Nachricht an die Freundin: "Komme 10:24 an, wird ein paar Minuten später."
10:04 Nachricht von Freundin: "Bin schon da, gehe schon mal auf den Flohmarkt. Geh einfach vom La Gondola runter an den Rhein. Dann brauch ich nicht mehr hoch."
10:07 bis 10:22 Der Bahnhof Andernach wurde anscheinend als Güterbahnhof freigegeben. Einige ewig lange Containerzüge rappeln mit einem Affenzahn auf Gleis 1 durch. Der Bahnhof bebt jedesmal und droht einzustürzen. Begleitet wird das Szenario von immer wiederkehrenden Ansagen, die man entweder durch den Lärm der Güterzüge nicht verstehen kann oder sie lauten: "Vorsicht am Bahnsteig. Ein Zug fährt ein!" und - es kommt kein Zug.
Unerfahrene Mitreisende fangen an, ihren Unmut kund zu tun. Auf der Anzeige steht ständig, unser Zug habe 5 Minuten Verspätung. Meine BahnApp hat mir schon vor Minuten mitgeteilt, dass unser Zug um 10:23 abfährt. Mit dieser Information beruhige ich die Mitreisenden, es werden erste Scherze gemacht und gelacht.

10:21 Der Zug fährt ein und hält. Sieht anders aus als die mir bekannten Regionalbahnen. Ist auch ein österreichischer IC auf dem Weg nach Innsbruck. Jetzt steht es sogar auf der Anzeige. Erste Mitwartende verlieren die Geduld und steigen ein. Auf unsere Hinweise bzgl. IC und Reiseziel antworten sie trotzig "Mir doch egal!" .
10:23 Der ÖBB-Zug fährt ab. Nach Innsbruck. Oder wer weiß wohin ....
10:24 Die Anzeige wechselt auf "10:30 RE5 Mainz". Viele fragende Blicke unter den Mitwartenden. Was ist denn mit unserem Zug? Die Ansage sagt nichts mehr an. Hmmmmh....
10:25 Ein weiterer Güterzug erschüttert den Bahnhof in seinen Grundfesten.
10:27 Unser Zug kommt! Ohne Anzeige und ohne Ansage, aber er kommt. Ein Wunder!
10:29 Im Zug schreibe ich der Freundin, dass ich ein weiteres Kapitel "Mein Leben mit Deutsche Bahn" plane.
10:31 Antwort der Freundin "Bist Du wieder mal in den falschen Zug gestiegen?". Ich nehme mir vor, ganz ruhig zu bleiben.
10:42 Ankunft am Bahnhof Mitte. Jetzt hurtig durch die Altstadt marschieren.
11:03 Ankunft am Rhein. Keine Freundin zu sehen. Aber hunderte Stände und Besucher.
11:04 Die Freundin fragt, wo ich bleibe. Sie wartet am Stand bei ihrer Tochter. Hinter der Gondelstation. Ich soll mir Zeit lassen.
11:06 Ein Stand mit DVDs und BlueRays ist meine Rettung. Sonst nur Stände mit Klamotten, Schuhen, Taschen, Babysachen, Küchenutensilien. Ich ergattere die BlueRay von "Long way home". Ein tolles Buch.

Ab hier hatten wir dann doch Spass in der Gass

Ich bin mittlerweile so genervt von dem Gewusel und Geplapper und diesen Unmengen Klamotten, ich weiß gar nicht mehr, wo ich hinsehen soll. Alles so schön bunt hier. Da, endlich, die Gondelstation. Dahinter suche ich die Freundin und ihre Tochter, was bei der Menge an Ständen und Besuchern fast unmöglich ist. Endlich, kurz vor dem Deutschen Eck, hat die Freundin mich erspäht. Gott sei Dank! Jetzt wird alles gut.

Ich erstehe nach hartem Feilschen vom Schwiegersohn einen schönen Trolley, sowas such ich schon länger. Nach der Plünderung des Buch- und CD-Standes der Katzenhilfe haben wir beide genug Flohmarkt gehabt und beschließen den Trip bei einer Apfelschorle. Ich verstaue meinen Rucksack samt Flohmarktbeute im neuen Rollkoffer und ziehe damit zurück durch die Altstadt zum Bahnhof Mitte und erlebe dort einen zweiten (fast) pünktlichen Regionalzug.

Abschließend glaube ich eine Regel des Bahn-Murphys zu erkennen: Wenn man Dir die Tour vermasseln kann, kommt Dein Zug zu spät. Wenn Du die Verpätung einplanst, fährt man pünktlich ab. Wenn Du Dir eine Verpätung leisten kannst, weil Du keine Termine hast (so wie heute auf dem Rückweg), ist man pünktlich. Mal sehen, ob sich das bei den nächsten Touren bestätigt.

20 April 2018

Die Römer und die Tuffbergwerke

Heute nachmittag stellte meine liebe Kollegin, Dr. Ricarda Giljohann, die Buchveröffentlichung ihrer Doktorarbeit vor. Im Vulkanpark-Infozentrum Rauschermühle erlebten wir eine kurzweilige Veranstaltung vor zahlreich erschienenem Publikum. Neben Fachpublikum waren zahlreiche Verantwortliche aus den Kommunen der Region erschienen, aber auch einige interessierte Bürger wie wir.

Die Vorredner hielten sich meist kurz, und Frau Doktor stellte auf charmante Weise sowohl vor, auf welchen Wegen sie zu diesem Thema gelangt ist als auch um was es in dem Werk geht. Es trägt den Titel "Die römische Besiedlung im Umland der antiken Tuffbergwerke am Laacher See-Vulkan" und zeigt auf, wie sich das Leben der Menschen in der Vulkaneifel vor 2000 Jahren durch die römische Urbanisierungspolitik verändert hat.
Im Anschluss war die Kollegin von den Fachleuten sehr in Beschlag genommen. Daher hoffe ich, dass sie mein Exemplar demnächst noch persönlich signiert.

Das regionale Nachrichtenportal localbook hat sich in dieser Woche bereits näher mit dem Buch befasst.

28 Januar 2018

Zimmer 13 im Jugend-TiK

Glücklicherweise erfuhr ich gestern Abend auf der Geburtstagsfeier einer Kollegin, dass es für die letzte Vorstellung des Jugend-TiK am heutigen Abend noch Karten gibt. Ich erfuhr es sogar aus erster Hand, nämlich von einer der Hauptdarstellerinnen, Jannice Tiec, die mir auch sofort ein paar Karten reservierte. Carmen aus meiner Schreibgruppe sagte spontan zu und wir beide haben es nicht bereut.
Das Jugendensemble des Andernacher Theater im Keller, kurz TiK genannt,  bescherte uns einen berührenden Theaterabend. Das Stück spielte im Zimmer 13 einer Klinik, welches das Hospizzimmer für Jugendliche darstellte.

Jannice Tiec, Lotta Retterath, Juliana Troteno, Melina Erikson
Mit der kreuzverdrehten Tammy, der verwöhnten Chris und der abgeklärten Zoe bewohnen im Lauf des Stücks ganz verschiedene Charaktere mit unterschiedlichen Krankheiten das Zweibettzimmer. Sie haben nur eins gemeinsam: Sie werden nicht mehr lange leben.

Schwester Susanne hat ihre Kämpfe mit den Mädels, ich als Zuschauer habe mich mit ihnen gefreut, als Tammy und Chris zusammen eine unerlaubte Tequila-Sause veranstalten, und habe gelitten, als Tammys Bett endgültig neu bezogen werden musste. Ich habe gelacht über viele lustige Bemerkungen in den Dialogen, mich gefreut, als Chris mit Zoe eine wichtige Unterstützung in der kritischen Phase bekam und als Chris ihre Tussy-Freundinnen in den Wind schoss.

Jenny von Schmidt (li.), Viola Pramls (3.v.re.)
Spendenübergabe nach der letzten Vorstellung
Die überzeugenden Darstellerinnen machten überzeugend klar, was wirklich zählt im Leben, nämlich Menschlichkeit, Zuneigung und Ehrlichkeit, und wie unwichtig der ganze andere aufgeblasene, verlogene Mist ist, der uns täglich um die Ohren weht. Alle Akteurinnen wirkten sehr authentisch in ihren Rollen, was bei jungen Menschen und diesem Thema nicht selbstverständlich ist. Nach dem Ende der Aufführung wurden viele Fragen des interessierten Publikums von den Darstellerinnen beantwortet. Man sammelte auch in allen Vorstellungen für das Kinderhospiz Koblenz und die Elterninitiative Krebskranker Kinder Koblenz e.V., denen am Ende auch die gefüllten Sammelbüchsen überreicht wurden.



19 Dezember 2017

Abschied bei der Familie

also wurde gefrühstückt

Das letzte Frühstück in unserem schnuckeligen also-Hotel an der Hardt durften wir ganz alleine genießen, da alle anderen Gäste komischerweise vor halb neun das Haus verlassen hatten. Ein sehnsüchtiger letzter Blick durch den kleinen Frühstückssaal, hier haben wir die letzten Tage stets gemütlich begonnen. An der Rezeption erfahre ich dann, dass für das letzte Mai-Wochenende 2018 leider nur noch neun Einzelzimmer frei sind und ich mir somit für unsere nächste ver.di-tour diesen Vorschlag sparen kann.

Nach dem Packen und einer herzlichen Verabschiedung erlebten wir dann, wie voll eine Schwebebahn im Alltagsverkehr wirklich werden kann. Kaum vorstellbar, dass da überhaupt noch jemand rein passen könnte. Aber nützt ja nix, wo sechs aussteigen, passen auch acht wieder rein, zwei davon mit vollem Gepäck. Alle Mitreisenden trugen die Situation mit stoischer Ruhe, man rückte halt enger zusammen. Meine frisch installierte VRR-App hatte mir gesagt, dass der Bus nach Velbert an der Haltestelle Ohligsmühle/ZOB abfährt, wir stiegen aber in Elberfeld am Hbf. aus, weil wir Koffer und Reisetasche lieber im Schließfach deponieren wollten als sie mit nach Velbert zu schleppen. Im seit Jahren im Umbau befindlichen Hauptbahnhof, fanden wir auch vieles, nur keine Schließfächer. Vielleicht schauen wir in sieben Jahren nochmal vorbei.

Die nette Dame im Kiosk an der Schwebebahnhaltestelle verkaufte uns die Bustickets und schickte uns damit zur Morianstraße.
"Nicht zum ZOB Ohligsmühle? Der ist doch ganz in der Nähe."
"Nee nee, gehen sie zur Morianstraße, weil da fahren alle ab."
Ok, die Morianstraße ist nicht weit, wir rollten mit unserem Gerödel dahin, und es standen dort gefühlte fünfzig Menschen an fünf hintereinander liegenden Haltestellen. Wir sahen uns das große Schild an, tasächlich waren hier sehr viele Buslinien mit Zielen angeschlagen, aber Velbert? Fehlanzeige. Auf unser Befragen hin nannten uns wartende Menschen zwei Buslinien, 647 und 649, die aber beide am Wall abfahren, nicht hier. Wir also flugs zum Wall gerollt, wo ebenso viele Menschen an ebenso vielen Haltestellen warteten. Der Bus der Linie 649 stand dort - mit der Aufschrift "Kein Einstieg". Irgendwann fuhr er dann ab, ohne jemand mitzunehmen. Eine nette junge Frau bekam unsere Unterhaltung mit und sagte uns, dass die 647 an der Morianstraße abfährt. Diesmal befragte ich vorsichtshalber meine neue App, und die sagte mir jetzt: Morianstraße Linie 649. Wir also zurück zur Morianstraße, und tatsächlich, ganz am Ende an der ersten der Haltestellen stand ein Schild "649 - Velbert". Jetzt konnte nichts mehr schiefgehen. Die 15 Kilometer Luftlinie schaffte unser Bus in einer knappen Stunde.

Bei der Ankunft am Willy-Brandt-Platz standen wir im dichten Nebel. Ria hatte geschrieben, dass wir uns in Richtung der Heidestraße auf den Funkturm zubewegen sollen, sie käme uns entgegen. Wenn man im Nebel mit Mühe und Not die andere Straßenseite sehen kann, fällt es schwer, einen weiter weg liegenden Funkturm zu finden. Man hatte es den Dortmundern nachgemacht und vorsichtshalber keine Straßenschilder an der großen Kreuzung angebracht. Also bemühte ich mein Smartphone und Google Maps, so erfuhr ich, dass die Heidestraße in Richtung der Rheinlandstraße liegt, und dann entdeckten wir tatsächlich dieses eine Schild "Rheinlandstraße" und marschierten in diese Richtung. Der Rollkoffer rollte mir immer häufiger in die Hacken, ich war kurz davor, ihn zu töten, als ich erkannte, dass die Namen der Seitenstraße nicht die waren, die sie sein sollten, wenn wir auf der richtigen Strecke wären. Als dann die Straße plötzlich Langenberger Straße hieß, war klar, dass wir genau in die falsche Richtung gelaufen waren. Also kehrt marsch, im kalten, diesigen Nieselregen wieder zurück. Ria war uns mittlerweile nicht nur entgegen, sondern an der Kreuzung mit der Haltestelle angekommen.
Und ab da wurde alles gut. Schnell mit ihr zur Wohnung, am Funkturm vorbei, der auch aus nächster Nähe kaum zu erkennen war. Pascal begrüßte uns an der Tür, wir setzen uns in die warme Küche, tranken Kaffee, genossen selbst gebackenes Dinkelbrot, und hatten uns viel zu erzählen. Als dann noch Lena mit der kleinen Josie dazu kam, war es wie ankommen in der Familie. Schön.

Drei Kultige vor dem Kaffee

Später kam Wolfgang von der Arbeit und fuhr mit uns nach Heiligenhaus, wo wir unbedingt das Kult Kaffee im um-gebauten alten Bahnhof besuchen wollten. Mit einem exzellenten Café latte und einem Sylter Kirschkuchen hatte ich genau die richtige Wahl getroffen. Diese Lokalität kann ich auch empfehlen. Es ist eine Kaffeerösterei mit eigenem Ausschank, diverse duftende Sorten kann man hier trinken und als Bohnen mit nach Hause nehmen.

Im Innern des Kults

Nach dieser Stärkung brachte uns Wolfgang sicher und schnell nach Wuppertal-Elberfeld zum Hauptbahnhof zurück, wo uns ein schicker neuer ICE mit reservierten Plätzen direkt mit nach Hause nahm. Auch, wenn es viel zu schnell zu Ende war, war dieses Wochenende eine sehr schöne Auszeit mit vielen lieben Menschen. Ich hab mir fest vorgenommen, ähnliches zu wiederholen.